Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Bettler 02 - Bettler und Sucher

Titel: Bettler 02 - Bettler und Sucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
Vom Netzwerk:
zurück in die richtige Lage, und ich spürte, wie sich mein Geist, der sich zu einem harten Klumpen verknotet hatte, wieder öffnete.
    Doch im nächsten Moment gab es einen Ruck, und unter unseren Füßen erzitterte der Boden. Der Pilot sprach leise und eindringlich zu seiner Konsole, während er manuell Befehle eingab. Der Flieger setzte zum Sturzflug an.
    Der Pilot zog ihn so heftig hoch, daß ich gegen Leisha flog. Ich hatte ihr blondes Haar zwischen den Zähnen, und der Aktenkoffer wurde gegen die Rückenlehne des Vordersitzes geschleudert. Der Koffer sagte: »Für optimale Leistung sollte dieses Objekt ruhig gehalten werden.« Ein langer dünner Faden entspann sich in meinem Schädel.
    Leisha packte die Lehne des Vordersitzes und zog sich hoch von mir. »Drew! Ist dir was passiert?«
    Das Flugzeug fiel wie ein Stein nach unten. Der Pilot behielt kühlen Kopf und ratterte mit monotoner, mechanisch klingender Stimme Befehle, während seine Hände die Tastatur bearbeiteten. Leishas Aktenkoffer sagte in einem hohen, klaren Sopran: »Dieses Objekt wird deaktiviert.« Leisha tastete nach meinen Sicherheitsgurten. »Drew!«
    »Alles in Ordnung«, sagte ich und dachte: Nichts ist in Ordnung! Der Faden wurde immer länger und spannte sich.
    Wir stürzten durch die Wolken. Von oben war ein schrilles Kreischen zu vernehmen, das sich anhörte, als stamme es aus einer anderen Maschine über uns in der Luft, und dann prallte das Flugzeug flach auf dem Boden auf. Ich spürte den Aufprall in meinen Zähnen, in jedem Knochen. Leisha wurde wieder gegen mich geschleudert und sagte ganz leise etwas, ein einziges Wort, das klang wie: »Papa!«
    In dem Moment, als das Flugzeug auf dem Boden aufschlug, hoben sich die Seitenwände. Es konnte natürlich nicht in demselben Moment gewesen sein, fiel mir später ein, denn niemand würde Sicherheitseinrichtungen so konzipieren. Aber es schien jedenfalls nur eine Sekunde zu dauern, bis die Seitenwände sich hoben und die Sicherheitsgurten aufsprangen. Leisha stieß mich aus dem Flugzeug, und da merkte ich bereits den stechenden Geruch nach Rauch.
    Ich fiel mit dem Bauch voran in eine Handbreit Wasser über einem morastigen Untergrund. Leisha klatschte neben mir auf und fiel auf die Knie. Ohne meinen Rollstuhl fühlte ich mich so hilflos wie ein Fisch auf dem Trockenen; ich stemmte mich auf die Ellbogen, hob den Kopf und kroch so vorwärts durch den Morast und weg vom Flugzeug. Meine Beine waren mir dabei eine nutzlose Last.
    Leisha kam irgendwie auf die Füße und versuchte, mich hochzuheben. »Nein, lauf!« schrie ich, als hätte der Rauch, der aus dem Flugzeug quoll, nicht nur die Sicht blockiert, sondern auch den Ton. »Nicht ohne dich!« sagte sie. Ich spürte den Flieger hinter mir wie eine Bombe. »Allein komme ich schneller voran!« brüllte ich, und vielleicht stimmte das sogar.
    Doch sie zog und zerrte weiter an mir, obwohl sie wissen mußte, daß ich viel zu schwer war für sie. Der Qualm wurde immer dichter. Ich hörte den Piloten nicht aus dem Cockpit klettern – war er verletzt? Meine linke Handfläche glitt auf dem glitschigen Untergrund aus, und ich fiel mit dem Gesicht ins Wasser. In verzweifelter Hast bemühte ich mich, wieder hochzukommen und mich weiterzuziehen. »Lauf!« rief ich Leisha zu, die sich nicht von der Stelle rührte. Hoffnungslos. Hoffnungslos. Sie war nicht stark genug, um mich zu tragen, und das Flugzeug würde jeden Moment explodieren.
    Der Faden riß. Und das Gitterwerk in meinem Innern verschwand, genau wie in Seattle.
    Von der anderen Seite des Flugzeuges aus lief jemand auf Leisha zu. Der Pilot? Nein, es war nicht der Pilot. Der Mann gab Leisha einen Stoß, und sie fiel auf mich. Wiederum versank mein Gesicht im Morast. Dann hörte ich einen schwachen Knall. Als ich mir den Matsch aus den Augen gerieben hatte, sah ich, daß die Luft um uns zu schimmern begonnen hatte. Ein Energieschild. Y-Energie. Wie stark war er? Reichte er aus, um…
    Das Flugzeug explodierte in einem blendenden Lichtschein, in Hitze und lodernder Farbe.
    Ich fiel zurück in die Nässe, denn Leishas Gewicht drückte mich nieder. Die Erde rumpelte und schwankte, und ich sah, wie eine winzige Wasserschlange, ob der Eindringlinge in ihren Sumpf zu Tode erschrocken, auf mich zuschoß und mich in die Wange biß. Die Schlange begann als dünner Faden, verwandelte sich in eine verwischte Bewegung, und dann, als weder ihre glänzenden Schuppen noch ich wußten, ob der Faden halten würde,

Weitere Kostenlose Bücher