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Bettler 03 - Bettlers Ritt

Titel: Bettler 03 - Bettlers Ritt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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nicht jenen, die zerebrochemisch unfähig sind, sich selbst zu helfen. Die zuviel Angst haben vor irgendeiner Veränderung, um jemanden an sich heranzulassen. Und die gerade ihre letzte Schutzmacht verloren hatten.
    Jackson nahm einen tiefen Atemzug von dieser süßen, künstlichen Luft und schloß die Augen.
    »Jackson«, sagte Vicki hinter ihm. »Theresa ruft nach Ihnen.«
    »Einen Moment.«
    Zu seiner Verblüffung spürte er, wie Vickis Arme sich von hinten um seine Mitte schmiegten. Ihre Wange lag an seinem Rücken, und sein Hemd wurde feucht. Da entsann er sich, daß Vicki irgendeine nicht näher erklärte persönliche Erfahrung mit den SuperSchlaflosen hatte, während er in seinen Gedanken die toten SuperS in erster Linie als eine Quelle für Umstellungs -Spritzen betrachtete.
    Er sagte, ohne sich umzudrehen. »Sie sind Miranda Sharifi begegnet?«
    »Ja. Zweimal.«
    »Was für ein Wahnsinniger hat diese Menschen umgebracht?«
    »Zu viele Kandidaten, um sie aufzuzählen. Die Welt ist voll von verbitterten und angewiderten Menschen.«
    »Ja. Alle Spielarten von Verlierern, denen die Gewinner ein Dorn im Auge sind.«
    »Ich bin gar nicht sicher, ob Miranda je zu den Gewinnern gehörte«, sagte Vicki. »Aber sie und die Ihren waren unsere einzige Chance auf eine erzwungene radikale Evolution. Nur Sanctuary war in der Lage, sie zu erschaffen, und Sanctuary wird es nie wieder tun.«
    Und da plötzlich sah es Jackson ganz klar vor Augen; seine Hände packten das Geländer fester. Die Luft roch mit einemmal widerlich. »Jennifer Sharifi hat sie alle getötet. Aus Rache, weil Miranda sie und ihre Mitverschwörer vor fast dreißig Jahren ins Gefängnis gebracht hat.«
    »Ja«, nickte Vicki. »Gut möglich. Aber das Justizministerium wird nie in der Lage sein, es zu beweisen.«
    Sie ließ Jackson los und trat einen Schritt zurück. »Es hängt von Ihnen ab, Jackson.«
    Er drehte sich um und sah sie an. »Von mir? Wovon, zum Teufel, reden Sie eigentlich?«
    »Sie glauben doch nicht wirklich, daß die Forschungen bei Kelvin-Castner sich ernstlich mit einer Suche nach einem Mittel gegen das Neuropharm beschäftigen? Niemand erwartet, daß es in die Enklaven eindringt, weil man weiß, daß es nur von einer anderen Macher-Gruppe hergestellt worden sein kann. Und zwar mit dem Ziel, die Nutzer für alle Zeiten als politische oder physische Bedrohung auszuschalten, ohne sich mit ihrer effektiven Ausrottung die Finger schmutzig zu machen. Wenn Sie K-C nicht auf die Finger schauen, wird man sich dort einfach auf die kommerziellen Anwendungsmöglichkeiten stürzen und sich mit dem Gegenmittel, für das Sie einen Vertrag haben, Zeit lassen.«
    »Aber die täglichen Laborberichte…«
    »Haben Sie sorgfältigst studiert, nicht wahr? Quatsch! Sie haben sie doch kaum angesehen!«
    Er schwieg und versuchte zu schlucken, was sie sagte.
    »Ich habe sie mir angesehen«, sagte Vicki, »so wenig ich auch damit anfangen konnte. Ich habe keine Ahnung von diesen Dingen. Für mich sind es bloß endlose Reihen von Diagrammen, ein Kauderwelsch von Gleichungen und Modelle unfaßbarer Substanzen. Jackson, Sie werden Kelvin-Castner schon auf den Pelz rücken müssen, wenn es Ihnen wirklich um ein Gegenmittel geht. Sie!«
    »Aber Theresa…«
    »… mit ihr geht’s bergauf. Mit Dirk und Billy und Shockey nicht. Schließlich…« – sie hob die Hände, die Handflächen nach oben gedreht, in einer demütig-bittenden Geste, die Jackson bei ihr nie vermutet hätte – »… sind Sie doch Arzt, oder?«
    »Aber ich beschäftige mich nicht mit medizinischer Forschung!«
    »Von nun an schon«, stellte Vicki fest. Und dann lächelte sie plötzlich. »Ich gratuliere zur persönlichen Evolution!«
     
    Die Berichte von Wochen waren zu studieren. Und mit jedem Tag wuchs die Zahl der Forscher, die mit den Vorarbeiten betraut waren; sie begann bei siebzehn und vervielfachte sich auf unglaubliche zweihunderteinundvierzig an zehn verschiedenen Orten im ganzen Land. Und jeder einzelne sandte seine Kopien von allem und jedem an Jackson: von jeder aufgezeichneten Konferenz, jedem Verfahren, jeder Spekulation, jeder Version jedes virtuellen Modells. Abweichungen in der Absorptionsgeschwindigkeit, Grad der biologischen Verfügbarkeit, Proteinbindung, Mechanismen der verschiedenen Untertypen von Rezeptoren, Erregungsfaktoren der efferenten Nerven, Meldrum-Modelle, Gangloid-Ionisation, Proteinsynthese der Ribosomen, Wechselwirkungsgrade des Zellreinigers – keine

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