Bettler 03 - Bettlers Ritt
Einzelperson hätte das alles je allein bearbeiten können! Doch noch während er es versuchte, kam Jackson der Verdacht, daß genau das beabsichtigt war.
Außerdem kam ihm der Verdacht, daß es sich bei einigem von dem, was man ihm gesandt hatte, um wertlose Füllsel handelte. Doch was genau – das festzustellen hatte er weder die Zeit, noch das Fachwissen oder die Geduld.
Als er so vor dem Terminal in seinem Arbeitszimmer saß und Ausdrucke überflog, wurde ihm klar, daß der einzige Weg, sich durch all dies hindurchzuwühlen, über die Verwendung von Programmen führte, die für die Suche nach spezifischen Mustern, spezifischen Methoden von Forschungen erstellt waren. Oder möglicher Forschungen. Oder vielleicht für Richtungen, in die diese Forschungen gehen konnten. Aber derart maßgeschneiderte Programme existierten nicht. Und Jackson, der kein Software-Experte war, konnte sie nicht erstellen. Geschweige denn die Unterlagen anzapfen, die er, wie er vermutete, von Kelvin-Castner nicht bekam.
»Lassen Sie Lizzie kommen«, sagte er müde zu Vicki.
»Lizzie? Sie hat keine Ahnung von der Biochemie des Gehirns und den entsprechenden Forschungen!«
»Nun, ich auch nicht. Zumindest nicht genug. Rufen Sie sie an und sagen Sie ihr, ich schicke einen Wagen, der sie holt. Sie muß mir helfen, eine spezialisierte Software zu erstellen. Wenn sie das nicht kann, dann kann sie mir wenigstens die gesperrten Aufzeichnungen von K-C öffnen. Sie ist, weiß Gott, ein talentiertes Kind. Und ich möchte keinen Außenseiter ins Spiel bringen, der möglicherweise seine Informationen weiterverkauft. Zumindest jetzt noch nicht.«
Vickis Augen glänzten. »Wird erledigt. Apropos Informationen: Jones sagt, Cazie ist auf dem Weg herauf und will Sie sprechen.«
Jackson hob den Blick von den windschiefen Stapeln von Ausdrucken auf seinem antiken Aubusson-Schreibtisch. Vickis Gesichtszüge waren von sorgsamer Emotionslosigkeit. Wiederum spürte er ihre Arme um sich, warm und fest, damals am Terrassengeländer.
Vielleicht war Lizzies Hilfe nicht der einzige Weg, um ans Ziel zu kommen.
»Cazie«, sagte er mit ruhiger Stimme. »Sie war regelmäßig hier, nicht wahr? Um Theresa zu besuchen.«
»Diesmal möchte sie aber mit Ihnen sprechen.«
»Und wieso sind Sie dessen so sicher?«
Vicki lächelte säuerlich. »Ich weiß es.«
Und dann war Cazie da. Sie schritt in sein Arbeitszimmer, als würde es ihr gehören; ihr stahlblaues Kleid raschelte, die dunklen Locken wirbelten, und ihre vitale Gegenwart brachte das dämmrige Zimmer zu einem gefährlichen Glühen, das imstande schien, selbst die nichtbrennbaren Plastikausdrucke zu verbrennen. »Jack!« rief sie. »Könnte ich dich einen Moment allein sprechen?«
»Nur wenn Ihnen Ihr eigenes Ego nicht die Sicht verstellt«, murmelte Vicki und ging aus dem Zimmer.
Jackson stand auf – des kleinen Vorteils wegen, den ihm seine Körpergröße brachte.
»Wie geht’s dir, Jack?«
»Gut, danke.« Er wartete. Das würde die Gelegenheit sein. Tatsächlich! Er fragte sich, ob Cazie es ahnte.
»Und Tessie?«
»Es geht planmäßig voran mit ihr.«
Cazies Lächeln war aufrichtig. »Das freut mich wirklich! Unsere Tessie… Erinnerst du dich daran, wie wir sie als unser Kind betrachteten, das sie sein sollte, solange wir noch kein eigenes hatten? Ein unverdientes Gefühl zwar, aber nicht völlig falsch.« Sie machte einen Schritt auf ihn zu. Er roch ihr Parfum – wie Blüten in animalischer Hitze.
Er sagte: »Bei Kelvin-Castner denkt man nicht daran, das Gegenmittel zu entwickeln. Und ich kann beweisen, daß du das weißt.«
Es war sein einziger wahrer Schuß – er mußte sie überrumpeln und sich auf den Umstand verlassen, daß sie von ihm keine Arglist erwartete, keine unbegründeten Beschuldigungen, keine Lügen. Sie vertraute ihm, obwohl sie ihn immer hatte wissen lassen, daß er ihr nicht vertrauen konnte. Er war Jackson: ehrlich, standfest, hingerissen von ihr. Leicht hinters Licht zu führen. Leicht zu kontrollieren.
Er sah sie genau an. Sie war gut – nur ein leichtes Weiten der großen grün-goldenen Augen, eine unwillkürliche Veränderung der glänzenden Pupillen. Es reichte. Plötzlich hatte Jackson das Gefühl, einen Schlag in den Magen abbekommen zu haben.
»Das ist nicht wahr, Jack«, sagte Cazie mit ruhiger Stimme. »Du bekommst täglich die Laborberichte.«
»Sie sind nichts als Schwindel. Alle Bestrebungen, den Permanenzfaktor zu verstehen, gehen Richtung Verwendung als
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