Bettler 03 - Bettlers Ritt
Kissen.
Vicki wartete, bis sie damit fertig war, und sagte dann: »Kommen Sie, Tessie, steigen Sie auf der anderen Seite aus dem Bett… Nein, Sie fallen nicht hin, ich halte Sie, wir gehen jetzt ins Bad… So… Hören Sie, Theresa, das ist sehr wichtig: Wo ist der PflegeRob?«
»Ich… habe ihn zurückgelassen.« Sie hielt still, als Vicki ihr mit einem kühlen Tuch das Gesicht abwischte. So kühl. Sie brannte innerlich, die Gestalten mit den langen Zähnen hatten ihre Arme und Beine angezündet, und jetzt tanzten darauf Flammen auf und ab. Trocken und heiß.
»Zurückgelassen? Wo, Tess?«
»Im… Lager.«
»In einem Lager? Einem Nutzer-Lager? Sie haben den PflegeRob einem Nutzer-Lager geschenkt?«
»Ich war… die Bettlerin.« Ihr Magen machte einen Satz, und sie erbrach sich wieder.
»Im Lager. Theresa, gab es in dem Lager Nutzer, die nicht umgestellt waren? Haben Sie jemanden berührt, der krank war?«
»Den Kleinen. Seine Nase…«
»Was war mit seiner Nase? Wie krank war er?«
Aber sie konnte nicht antworten. Das Bad hüpfte und drehte sich, und sie erbrach sich wieder – dünne Gallenflüssigkeit in einem bitteren Strahl.
Und dann war sie wieder im Bett, und das Bett war sauber. Vicki hielt ein Becken unter ihren Mund, wenn es sie erneut würgte. Inzwischen pochte es in ihrem Kopf so stark, daß sie nur noch in kurzen, blitzartigen Bildern sehen konnte. Die Blitze sandten glühende Lanzen durch ihre Augen. Sie sah, daß das Zimmer ein einziges Durcheinander war. Löcher in den Wänden, umgeworfene Möbel… Hatte Vicki das getan? Warum hatte sie es getan?
»Wo ist es, Tess? Denken Sie nach, Liebes. Es ist wichtig! Wo ist es?«
»Was?« fragte Theresa, weil Vickis Gesicht so entschlossen und eindringlich aussah. Wie Cazies Gesicht. Niemand konnte es mit Cazie aufnehmen. Nicht einmal Jackson. Bloß konnte Theresa nicht zu Cazie werden, weil sie so schwach war, weil ihr so heiß war und alles weh tat…
»Wo ist der Safe, Tess? Der Privatsafe Ihres Vaters! Ich weiß, daß er einen hatte, weil Jackson es einmal erwähnte… Kommen Sie, Tessie, bleiben Sie wach! Wo ist der Safe?«
Der Safe. Sie wollte auch einen privaten Safe haben, in dem sie sicher war. Schon ihr ganzes Leben lang wollte sie sich sicher fühlen und es war ihr nie gelungen… Nimm ein Neuropharm, Tess! Aber das würde ihr keine Sicherheit schenken, das hatte sie immer gewußt, sie brauchte mehr, etwas Größeres…
»Wo ist der Privatsafe Ihres Vaters?«
»Ich glaube… im großen Bad? In der Wand hinter der Toilette…?« Vicki rannte davon. Erst da fiel Theresa auf, daß das unordentliche Zimmer Jackson gehörte und nicht ihr. Sie lag in Jacksons Bett und nicht in ihrem eigenen! In Jacksons Zimmer, das einst das ihrer Eltern gewesen war.
Aus dem Bad drang ein fürchterliches Krachen. Jones sagte augenblicklich: »Miss Aranow, im großen Bad ist etwas defekt an den Installationen. Möchten Sie, daß ich einen WartungsRob kommen lasse?«
»Ja… Nein…«
Noch mehr Krach. Etwas Schweres fiel auf etwas anderes – ein harter Aufprall. Theresa krümmte sich in Jacksons Bett.
Vicki kam zurück, naß von oben bis unten. »Also, es ist ein altmodisches mechanisches Schloß. Mit Elektronik absolut nicht aufzuspüren. Man öffnet es mit Zahlen. Wie lautet der Code, Theresa? Drei Ziffern… Theresa, nicht einschlafen!«
»Weiß nicht… Rufen Sie Jackson an…«
»Ich komme nicht durch. Bei Kelvin-Castner hat man ihn komplett von der Außenwelt abgeschnitten, und er weiß es vermutlich nicht einmal. Und ich kann auch Lizzie nicht erreichen, ich kenne mich mit Systemen nicht gut genug aus. Aber… Moment mal. Systeme!«
»Ich… muß ich… sterbe ich?«
»Nicht, wenn ich es verhindern kann!« entgegnete Vicki grimmig entschlossen. »Und nicht, wenn Ihr Bruder so sentimental und naiv ist, wie ich denke. Jones, Kalenderinformation.«
Theresa zuckte zusammen. Vicki klang genau wie Cazie. Aber wie konnte es das geben? Theresa war doch Cazie!
Jones fragte: »Welche Daten wünschen Sie, Miss Turner?«
Vicki rannte ins Bad und rief: »Jacksons Geburtstag, Theresas Geburtstag…!«
Theresa würde sterben. Aber sie konnte nicht sterben! Sie mußte doch zusammen mit Schwester Anne die Vesper singen! Die Vesper und die Frühmette und… was kam als nächstes? Noch etwas. Das nicht umgestellte Nutzer-Kind mit der Rotznase würde zusammen mit ihr singen. Sie hatte es ihm versprochen…
»Das Datum, an dem Jackson seinen Doktorhut
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