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Bettler 03 - Bettlers Ritt

Titel: Bettler 03 - Bettlers Ritt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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gerade in sein Ohr geflüstert hatte, unglaublich vorkam. Theresa – seine Theresa! –, die Lizzie Francy aus dem Gefängnis holte? Die allein in ein Nutzer-Lager ging, um den Menschen dort einen PflegeRob zu schenken? Die sich freiwillig umstellen ließ?
    Und doch glaubte er Vicki jedes Wort. Andererseits hatte er auch Cazie jedes Wort geglaubt, bis zu dem Moment, als er bei Kelvin-Castner eintraf…
    »Ich muß Ihnen etwas zeigen«, und nun war es ihre Stimme, die schläfrig klang. »Eine Art Beweis. Aber das kann bis morgen warten. Ich bin unvorstellbar müde. Ausgelaugt von Lizzie und Theresa, den Kindern der nächsten Ära…«
    »Den was?« fragte Jackson schroffer als beabsichtigt, weil er so irritiert war. Theresa, die sich freiwillig umstellen ließ… Theresa, umgestellt. Würde sie ihn auch weiterhin brauchen?
    »Kinder einer neuen Ära«, wiederholte Vicki undeutlich murmelnd. »Selbsternannte…« Sie war eingeschlafen.
    Jackson löste sich vorsichtig von ihrem erschlafften Körper und stieg vom Bett. An Schlafen war jetzt nicht mehr zu denken. Aber das Zimmer – nicht größer als drei mal drei Meter – bot keinen Platz zum Auf- und Ablaufen. Und wenn er sein Terminal benutzte, würde das Vicki wecken. Er wollte nicht, daß Vicki aufwachte; sie würde ihn nur mit weiteren emotionalen rechten Haken traktieren – denn genau das tat sie! –, und er hatte heute schon zu viele Treffer abgekriegt.
    Wie viele gehirn-erschütternde Schläge konnte man verkraften? Und warum, zum Geier, war immerzu er es, der sie einstecken mußte?
    Lautlos öffnete Jackson die Zimmertür, schloß sie ebenso lautlos wieder hinter sich und tappte barfuß in seinem Firmenpyjama den an ein Krankenhaus gemahnenden Korridor hinab. An seinem Ende entdeckte Jackson einen kleinen, leeren Aufenthaltsraum. Natürlich war er leer – es war mitten in der Nacht! In dem Raum befanden sich ein Sofa und Sessel rund um einen Tisch, ein ServierRob – alles ebenso steril wie der Korridor – und ein Terminal mit flachem Schirm.
    »System an!« sagte Jackson.
    »Ja, wie kann ich Ihnen helfen?« Ein anonymes Programm für wartende Techniker oder gelangweilte Gäste, die nicht schlafen konnten. Zweifellos mit begrenzten Zugriffsmöglichkeiten. Aber es reichte.
    »Nachrichten bitte. Kanal 35.«
    »Gewiß. Und falls es noch etwas gibt, was Kelvin-Castner für Sie tun kann, bitte zögern Sie nicht, uns Ihre Wünsche mitzuteilen.«
    »… im Osten von Kansas. Der Tornado streifte die Enklave Wichita, wo augenblicklich die Hochsicherheitsschilde aktiviert wurden. In Washington fuhr der Kongreß mit der Debatte über das umstrittene Vorschriftenpaket für Flughäfen fort; das Abstimmungsergebnis des Senates wird für den morgigen Vormittag erwartet. In der Enklave Sorbonne in Paris fand die erste Aufführung von Claude Guillaume Arnaults neuem Konzert, Le Moindre, statt. Der gefeierte, jedoch als äußerst reizbar bekannte Komponist hat nicht…«
    »Interne Kommunikation«, sagte Jackson. In den Nachrichten gab es nichts Neues, betreffend die Zerstörung von Sanctuary. Und das Angst-Neuropharm war noch keine Schlagzeile wert, denn es handelte sich bisher nur um ein isoliertes Phänomen, eine lokale Kuriosität unter primitiven Nutzern.
    Idioten. Die Enklaven bestanden aus Idioten.
    »Ja, bitte?« sagte das Programm. »Mit welcher internen Abteilung möchten Sie verbunden werden?«
    »Nicht mit einer Abteilung. Mit einer Person. Lizzie Francy. Sie ist Gast an einem Terminal irgendwo im Gebäude. Im nicht abgesicherten Teil.«
    »Gewiß. Und falls es noch etwas gibt, was Kelvin-Castner für Sie tun kann, bitte zögern Sie nicht, uns Ihre Wünsche mitzuteilen.«
    Lizzies Gesicht erschien auf dem Bildschirm. Ihr drahtiges schwarzes Haar stand ihr in zwanzig verschiedenen Richtungen vom Kopf ab wie struppige Antennen. Die schwarzen Augen glänzten vor freudiger Erregung, ungeachtet der tiefen Schatten darunter. »Ich habe gerade versucht, die Verbindung zu Ihrem Zimmer herzustellen.«
    »Ich bin nicht im Zimmer«, sagte Jackson. »Nur Vicki. Sie kam von Theresa…«
    »Ich weiß«, beeilte Lizzie sich zu sagen. Sie hob beide Hände an ihr Haar und erzeugte noch mehr zottige Antennen. »Hab sie grade aufgeweckt, ich. Un’ jetz’ muß ich zu Ihnen. Muß Sie persönlich sprechen. Dringend.«
    »Lizzie, ich bin im Hochsicherheitstrakt! Wenn Sie hierherkommen, können Sie nicht mehr hinaus, bis…«
    »Weiß ich, weiß ich! Aber ich muß rein.

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