Bettler 03 - Bettlers Ritt
arrangierte den Charterflug… Sie stand Cazie gegenüber – Cazie, die Cazie gegenüberstand! – und legte ihr ans Herz, Jackson besser zu behandeln, sagte ihr, was für ein wirklich guter Mensch Jackson war, sagte ihr – aus!
Der PflegeRob surrte.
Theresa schloß die Augen. Als sie wieder Theresa war, studierte sie die beiden Ausdrucke und versuchte, sie zu vergleichen. Sie hatte keine Ahnung, was die Diagramme und Zahlen und die Symbole auf der einen Seite bedeuteten, die meisten Wörter waren beinahe zu schwierig, um sie auch nur zu lesen, aber sie konnte leicht feststellen, daß alles davon auf den beiden Papieren signifikante Unterschiede aufwies.
Also war es Tatsache.
Ihr Gehirn arbeitete anders, wenn sie Cazie war. Wenn sie bestimmte, daß es anders arbeiten sollte. Sie konnte bestimmen, ob es die chemischen oder elektrischen Vorgänge darin – oder was auch immer diese Scans maßen – verändern sollte oder nicht. Es war Realität.
Mit freundlicher Stimme sagte der PflegeRob: »Es ist Zeit für das körperliche Aufbautraining, Miss Aranow. Möchten Sie zuerst essen?«
»Nein. Deaktivieren. Bitte.«
Theresa stieg aus dem Bett. Die Beine fühlten sich zittrig an, doch sie konnte stehen. Aber keine Dusche – sie wollte ihre Kraft nicht vergeuden. Obwohl sie aussehen würde wie ein verwahrloster Bettler…
Sie hielt inne in ihren Gedanken. Ein Bettler. Jemand, der nicht die Macht hatte zu befehlen, nicht die Macht, sich zu verstecken, nicht die Macht, Macht abzugeben. Keine Macht, um andere damit zu schrecken.
Sie zog das Nachthemd aus und ging auf unsicheren Beinen in Jacksons Zimmer. Sie nahm Hosen und ein Hemd aus seinem Schrank und versah beides mit Hilfe einer Schere mit Rissen und Schnitten. Aus einem Topf mit GenMod-Blumen – großen, prachtvollen violetten Blüten, die Cazie ihm geschenkt haben mußte – nahm sie Erde und beschmierte damit die Kleider. Das Erdreich war vermutlich ein spezielles HiTech-Produkt, aber Jacksons Hose und Hemd wurden trotzdem schmutzig davon. Die Sachen waren Theresa viel zu groß; sie band sie mit einer Schnur fest.
Als sie sich im Spiegel ansah, hätte sie am liebsten geweint. Ein kahler Kopf voller Brandnarben, ein hageres Gesicht, schmutzige, zerfetzte Kleider, zittrige, schwache Gliedmaßen… Nein, nicht weinen – sich freuen! Das war ihre besondere Gabe, und endlich würde sie sie richtig einsetzen!
»Folgst du mir bitte?« sagte sie zum PflegeRob und war erleichtert, als er gehorchte.
Irgendwie schaffte sie es auf das Dach und zum Luftwagen und damit bis zum Hudson River, ohne Cazie zu sein. Das wollte sie sich für später aufheben. Als der Wagen außer Sichtweite des Nutzer-Lagers gelandet war, holte sie tief Atem und begann.
»Miss Aranow«, sagte der PflegeRob auf dem Sitz neben ihr, »es ist jetzt wirklich Zeit für das körperliche Aufbautraining. Möchten Sie zuerst essen?«
Theresa ignorierte ihn. Sie war eine Bettlerin, eine Bettlerin mit einer speziellen Gabe. Der Gabe, diese verängstigten Menschen dort drüben zu brauchen. Der Gabe, jemand zu brauchen, der ihren Hunger stillte, der sie einließ, der sie bei sich aufnahm. Sie war hungrig und schwach und sie brauchte diese Menschen. Sie brachte ihnen die Gabe, sie alle zu brauchen, um sie damit zu retten.
»Miss Aranow, es ist jetzt wirklich…«
Sie war eine Bettlerin, eine Bettlerin mit einer speziellen Gabe. Der Gabe, diese verängstigten Menschen zu brauchen…
Der kurze Fußmarsch zum Lager gab ihr beinahe den Rest. Das Lager sah verlassen aus, aber die Bettlerin wußte es besser. Theresa hockte sich auf den Boden, direkt vor eines der Fenster, und begann zu weinen. »Ich bin so hungrig… ich bin so hungrig…« Und das war sie auch. Theresa war hungrig – die Bettlerin war hungrig. Theresa war die Bettlerin – mit der speziellen Gabe.
Schließlich ging die Tür auf, und eine alte Frau lugte ängstlich heraus, wobei sie sich am Türstock festhielt.
»Bitte, gute Frau! Ich habe schon so lange nicht gegessen und ich bin nicht umgestellt, ich bin krank und habe Hunger, bitte lassen sich mich nicht hier draußen…!«
Die Furcht der Alten lag schwer in der Luft; die Bettlerin konnte sie riechen. Aber das alte Gesicht legte sich in mitfühlende Falten, und die Bettlerin sah, daß die alte Frau in ihrem langen Leben erfahren hatte, was es hieß, hungrig und krank und allein zu sein.
Zögernd trat die Frau aus der Tür. Und zusammen mit ihr kamen die beiden Menschen, mit denen
Weitere Kostenlose Bücher