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Bettler 03 - Bettlers Ritt

Titel: Bettler 03 - Bettlers Ritt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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Geschichte, nach der alle im historischen Kontext großen Ereignisse auf das Wesen und den Charakter von Schlüsselfiguren zurückzuführen sind, die durch ein sehr limitiertes Umfeld geformt wurden. Nach dieser Theorie veränderten Persönlichkeiten wie Napoleon, Hitler, Einstein und Ballieri gerade deshalb die Welt von Grund auf, weil ihre Kindheit so von Not und Härte geprägt war.«
    »Wer ist Napoleon?« erkundigte sich Lizzie. »Oder… wie war der Name? Ballieri?«
    »Du weißt nicht, wer Ballieri war?«
    »Nein.«
    »Lewis Ballieri? Letztes Jahrhundert?«
    »Nein! Un’ es is’ mir auch wurscht!« Warum konnte Vicki sich bloß nie wie ein normaler Mensch benehmen? Aber würde sie sich benehmen wie ein normaler Mensch, wäre sie wohl nicht zu den Nutzern gekommen, um mit ihnen zu leben, und Lizzie hätte nie… Sie schob den Gedanken weit weg.
    »Sie verstehen, was ich meine?« fragte Vicki Doktor Aranow.
    Lizzie hielt Dirk fester und beugte sich zu Aranow. »Un’ noch was gibt’s, für das wir Sie brauchen.«
    »Und was?«
    Sie konnte seinen Gesichtsausdruck nicht deuten; seine Miene schien sich nie zu verändern. Lizzie holte tief Atem. »Wir brauchen Ihren Luftwagen.«
    »Meinen Luftwagen?«
    »Bloß ausleihen. Wir müssen die anderen Nutzer suchen, un’ wir können sie nich’ mit dem ComLink kontaktieren, weil das Link abgehört werden kann. Unser Plan muß geheim bleiben. Also müssen wir den Distrikt aus der Luft absuchen, die Stämme in den Bergen ausfindig machen un’ sie dann aufsuchen. Vicki kann ihn fliegen. Die kann das, ehrlich. Bitte. Wir brauchen ihn, für ‘n paar Wochen nur. Un’ wenn Billy gewählt is’, dann benutzen wir das Steuergeld dazu, Umstellungs -Spritzen un’ Y-Kegel zu kaufen. Für die Babies!«
    Doktor Aranow schwieg. Draußen hob sich der Wind wieder und peitschte die Oberfläche des kalten Flusses zu kleinen schaumgekrönten Wellen. Schreiend landete eine Krähe auf einem grauen Stein. Schließlich sagte Doktor Aranow mit sanfter Stimme: »Lizzie… vom Lagerhaus könnt ihr keine Spritzen bekommen. Die wenigen, die es noch gibt, sind unverkäuflich, egal, wieviel man dafür bezahlen würde. Jede Macher-Organisation im Land versucht seit langem, Miranda Sharifi zu erreichen, um sie um Nachschub zu bitten… wußtest du das nicht? Aber Selene antwortet nie. Und Billy Washington zum Distriktsleiter zu wählen, würde daran gar nichts ändern.«
    »Dann werden wir wenigstens die altmodischen MedRobs für die Babies kriegen«, sagte Lizzie. Ihre Arme schlossen sich fester um Dirk. Was wäre gewesen, wenn der Doktor ihn nicht umgestellt hätte? Wenn sie sich andauernd Sorgen machen müßte um Infektionen, schlechtes Wasser und Würmer…? Zum erstenmal bekam Lizzie eine leise Ahnung davon, was das Muttersein für ihre eigene Mutter bedeutet haben mußte – Annie hatte wohl jede Minute Angst davor gehabt, daß Lizzie irgend etwas zustoßen könnte! Wie konnten die Eltern damals bloß damit leben? Lizzie erschauerte.
    Doktor Aranow sagte: »Ich denke nicht…«
    »O doch, das tun Sie!« unterbrach ihn Vicki, und ihre Stimme klang jetzt wieder anders, nach etwas, das Lizzie seit langem nicht mehr vernommen hatte. Vicki redete zum Doktor, wie sie früher mal zu Lizzie geredet hatte – wie zu einem Kind, einem kleinen, kranken Kind. »Ganz im Gegenteil, Sie denken vermutlich zuviel, Jackson. Aber diesmal – tun Sie’s nicht. Handeln Sie ganz einfach. Sie werden sich besser fühlen, nachdem Sie diese eine Sache für die Nutzer getan haben. Ohne sich darüber erst mal den Kopf zu zermartern. Und es würde Sie so wenig kosten.«
    »Versuchen Sie nicht, mich zu bedrängen, Miss Turner.«
    »Mach’ ich doch nicht. Ich versuche nur, unseren – Lizzies – Fall von allen Seiten zu beleuchten. Eine dieser Seiten sind jetzt Sie. Sie haben nicht darum gebeten, aber so ist es jetzt nun mal. Wenn Sie nein sagen, dann ist das ebenso eine Antwort wie es ein Ja gewesen wäre, aber einen dritten Weg gibt es nicht. Sie haben die Wahl. Und ich will nichts anderes als Ihnen das klarmachen.«
    Vickis Blick hielt den von Doktor Aranow fest, und Lizzie fragte sich, ob Vicki jetzt wohl gleich Mrs. Aranow ins Gespräch bringen würde – oder wie die Frau auch hieß, von der Vicki sagte, es handle sich um die Ex des Doktors. Sie hätte den Doktor immer noch fest im Griff, behauptete Vicki. Lizzie konnte nicht verstehen, wie es das geben konnte: Die eigene Familie konnte einen fest im Griff haben,

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