Bettler 03 - Bettlers Ritt
weil er sich so lange nicht rasiert hatte. Aber sie drückte ungestüm zurück, bevor sie wieder zu grollen und zu schelten begann.
Lizzie hatte gewußt, daß Billy im Wald sein würde, um seine Karnickelfallen zu kontrollieren, und sie war seinen Spuren in dem nassen Erdreich gefolgt. Wenn Billy es darauf anlegte, ungestört zu sein, dann konnte ihm niemand folgen, aber diesmal war es ihm wohl gleichgültig. Lizzie hatte Dirk bei Annie gelassen, und jetzt wünschte sie sich, sie hätte das Baby mitgebracht. Vielleicht hätte Dirk Billys alten Dickkopf zur Einsicht gebracht.
Billy, der war einfach zu alt. Das war der Haken. Auch wenn die alten Leute seit der Umstellung gesund und kräftig waren, hatten sie doch alte Hirne. Sie dachten alt. Lizzie zwang sich zur Ruhe, um vernünftig mit Billy zu reden.
»Warum willst du nich’ kandidieren, du? Siehste nich’ ein, daß uns das helfen würde, alle Sachen zu kriegen, wo wir brauchen – mehr Robs un’ MedRobs für die Babies un’ besseres Schuhwerk? Siehste das nich’ ein?«
»Doch, seh’ ich ein.«
»Also, was willst du dann nich’ für die Wahl zum Distriktsleiter kandidieren? Du, das wird funktionieren!«
»Ne, nich’ wenn ich kandidiere.«
Lizzie starrte ihn an. Der Alte brach einen Zweig von einem toten Ahornbaum ab und kratzte damit im Erdreich herum.
»Lizzie, schau mal, siehste die Erde da? Sollte jetz’, im November, schon gefroren sein.«
»Was hat das denn zu tun mit…«
»Hör mal zu. Daß der Boden noch nich’ gefroren is’, kommt daher, daß wir ‘nen warmen Herbst hatten. Keiner konnte das vorhersehen. Is’ einfach so passiert. Aber wir wußten ja nich’, daß es passieren würde, un’ so haben wir uns alle gefaßt gemacht auf ‘nen harten Winter. Organisierten alle Decken un’ warme Sachen, die wir kriegen konnten, dichteten das Gemeinschaftshaus ab, so gut es ging, un’ du un’ Vicki, ihr seid zur TenTech, um für uns alle die Kegel zu klauen.«
Lizzie wartete. Es hatte keinen Sinn, Billy anzutreiben. Der machte zwar immer, was sie wollte, aber manchmal brauchte er ‘ne ganze Weile, bis es soweit war.
»Wir haben uns eben auf ‘ne harte Zeit vorbereitet; die haben wir erwartet, auch wenn sie noch nich’ gleich kam. Alles andere wär’ ja auch dumm gewesen, nich’ wahr, Herzchen?«
»Richtig«, sagte Lizzie und nickte.
Billy fuhr fort, mit dem Ast im Boden herumzustochern. »Wenn du un’ Vicki diese Wahl macht, dann müßt ihr auf alles gefaßt sein, was kommen kann. Die Macher, die sin’ nich’ blöd, un’ die spielen nich’ nach fairen Regeln. Wenn’s um uns Nutzer geht, dann sin’ die Macher gefühllos.«
Nicht Vicki oder Doktor Aranow, hätte Lizzie gern eingeworfen, aber sie wollte Billy nicht unterbrechen.
»Wenn ich mich um den Distriktsleiter bewerbe, dann werden wir verlieren. Keiner wird für mich stimmen, keiner. Nich’ bloß keine Macher, auch keine Nutzer, wo nich’ zu unserem Stamm gehören. Genau so, wie sie nich’ für dich oder für Annie stimmen würden. Wir waren die ersten, wo umgestellt wurden. Die wo Miranda Sharifi in ihrem unterirdischen Labor aufgestöbert haben un’ ihr zusetzten, dir zu helfen, wo du doch so krank warst. Die wo Miranda mit eigenen Augen sahen un’ mit ihr reden durften.«
»Aber das sin’ doch alles gute Dinge, oder?«
»Doch, ja. Aber das sin’ auch alles besondere Dinge – Sachen, die wo mächtig anders sin’ als bei den meisten übrigen Leuten. Un’ die meisten Leute mögen es eben nich’, wenn wer anders is’ als sie. Da fühlen sie sich dann unbehaglich. Schaltest du denn nie nich’ die Sprechkanäle vom Distrikt ein, du?«
Das machte Lizzie tatsächlich nie. Sie hatte viel zu viele DeBes zu erforschen, die wichtiger und interessanter waren, als dem endlosen Geschwätz von einem Stamm zum anderen zu lauschen, das über die lokalen ComLinks nichts als Tratsch und Gerüchte verbreitete. Da sagte wer, daß ‘n Kumpel von ihm auf ‘nem Macherkanal in New York gehört hat, daß ‘n paar Leute in Baltimore ‘ne Rollerbahn aufgemotzt haben, un dort geht’s jetz’ rund… Also wenn du aus Glenn’s Falls bis’, du, dann kennste sicher meine Cousine Pamela Cantrell, die is’ so – warte mal, so einsfünfundsechzig groß un’ hat… Also wir, wir haben da ‘nen Nährplatz, der is’ so groß wie ‘n…
»Die Leute, die schwätzen nu mal«, fuhr Billy fort, »un’ mitsamt der ganzen Umstellung haben die Leute kein Zutrauen zu solchen Ideen
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