Bettler 03 - Bettlers Ritt
nicht einmal waschen – sagte mit scharfer Stimme: »Sind diese Leute jetzt bei dir, Jackson? In deinem Heim?«
Vicki trat vor die Holobühne, eine Erdbeere zwischen Daumen und Zeigefinger, die restlichen Finger geziert weggespreizt. Ihre Latzhose war ebenso schmutzbespritzt wie die von Lizzie, nur älter. Ihre violetten GenMod-Augen funkelten. »Ja, Thurmond, wir sind jetzt hier. Aber das geht schon in Ordnung, wir sind entlaust.«
Thurmond sagte: »Wer sind Sie?«
Vicki lächelte süß und knabberte an ihrer Erdbeere. »Sie erinnern sich nicht an mich, Thurmond? Bei Cazie Sanders’ Gartenparty? Letztes Jahr?«
»Jackson, was geht da vor? Das ist eine Macherin, wieso ist sie…«
»Wir werden zu fünft sein bei Kelvin-Castner«, sagte Vicki. »Ich bin die Kinderfrau. Bis später, Thurmond.« Sie trat zur Seite.
Thurmond sagte: »Jackson…«
»Wir kommen um die Mittagszeit«, unterbrach ihn Doktor Aranow hastig. »Vielen Dank, Thurmond. Caroline, das war’s.«
Die Holobühne erlosch. Lizzie verfolgte, wie Vicki und Doktor Aranow einander ansahen; sie verlegte Dirk auf den anderen Arm – er wurde schon schwer – und wartete darauf, daß Vicki auf Doktor Aranow losfuhr, weil er Thurmond Rogers die »Exemplare« hatte durchgehen lassen, oder daß Doktor Aranow auf Vicki losfuhr, weil sie sich in sein Gespräch mit Rogers eingemischt hatte. Doch alles, was Doktor Aranow sagte, war: »Sie haben Thurmond Rogers bei Cazie kennengelernt?«
»Nein«, antwortete Vicki. »Ich habe ihn noch nie im Leben gesehen. Aber jetzt zermartert er sich das Hirn, wo diese Gartenparty stattgefunden haben mag.«
»Das bezweifle ich.«
»Ich nicht«, sagte Vicki. »Sie wissen wirklich nicht, wie so etwas gespielt wird, nicht wahr, Jackson?«
»Ich halte das für kein Spiel.«
»Nein, die Sache mit dem Neuropharm ganz gewiß nicht. Apropos – wer ist eigentlich Ihr erwachsenes Exemplar? Lizzie, steh da nicht sabbernd herum! Wenn du hungrig bist, iß ein paar Erdbeeren. GenMod und ganz köstlich.«
Lizzie hätte gern nein gesagt – wie kam es eigentlich, daß Vicki immer noch alle herumkommandierte, selbst hier in Doktor Aranows Wohnung? –, aber sie war einfach zu hungrig. Mürrisch setzte sie sich auf einen der wunderschönen geschnitzten Stühle, schob sich Dirk auf die Schulter und stopfte alles in sich hinein, was in Reichweite war.
Doktor Aranow sagte: »Wir fliegen ins Lager zurück und holen Shockey.«
»Warum Shockey?« fragte Vicki. »Billy hat das Neuropharm auch eingeatmet, und der wird weitaus kooperativer sein. Oder sogar Annie.«
»Nein. Billy ist zu alt. Und Annie hat schon ein Pflaster bekommen, wodurch ihr ursprünglicher Zustand verändert wurde. Thurmond würde die beiden nicht als ideale Objekte ansehen. Außerdem scheinen mir die Symptome bei Shockey am ausgeprägtesten… Es muß irgendwie von den Amygdalae ausgehen.«
»Von den was?« fragte Lizzie, um den anderen beiden in Erinnerung zu rufen, daß sie auch noch da war. Dirk zappelte, und sie ließ ihn auf den Schoß sinken, um ihm eine Erdbeere zu füttern.
Doktor Aranow sagte: »Das ist ein Teil des Gehirns, von dem Ängste und Beklemmungen… was hat denn der Kleine?«
Dirk brüllte auf Lizzies Schoß. Er stieß mit den Beinchen um sich, preßte die prallen Ärmchen über sein verzerrtes Gesicht und wand und krümmte sich in dem krampfhaften Versuch, der Bedrohung zu entfliehen. Reine animalische Furcht klang in seinem Geschrei mit, während Lizzie ihm etwas Neues hinhielt, etwas, das er noch nie zuvor gesehen hatte: eine rote, reife, vollkommene Erdbeere.
»Er schläft«, sagte Vicki, »komm, Lizzie.«
»Wohin?« Sie wollte Dirk nicht alleinlassen. Er lag auf einer weichen bunten Decke, die Vicki von einem der weißen Sofas genommen hatte, auf Doktor Aranows Wohnzimmerboden. Dirk hatte so verzweifelt geschrien und um sich getreten, daß Doktor Aranow ihm schließlich ein kleines Pflaster an den Hals geklebt hatte. Nur um Dirk das Einschlafen zu erleichtern, hatte Doktor Aranow gesagt. Lizzie saß auf dem Sofa, das sich höchst angenehm um ihren Hintern schmiegte, und sah Vicki finster an. Doktor Aranow hatte Shockey nicht allein holen wollen, und Lizzie wußte nicht, wie es Vicki gelungen war, ihn doch dazu zu bringen, oder warum Vicki unbedingt hierbleiben wollte oder wie sie selbst für den Rest ihres Lebens mit einem Kind zurechtkommen sollte, das sich vor einer Erdbeere fürchtete. Sie war erschöpft.
»Ich möchte mit Theresa
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