Bettler 03 - Bettlers Ritt
Sein Anblick ließ sie auf der Stelle erstarren. Eine Wand wurde von einem Y-Schild gebildet, durch den man auf einen grünen, grünen Park sehen konnte. Die anderen Wände schimmerten in fast unmerklich wechselnden Weiß- und Grautönen – programmierte Bildschirme, das mußten sie sein. War der Park auch ein Programm? Die Sessel waren weich und weiß, die Tischchen alle auf Hochglanz poliert, und in den Tischen wuchsen fremdartige Pflanzen… und auf einem harten Holzstuhl saß ein Mädchen und aß Mundnahrung von der flachen Oberseite eines Robs, der aussah wie eines der anderen glänzenden Tischchen.
»Theresa!« sagte Doktor Aranow, und selbst durch Lizzies mißmutige Versunkenheit in ihre neue Umgebung – sie wußte nichts, gar nichts! – klang die schonungsvolle Wärme in seiner Stimme hindurch. »Theresa, erschrick nicht! Ich habe nur ein paar Freunde zu einer geschäftlichen Besprechung mitgebracht.«
Das Mädchen zuckte zurück und sank in sich zusammen. Sie sah nicht älter aus als Lizzie, wirkte aber ängstlich und unsicher. Fürchtete sie sich etwa vor Lizzie und Vicki? Das ergab keinen Sinn. Eine Wolke silberblonden Haares umgab das Gesicht des Mädchens. Es war sehr mager und trug ein seltsames, loses geblümtes Kleid; Lizzie hätte geschworen, daß das Kleid konsumierbar war. Wie konnte das sein? Das Kleid hatte keine Löcher!
»Das ist Vicki Turner«, sagte Doktor Aranow, »und das hier Lizzie Francy und ihr kleiner Sohn Dirk. Dies ist meine Schwester, Theresa Aranow.«
Theresa schwieg.
Lizzie stellte fest, daß das Mädchen zitterte und daß ihr Atem immer schneller ging. Das hier war doch eine Macherin – aber im Gegensatz zu Vicki, im Gegensatz zu den Reportern, im Gegensatz zu den Macher-Gören, die sich von Shockey vögeln ließen, als er ein Kandidat gewesen war, im Gegensatz zu ihnen allen sah Theresa aus… sah Theresa aus…
Sah Theresa so aus, wie Shockey, Annie und Billy jetzt aussahen.
Vicki und Doktor Aranow tauschten einen Blick, den Lizzie nicht interpretieren konnte, und Vicki sagte leise: »Miss Aranow, möchten Sie sich vielleicht das Baby ansehen?«
Theresas unerklärliche Angst schien ein wenig zu schwinden. »Oh, ein Baby… ja… ja, bitte!«
Doktor Aranow übernahm Dirk von Lizzie – glücklicherweise schlief der Kleine jetzt –, und legte ihn in Theresas Arme. Theresa blickte ihn mit grenzenlosem Entzücken an und fing dann zu Lizzies Verblüffung an zu weinen. Sie schluchzte nicht, nein, nur wasserhelle Tränen rollten über ihre blassen Wangen.
»Könnte ich… Jackson, könnte ich… ihn halten, während ihr eure Besprechung habt?«
»Natürlich«, sagte Vicki, und Lizzie spürte einen Anflug von Unwillen. Dirk war ihr Kind, und dieses Mädchen, diese Theresa, die im Überfluß lebte und jetzt auch noch Lizzies Baby haben wollte – diese Macherin hatte nicht einmal Lizzie gefragt, ob sie Dirk halten durfte! Und so, wie sie aussah, war diese Theresa ein Schwächling. Würde es keine drei Minuten schaffen, ihre ganze Grütze so aufs Datenfischen zu konzentrieren, daß es reichte, um einen ganzen Stamm mit Sachen zu versorgen!
»Wir sind drüben im Eßzimmer, Theresa«, sagte Doktor Aranow und griff nach Vickis und Lizzies Ellbogen.
Das Eßzimmer war kein Nährplatz, sondern ein Tisch mit zwölf hochlehnigen Stühlen, reglos dastehenden ServierRobs und riesigen, fremdartig aussehenden Pflanzen – zweifellos GenMods. Eine Wand war ein Wasserfall – kein programmierter, sondern echtes Wasser. Der lange, glänzende Tisch war leer. Plötzlich fing Lizzies Magen an zu knurren.
Sie sagte, und irgendwie kam es aggressiv heraus: »Habt ihr hier nicht mal einen Nährplatz?«
»O doch«, antwortete Doktor Aranow geistesabwesend, »aber wir sollten besser… Bist du hungrig? Jones, Frühstück für drei, bitte. Das, was Theresa hatte.«
»Sofort, Doktor Aranow«, sagte das Zimmer.
»Caroline, anstellen!«
Lizzie sah kein Terminal, aber eine andere Stimme sagte: »Ja, Doktor Aranow?«
»Sie haben ein Caroline VIII-System«, stellte Vicki fest. »Ich bin beeindruckt.«
»Caroline, ruf Thurmond Rogers von Kelvin-Castner an. Sag ihm, es ist ein dringendes Gespräch.«
»Ja, Doktor Aranow.«
Er wandte sich an Vicki. »Thurmond ist ein alter Freund. Wir haben unseren Studienabschluß zusammen gemacht. Er führt jetzt die Forschungsabteilung bei Kelvin-Castner-Pharmazeutik; seine Abteilung vollbringt wahre Wunder. Er wird uns helfen.«
»Uns helfen? Wobei?«
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