Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bettler und Hase. Roman

Bettler und Hase. Roman

Titel: Bettler und Hase. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tuomas Kyrö
Vom Netzwerk:
ihm sagte.
    Ein Vatanescu existierte nicht.
    Dann erschaffe mich! Ich bitte dich!
    Rautee versuchte es mit der Tastenkombination F 1 , F 5 und Ctrl + V, aber Vatanescu fehlte die Sozialversicherungsnummer, also alles. Es würde helfen, wenn er in seinem Herkunftsland die entsprechende Nummer hätte, aber die fehlte auch. Usko sagte, er werde versuchen, Vatanescu zu erschaffen. Dafür müsse zunächst ein Fragebogen ausgefüllt werden, der die Tauglichkeit der ausländischen Arbeitskraft für den finnischen Arbeitsmarkt ermitteln sollte.
    Sprach Vatanescu Finnisch?
    Nein.
    Hatte er einen festen Wohnsitz?
    Nein.
    Usko schaute Vatanescu in die müden Augen. Das war kein Schlurfer und kein Jorse. Das war ein arbeitsfähiger und arbeitswilliger Mann im erwerbsfähigen Alter. Es hatte sogar den Anschein, als habe er seinen Alkoholkonsum im Griff. Zwar roch er schlecht, doch das lag an seiner Unsauberkeit, nicht an Spirituosen. Um arbeiten zu können, brauchte der Mann kein achtjähriges Studium, sondern bloß ein Stück Seife.
    Usko beugte sich über den Schreibtisch und fragte Vatanescu, ob er wirklich bereit sei, alles zu tun.
    Ich sitze in der Scheiße. Ein Menschenhändler will meinen Kopf. Ich werde verfolgt.
    Soll ich eine Bank ausrauben?
    Würde unter dem Fabrikschornstein, den man vorm Fenster sah, noch das Fließband laufen, könnte man Vatanescu direkt ans Band schicken oder in die Packerei oder zum Karrenschieben. Oder in den Hafen, Container leeren. Alles Jobs, die nicht gegen Quittung gemacht wurden, dachte Usko.
    Er sah Vatanescu weiterhin in die Augen.
    »Ich werde dich einstellen. I hire you.«
    Du feuerst mich?
    Usko sprach das Verb noch einmal mit mehr Sorgfalt aus und machte deutlich, dass er Vatanescu ein Arbeitsverhältnis anbiete. Wer die Dienstleistungsgesellschaft wolle, der müsse auch etwas dafür tun.
    »Dienstleistungsgesellschaft. Kundengesellschaft. Man kennt die Ausdrücke. Du, Vatanescu, fängst als mein Dienstleister an. Einverstanden? Als Mann für alle Fälle. Ich zahle dir einen anständigen Lohn und bringe nach und nach auch die Angelegenheit mit der Sozialversicherungsnummer in Ordnung. Du machst sauber. Wäschst das Auto. Bringst meiner Mutter dreimal die Woche warmes Essen. Abgemacht? Deal?«
    Vatanescu konnte nichts sagen, denn das Kaninchen fing an, in seiner Tasche Sperenzchen zu machen.
    Usko Rautee sagte, sie würden mit so viel Fairplay vorgehen, wie es unter den vorhandenen Rahmenbedingungen möglich sei. Freie Wochenenden und ein gewisses Quantum an Herbst-, Winter- und Sommerurlaub. Endlich einmal hatte Usko das Gefühl, von sich aus aktiv zu werden und nicht nur Paragraphen zu erfüllen. Würden das alle tun, wäre der Wohlfahrtsstaat gesichert. Auf diese Weise würde man ihn aktualisieren, damit der Mensch aus dem Schatten der Macht von Maschinen und Paragraphen hinaustreten könne.
    Das Kaninchen lugte aus Vatanescus Kragen.
    Vatanescu drückte es zurück ins Hemd.
    Usko Rautee fragte, was das war.
    Nichts. Also, das heißt.
    Das Kaninchen schob sich durch den Ärmel und sprang schwerfällig auf Rautees Tisch. Es rutschte ab und hing mit den Vorderpfoten an der Kante, weshalb es sich bemühte, zuerst mit Hilfe des gesunden, dann mit Hilfe des geschienten Hinterlaufs wieder hochzuklettern.
    »Verdammt, eine Ratte!«
    Das Kaninchen sah dem Arbeitsamtsbeamten in die Augen. Instinktiv rollte Rautee mit dem Stuhl zurück. Vatanescu stürzte sich auf das Tier und versuchte es zu erhaschen, aber es schwang sich auf den Tisch und purzelte von dort auf Rautees Schoß, wo Rautee es panisch packte und auf den Tisch zurückwarf.
    Das ist bloß eine harmlose Kreatur.
    Keine Angst!
    Wegen der Schiene bewegte sich das Kaninchen unbeholfen und warf den Stiftbehälter sowie Usko Rautees Wasserbecher um. Die Computermaus fiel herunter, zersprang, und die Kugel, die in ihrem Inneren gewesen war, rollte in Zeitlupe über den Boden. Vatanescu lächelte verlegen, dann setzte er dem Tier nach, blieb aber am Vorhang hängen, der sich aus der Halterung löste, worauf Vatanescu stolperte und stürzte. Das Kaninchen schnappte sich den Radiergummi vom Tisch und mümmelte.
    »Raus! Du Pferdehändler! Raus!!! Ich rufe die Polizei.«

    Und viel zu schnell hörte man draußen tatsächlich die Sirene eines Polizeiautos. Vatanescu rannte die Treppe hinunter und schaffte es gerade noch auf die Straße, bevor die Polizisten aus dem Wagen stiegen. Langsam, um nicht aufzufallen, ging er in die

Weitere Kostenlose Bücher