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Bettler und Hase. Roman

Bettler und Hase. Roman

Titel: Bettler und Hase. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tuomas Kyrö
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gleiche Todesangst und Todessehnsucht wie damals in Proletanistan, als ich mir mit Gewalt das Opium abgewöhnte. Und genau wie damals war mir mein Schicksal total egal.«
    Jegor Kugars einziger Freund blieb ein indischer Herr namens Naseem Hasapatilati, der im Parterre einen Lebensmittelkiosk führte. Wenn die beiden etwas verband, dann die Einsamkeit, der Trübsinn und die perlende Verbitterung, die zugleich der stärkste Treibstoff des Lebens war.
    Eine Woche nachdem die Organisation Jegor von seinen Aufgaben entbunden hatte, klingelte der Hausverwalter an seiner Tür. Jegor machte nicht auf. Der Hausverwalter ging, kam aber mit der Polizei zurück.
    »Glaubt ihr, ich hätte eine saubere Kreditbilanz und Geheimzahlen und eine Geldanlagestrategie? Glaubt ihr, der Mietvertrag läuft auf meinen Namen? Der läuft auf die Kostamus-Rohr-GmbH, und jetzt sind die Mietzahlungen eingeschlafen. Unsereiner hat nach dem Palast in Moskau nur noch in Löchern gehaust, die mir die Organisation besorgt oder zugewiesen hat. Manchmal waren es Keller, manchmal ging es direkt vom Keller mit dem Aufzug in den Luxus des achtunddreißigsten Stocks.
    In meiner Lederjacke fand ich noch ein paar letzte Scheine aus vier Staaten. Die schob ich dem Hausverwalter durch den Briefschlitz zu und hatte damit erst mal für ein paar Wochen Ruhe. Ich rief bei Nasse unten im Kiosk an, er solle mir das Essen in die Wohnung liefern.«

An einem ganz gewöhnlichen Donnerstag, als Vatanescu gerade ein Omas-Frikadellen-Mikrowellengericht verzehrte, schwebte der erste Schnee vom Himmel. In seiner Heimat schneite es nur auf den höchsten, schroffsten Gipfeln des Gebirges, hier schneite es überall, alles wurde von Watte zugedeckt. Die kalte, aber helle Schicht überzog gleichmäßig die ganze Erde, bedeckte Planierrauben, Rohbau und sämtliche menschliche Spuren.
    Barfuß und in Unterhosen ging Vatanescu in den Schnee hinaus. Öunap zog rasch die Tür zu, damit die Wärme nicht entwich, und befahl dem Wahnsinnigen, sofort wieder in die Hütte zu kommen, bevor er sich eine Lungenentzündung holte. Aber Vatanescu hörte nicht, sondern breitete die Arme aus und drehte sich im Kreis. Er ließ sich auf den Rücken fallen, machte den Mund auf und schnappte mit der Zunge nach den Schneeflocken.
    Das Leben ist ein Märchen.

Bauherr Kerkko Kolmonen klopfte um fünf Uhr morgens an die Tür der Wildmarkhütte. Er versprach seinem besten Team doppelten Lohn für jeden Tag, den sie vor dem ursprünglichen Zeitplan lagen, denn wenn die Kälte zunahm oder es noch mehr schneite, wäre es unmöglich, Beton zu pumpen. Die Schläuche würden zufrieren.
    »Hier sind fünfhundert Vorschuss für jeden«, sagte Kolmonen.
    In diesem Moment bin ich der reichste Mann in meinem Heimatdorf.
    An die Arbeit!
    Zur selben Zeit studierte eine gewisse Iina Rautee zwölfhundert Kilometer weiter südlich Satellitenaufnahmen von der Baustelle im Nationalpark. Iina Rautee spürte eine Berufung: Ihre Aufgabe bestand darin, die Welt zu retten. Vor Maschinen, Menschen und der zerstörerischen Gier des Kapitals. Sich selbst hielt sie für frei von den Fesseln des Geldes und materieller Güter. Außerdem musste die Welt vor der Gedankenlosigkeit der eigenen Eltern gerettet werden. Ihre Mutter benutzte Make-up, das in Tierversuchen getestet wurde, ihr Vater aß Gesundheitsjoghurt eines multinationalen Konzerns und weigerte sich, auf Bioprodukte umzusteigen.
    Das einzige Poster in Iina Rautees Zimmer zeigte Ulrike Meinhof. Sie hatte im Gymnasium einen autofiktiven Roman über den deutschen Terrorismus der siebziger Jahre gelesen, und so wie Jungen davon träumten, Eishockeyspieler oder Musiker zu werden, wollte sie gern Teil einer solchen Bewegung sein.
    Terrorismus war faszinierend. Es brauchte wesentlich mehr Eier, Ulrike Meinhof zu sein und mit Sprengstoff und Sturmgewehr für eine bessere Welt zu kämpfen, ohne sich und die Kapitalistenschweine zu schonen, als mit der Gitarre auf der Bühne zu stehen und Andy McCoy zu heißen.
    Wenn man sich an eine Planierraupe kettete, war das zu achtzig Prozent Naturschutz und zu zwanzig Prozent ein sadomasochistisches Spiel.
    Iina hatte auf dem Küchentisch einen Zettel hinterlegt, mit der Nachricht, sie werde eventuell zur schriftlichen Abiturprüfung erscheinen, es könne aber auch sein, dass sie bei einer revolutionären Gruppierung lande.
    »Die Revolution stellt Forderungen, die Revolution schenkt Freiheit«, schrieb sie in Anlehnung an den

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