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Betty kann alles

Titel: Betty kann alles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Betty McDonald
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Kaninchenzüchter, einen Rechtsanwalt, einen Fischer, einen Blumenhändler, ein Schreibbüro, einen Zahnarzt, ein Laboratorium für klinische Medizin und einen Gangster gearbeitet hatte, Marilee aufsuchen wollte, fand ich ihr Studio geschlossen, und die bebrillten Bräute, die unternehmungslustigen Mädchen und die Matrosen mit ihren Schätzen waren aus ihrem Schaufenster verschwunden.
    Ich erkundigte mich in der Schuhreparaturwerkstatt im Nebenhaus, was aus Marilee geworden sei, aber der Schuhmacher sagte: «Keine Ahnung. Das ist so in 'ner Krisenzeit. Die Leut kommen, und die Leut gehen.»
    Doch der Drucker auf der anderen Seite erzählte mir, daß Marilees Mutter gestorben sei. Ich fragte mich im stillen, ob wohl Ernies Behandlung, die ihre armen Knochen krachen ließ wie Pistolenschüsse, etwas mit ihrem plötzlichen Hinscheiden zu tun hatte. Marilee sei mit ihrem Ernie nach Kalifornien zu ihrer Schwester gezogen, erfuhr ich. Nach der Art ihrer Tätigkeit konnten Marilee und ihr Ernie sehr gut Hand in Hand arbeiten. Hatte Marilee ihre armen Opfer in die unmöglichsten Lagen gezwängt, konnte Ernie die Kundschaft übernehmen und die verkrampften und verrenkten Muskeln wieder in ihre natürliche Lage bringen.

    Der Kaninchenzüchter, Mr. Webber, hatte eine hohe schmale Stirn, wie die Jünger auf den alten Bildern zu haben pflegen. Er züchtete Chinchilla-Kaninchen und versuchte, die übrigen Züchter zu organisieren. Zwei Wochen lang schrieb er fleißig lange Berichte, die ich dann auf der Maschine abzutippen hatte. Am Nachmittag bereitete er auf einem Spiritusöfchen Tee zu, und während wir ihn tranken, schwärmte er mir von meiner Schwester Mary vor, die in seinen Augen eine seltene Flamme in dieser ausgebrannten, verödeten Welt war.
    Mr. Webber war sanft und gutmütig wie seine Kaninchen und hätte mir nie meine Fehler vorgeworfen. Hinter dem vorgehaltenen Arm korrigierte er sie mit Tinte, und als nach zwei Wochen meine Arbeit für ihn beendet war, überreichte er mir einen Scheck für fünfundsiebzig Dollar, obwohl wir nur fünfzig Dollar ausgemacht hatten. Die fünfundzwanzig Dollar Zulage waren mehr ein Tribut für meine Schwester Mary als für meine glanzvolle Tätigkeit. Darüber gab ich mich keinen Illusionen hin.
    Nachdem ich bei Mr. Webber aufgehört hatte, war ich drei Tage arbeitslos, aber die von ihm erhaltene Zulage tröstete mich über diese Zeit hinweg. Um mich nützlich zu machen, malte ich unsere Küche aus, und zwar mit sehr schöner gelber Farbe, die leider nie trocknete. Der Anblick war erfreulich, aber es wurde mit der Zeit etwas unangenehm, daß wir noch nach Wochen die Teller mit Messern und Stemmeisen von den Wandbrettern lösen und die Kinder von der Bank in der Frühstücksecke abschälen mußten.
    Am Mittwochabend verkündete Mary mir, daß sie eine wunderbare Stellung bei einem entzückenden Anwalt gefunden habe. Ich entgegnete, daß ich nicht die geringste Ahnung von juristischer Terminologie und den bei Gerichtsakten vorgeschriebenen Formen hätte, aber Mary tat meine Einwände wie üblich ab. Das sei ganz einfach, meinte sie, man müsse nur in den Akten nachsehen und dann alles abschreiben. Sie erläuterte mir weiter, daß der alte Anwalt sich des Diktaphons bediene, und während wir Kaffee tranken, versuchte sie mir zu erklären, wie so ein Diktaphon zu bedienen war. Da ich noch nie solch ein Ding zu Gesicht bekommen hatte, blieben mir ihre Erklärungen etwas schleierhaft.
    Am nächsten Morgen machte ich mich zu Mr. O'Reilly auf. Sein Büro befand sich in einem sehr schönen Haus in einer guten Geschäftsgegend. Mr. O'Reilly hatte dichtes graues Haar, eine widerlich schleimige Art und die unangenehme Gewohnheit, unverhofft und lautlos hinter mir aufzutauchen.
    Nach vielen Fehlschlägen und geduldigem Probieren gelang es mir endlich, das Diktaphon in Gang zu bringen, und ich lernte auch die juristische Terrrfinologie und wie man Gerichtsakten aufzusetzen hatte. Doch ich hätte mir keine solche Mühe zu geben brauchen, denn Mr. O'Reilly hatte sehr wenig Fälle, und die wenigen Fälle, die er hatte, ließ er in Frieden ruhen. Der einzige Zweck einer Sekretärin lag für ihn darin, mit ihr reden zu können, und zwar nur über ein einziges Thema: Liebesabenteuer. Mit zäher Schlauigkeit brachte er das Gespräch immer und immer wieder darauf, verbrämte aber seine Reden so, daß es den Anschein erweckte, als stünden seine Fälle zur Diskussion. Als ich Mr. O'Reilly verließ, versprach

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