Bettys Horrortrip
gehofft.«
Sie setzte sich eng und steif hin, um tief Luft zu holen. »Willst du es wirklich wissen, John?«
»Wir haben Zeit – oder?«
Sie nickte mir über den Tisch hinweg zu. »Ja, das haben wir in der Tat. Viel Zeit sogar.«
»Dann bitte.«
Betty überlegte noch einen Augenblick, bevor sie sich entspannte und zurücklehnte. »Ich werde dir alles erzählen, John, das heißt, über die letzten Stunden sprechen, die ich erlebte, bis es schließlich zum mörderischen Finale kam…«
***
Bettys Erzählungen
Schon am Morgen verzog ich das Gesicht, als ich aus dem Fenster schaute, denn vom Meer her hatte sich der Nebel in gewaltigen Wolken herangewälzt und war so weit vorgedrungen, daß er die Stadt Amsterdam in eine Waschküche verwandelt hatte, so daß dort nichts mehr lief. Das Chaos war da, aber so etwas kannten die Amsterdamer, und sie wußten auch, daß das Wetter rasch umschlagen und sich der Nebel bald auflösen konnte.
Ich wollte so lange nicht warten. Wenn meine Information stimmte, war dieser Tag der wichtigste überhaupt. Da würde es mir gelingen, bis dicht an sie heranzukommen.
Während ich mich anzog, dachte ich darüber nach, wieviel Arbeit es gekostet hatte, so weit zu kommen, und ich wollte mich auch nicht von der Dunstküche abhalten lassen, meinen Plan in die Tat umzusetzen.
Heiß geduscht hatte ich mich, und diese Hitze hatte sich auch auf meinen Körper übertragen, in dem das Blut sich auch weiterhin erwärmt hatte und wie Lava durch meine Adern brauste.
Ich entschied mich für eine Lederhose, für den dicken Pullover, den Nierenschutz und die gefütterte Lederjacke, denn ich wollte auf den Wagen verzichten und die Maschine nehmen.
Wenn es sein mußte, konnte ich mit der Honda von der Straße ab und durch das Gelände fahren, denn der alte Friedhof mit dem Mausoleum lag doch ziemlich versteckt. Am interessantesten war das Krematorium aus der Jugendstilzeit, das unter Denkmalschutz gestellt worden war.
In der Gegenwart wurden dort keine Leichen mehr verbrannt. Kein Rauch wölkte mehr aus den Kaminen, erkaltet stand es in der Nähe des Friedhofs, wo Unkraut und Niederwald eine völlig neue Vegetation gebildet hatten.
Freiwillig besuchte das Krematorium niemand, aber für die Mitglieder der Sekte war es ein idealer Treffpunkt.
Ich trank einen letzten Schluck Kaffee, räumte noch alles weg und kam mir vor wie jemand, der jede Handbewegung doppelt genoß, als wäre es die letzte in seinem Leben.
Dann suchte ich mir die Waffen aus.
Die Pistole vom Kaliber neun Millimeter lag prima in meiner Hand.
Ersatzmunition steckte ich mir ebenfalls ein, verbarg einen Derringer unter der Lederkleidung, verzichtete auch nicht auf ein Messer und legte die Brandbomben in meine Tasche, die ich zuvor mit Watte ausgekleidet hatte.
Es waren selbstgebastelte, tödliche Cocktails, die mir im Notfall den Rückweg sichern würden. Ähnliches hatte ich schon einmal erlebt und wollte nicht darauf verzichten.
So ausgerüstet verließ ich die Wohnung. Mein Haar hatte ich hochgesteckt, der Helm klemmte unter meinem rechten Arm, und ich kam mir draußen vor, als hätte ich eine Geisterwelt betreten. Ich schritt dahin wie durch Watte, die Geräusche vernahm ich nur gedämpft, jede Gestalt, die mir entgegenkam, erinnerte mich an ein Schattenwesen, das gar nicht auf diese Erde gehörte, wobei ich auf die anderen Menschen ebenfalls so wirken mußte. Neben mir schmatzte und gluckerte das Wasser im Kanal. Es fuhren kaum Schiffe. Der Touristenverkehr war eingestellt worden. Wer jetzt noch unterwegs war, gehörte zu den Kennern der Grachten oder fuhr im offiziellen Auftrag.
Meine Maschine stand in dem Schuppen eines Bekannten. Ich schloß die Tür auf und holte die Honda hervor.
Sie war vollgetankt, schimmerte schwarz und bekam schon sehr bald einen feuchten Nebelfilm, der auf dem Metall lag wie eine zweite Haut.
Ich kannte mich zum Glück in der Gegend aus und wußte auch den kürzesten Weg zur Autobahn. Trotzdem war es eine Heidenarbeit, die Zufahrt zu erreichen. Es ging durch dichten Nebel, der alles verzerrte und die Menschen so aussehen ließ wie Tote, die es auf den Friedhöfen nicht mehr ausgehalten hatten.
Die Fahrt strengte mich so sehr an, daß ich bald in Schweiß gebadet war, aber ich gab einfach nicht auf, denn ich mußte immer wieder an mein Ziel denken.
Die Sekte mußte aufgelöst werden, bevor sie neues Unheil anrichten konnte.
Den Weg zum Treffpunkt kannte ich. Er führte mich in Richtung
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