Betula Pendula: Erster Zyklus: Frühling (German Edition)
herausstellte, dass sie ihnen die Haare schneiden würde, zupfte Viktor an Odeds Hose, und als er sich zu ihm hinunterbeugte, flüsterte Viktor alarmiert: „Ich will nicht!“ Oded ging in die Hocke und flüsterte zurück: „Warum nicht?“ Viktor schüttelte entsetzt den Kopf. In dem Moment kam Samuel aus dem hinteren Raum, begrüßte Helena lautstark und umarmte sie alle. Viktor dachte, dass seine Rippen brechen und seine Lungen zerquetscht würden, und ließ sich von Samuels Geruch nach Tabak, Aftershave und Ammoniak einnebeln.
„So ! Was haben wir denn da?“, fragte Samuel. Er wuschelte Viktors Kopf und sagte „Kürzer!“, wuschelte Odeds Haare und sagte: „Kürzer! Willst du Koteletten und den Nacken ab?“, und gerade als er sich zu Helena hinwenden wollte, wedelte sie mit der Hand, setzte sich auf die Couch und blätterte in einem Haar-Katalog. Sie verlangte einen Kaffee und sagte Samuel, dass sie mit ihm etwas besprechen möchte.
„Prima!“ , verkündete Samuel. „Linda kann wunderbar Haare schneiden. Sie macht euch.“ Er ging in die kleine Küche, kam mit einer Thermoskanne und zwei Bechern zurück und setzte sich zu Helena. Viktor zupfte aufgeregt an Odeds Bein, aber in dem Moment kam Linda breit lächelnd auf sie zu und schüttelte einen Umhang wie ein Torero, der dem Stier das rote Tuch hinhält. Viktor kniff Oded ganz fest in den Oberschenkel. Als er zusammenzuckte und zu ihm hinunterblickte, schüttelte Viktor ein letztes Mal ganz verzweifelt den Kopf. „Ach komm, Viktor“, flüsterte Oded, „sie tut nichts. Guck mal, wie hübsch sie ist. Sie ist Samuels Tochter! Sie ist nett“, aber Viktor kniff ihn erneut und flüsterte: „Nein.“
Oded hockte sich erneut hin, packte Viktor an den Schultern und sagte: „ Okay, ich gehe vor. Du schau dir das alles an. Wenn du dann einverstanden bist, dann schneidet sie dir auch die Haare. Wenn nicht, dann können wir fragen, ob Samuel das macht, wenn er mit deiner Mutter fertig ist.“ Samuel und Helena saßen eifrig diskutierend auf der Couch und redeten über irgendwas im Katalog.
„ Okay“, flüsterte Viktor und stellte sich in einigem Abstand zu Oded, der nun auf dem Friseurstuhl. Linda lächelte und redete und hatte stark geschminkte und funkelnde Augen und sehr langes blondes Haar. Oded war auch blond, aber Linda war sehr, sehr blond, es schien so, als ob sie ganz viel Gold in den Haaren hatte, die Strähnen glitzerten und schimmerten, ein paar kleine Schmetterlingsspangen flatterten hin und her, wenn sie sich bewegte. Viktor stellte mit Bedauern fest, dass Oded einen glücklichen Eindruck machte, angeregt mit Linda redete und einen erhitzten Gesichtsausdruck hatte. Linda lachte über etwas, fuhr mit den Fingern durch Odeds Haar, hielt die Spitzen nach oben und schnitt mit der Schere, während sie irgendwas erzählte. Oded erzählte zurück, dann redete Linda wieder, Helena redete mit Samuel, Samuel redete auch, alle erzählten und redeten und waren glücklich.
Viktor wollte nach Hause. Er wusste aber, dass er nirgendwohin kann, denn er konnte nicht einfach rausspazieren, denn Helena und Samuel saßen direkt neben der Eingangstür und er wusste, dass das Badezimmer kein Fenster hatte, die Küche auch nicht. Er ging zu seiner Mutter, wartete , bis sie ihren Satz zu Ende gesprochen hatte, und flüsterte ihr ins Ohr: „Ich will nicht Haare schneiden.“ Sie sah ihn irritiert an und sagte nur: „Schau mal, Oded ist fertig, setz dich dort hin.“
Tatsächlich nahm Linda Oded den Umhang ab und bürstete ihm Schultern und Nacken sauber. Als sie fertig war, strahlte sie Viktor an, machte einen Knicks und breitete die Hände in Richtung des Stuhls aus, als ob sie eine interessante neue Ware anbieten würde.
Viktor atmete tief ein und ging langsam zum Stuhl. Es blieb ihm nichts anderes übrig, also entschied er, dass er sein Schicksal hinnehmen und es durchziehen würde. Er kletterte auf den Stuhl und hielt still, als Linda ihm den Umhang am Hals befestigte.
„So, mein Süßer, wir sc hneiden dir heute die Haaaare!“ Linda fuhr mit ihren Fingern durch seine Haare und schaute sich seinen Kopf von allen Seiten an. Er schaute zu ihr hoch und sie strahlte ihn an, als ob er der tollste Mensch auf der Welt wäre.
Dann sprühte sie seinen Kopf mit Wasser ein, wuschelte seine Haare, kämmte ihn und fing dann an zu schneiden. Sie redete die ganze Zeit und fragte ihn über seine Schule und seine Freunde aus, was Viktor sehr befremdlich fand, aber da
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