Betula Pendula: Erster Zyklus: Frühling (German Edition)
Linda ging in die Knie, umarmte ihn und rief: „Natürlich, mein Schatz! Klar komme ich gerne zu deinem Geburtstag! Wie alt wirst du denn?“ Viktor sagte „Acht“, und sie sagte: „Oh mein Gott, du bist schon soooo ein großer Junge! Ich freu mich!“ Oded bemerkte lässig: „Hey, dann sehen wir uns dann, cool!“
Als sie im Auto waren, mussten sie wieder alle Fenster schließen, aber Viktor was das egal. Er schaute sich die vorbeiziehende Landschaft an und träumte von seinem Geburtstag und von all den Leuten, die kommen werden und ihm vielleicht Geschenke bringen. Oded schaute verträumt und grinsend auf die Straße. Helena schaute entsetzt auf eine Seite in ihrem dicken Notizbuch und schrieb mit einem Bleistift ein paar Zahlen hin. Sie waren unterwegs nach Salix Alba, um Opa Gideon zu besuchen. Opa, Helenas Vater, lebte dort in einem kleinen Häuschen neben einem Rapsfeld. Viktor wusste noch nicht, ob er Opa Gideon sehr mochte oder nur ein wenig mochte, aber er war der Vater seiner Mutter, also war es eigentlich selbstverständlich, dass er gemocht werden musste.
Sie saßen auf Opas Terrasse, tranken Limonade, Oded und Opa rauchten und Opa und Helena redeten über irgendetwas Langweiliges. Irgendwann horchte Viktor auf, weil er das Wort „Witz“ verstand. Opa war gerade dabei , einen Witz zu erzählen:
Ein junger Mann ist in Amerika und arbeitet dort, sein alter Vater lebt im Irak. Der Sohn schreibt dem Vater eine Postkarte, darauf steht:
„Hey Papa, ich bin hier gut angekommen. Hier ist alles toll und aufregend! Wie geht es dir?“
Der Vater schreibt eine Postkarte zurück:
„Hallo Sohn, hier ist alles beim Alten. Mir geht es gut, ich habe immer noch Probleme mit den Knien, sie tun weh und ich kann nicht mehr im Garten arbeiten, obwohl ich endlich mal wieder den Garten wegen dem vielen Unkraut umpflügen müsste.“
Der Sohn schreibt dann:
„Hey Papa, geh in den Garten und grabe an der von uns besprochenen Stelle, da findest du eine Kiste Geld und die Bombe. Du weißt , was zu tun ist.“
Ein paar Wochen später kommt eine Postkarte vom Vater an:
„Sohn, ich versteh nicht, was los ist! Die CIA und Interpol waren hier und haben meinen kompletten Garten umgegraben!“
Der Sohn schreibt zurück:
„Gern geschehen!“
Mikrospore
Am nächsten Abend kam Cristobal mit seinem Rucksack vorbei, er flog langsam und schwerfällig, ließ sich auf das Bett fallen und blieb ein paar Minuten keuchend liegen, bis er wieder zu Atem kam.
„Ich bin noch klein, meine Muskeln sind noch nicht so ausgeprägt“, rechtfertigte er sich dann. „Und der Rucksack ist schwer, ich war so aufgeregt, dass wir Hausaufgaben machen, dass ich einfach alle Bücher, die ich hatte, eingepackt habe.“
Viktor saß auf dem Bett und hatte seine ganzen Schulbücher um sich ausgebreitet.
„Was hast du als Hausaufgaben?“, fragte Viktor.
Cristobal nahm feierlich sein Hausaufgabenheft heraus und schaute nach. „Viertes Kapitel von TGJ zusammenfassen. Die drei Aufgaben auf Seite 57 von ‚ Anatomie der Reptilien’ machen. Das 15. Jahrhundert der Geschichte der Vögel zusammenfassen. Und Hanteltraining.“ Er nahm zwei Hanteln aus seinem Rucksack. „Ich muss auf 100 kommen bis zur nächsten KK-Stunde!“
„Was ist KK?“, fragte Viktor.
„Körperliche Kondition.“
„Und TGJ?“
„Theoretische Grundlagen der Jurisprudenz.“
„Ist KK wie Sport?“
„Nein, Sport ist zum Spaß, da spielen wir Ball oder so. KK ist richtiges Training und du bekommst Ärger, wenn du die Aufgaben nicht schaffst. Wer bei KK durchfällt, der darf nicht mehr zur Schule!“
Viktor nickte.
„Ich mache immer die schriftlichen Hausaufgaben zuerst und dann erst mein KK-Training, denn nach den Hanteln bin ich immer so müde.“
„Wie viel kann der Beste machen? Wie oft Hanteln heben?“, fragte Viktor.
„Um deinen Abschluss zu machen, musst du auf 3000 kommen. Aber der Rekord liegt bei 4200, glaub ich.“
Viktor war beeindruckt.
Dann machten sie Hausaufgaben. Viktor hatte an dem Abend keine Hausaufgaben mehr. Aber da Hausaufgabenmachen zum Beste-Freunde-Deal dazugehörte, tat Viktor so, als ob er beschäftigt wäre, und wiederholte noch mal alles. Cristobal jammerte immer wieder auf. Er hatte Probleme mit den theoretischen Grundlagen der Jurisprudenz, aber Viktor konnte ihm da auch nicht helfen. Er hatte, trotz ausführlicher Erklärung von Cristobal, immer noch nicht verstanden, was Jurisprudenz
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