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Betula Pendula: Erster Zyklus: Frühling (German Edition)

Betula Pendula: Erster Zyklus: Frühling (German Edition)

Titel: Betula Pendula: Erster Zyklus: Frühling (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Kassem
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Getränkekisten brauchen wir nicht, wir nehmen die Flaschen raus und legen sie unter d ie Sitze“, sagte Helena. Oded klatschte sich an die Stirn und lachte.
    „Viktor, Luft rauslassen“, sagte Helena.
    Viktor bückte sich und ließ schnell die Luft aus seinem Schwimmreifen.
    „Du fährst mit seinem Auto“, sagte sie zu Immanuel, „und du nimmst mich vorne mit. Hinten sitzen alle kleinen dünnen Leute: Viktor, Gem, Hala, Andala und Hamid. Oded fährt das andere Auto, Vater sitzt bei ihm vorne, hinten sitzen Donna, Malek und Maricel.“
    „Bei mir sitzen fünf Leute auf der Rückbank?“, fragte er erschrocken.
    „Ja, sie sind alle sehr dünn, sie passen rein.“
    „Aber da sind nur drei Sitze und drei Sicherheitsgurte!“
    „Viktor und Hala teilen sich einen Gurt, Hamid sitzt in der Mitte. Und dann Andala und Gem, sie werden sich auch einen Gurt teilen.“
    Malek und Andala wollten zusammen in einem Auto sitzen, Viktor und Gem wollten sich einen Gurt teilen, und Hala wollte bei ihrer Mutter sitzen. Aber alle Einsprüche verstummten , als Helena „Wir fahren, alle rein!“ verkündete.
    Die dünnen kleinen Leute quetschten sich gemäß Helenas Anweisungen in Immanuels Auto. Viktor wurde ganz an die Scheibe gedrückt, die kleine Hala schien in den ganzen Gliedmaßen unterzugehen, Hamid hatte beide Ellenbogen vor die Brust verrenkt, und Gem saß halb auf Andala und halb auf Hamid. Im anderen Auto reckte Oded den Daumen hoch.
    Sie fuhren am Reconquista vorbei, Rocco, der den Weg vor der Bar fegte, winkte ihnen zu. 
    Als sie in die Pazifikstraße hineinbogen, flüsterte Hala zu Viktor: „Ich muss Pipi.“ Er flüsterte zurück: „Ich auch!“, aber sie trauten sich nichts zu sagen.
    Sie fuhren an den Feldern und am Zirkus vorbei. Mehrere kleine Zelte waren aufgebaut, und das Gerüst des Hauptzeltes streckte sein eisernes Skelett in den Himmel. Auf der Schnellstraße kurbelte Helena die Fenster hoch, schaltete die Klimaanlage an und suchte im Radio nach einem Sender. Sie drehte das Rädchen von Anfang bis Ende und wieder zurück, blieb dann bei einem Sender stehen, der „Somewhere over the Rainbow“ von Kamakawiwo’ole spielte. Viktor kannte das Lied, er hatte mal das Bild von Kamakawiwo’ole auf einer Platte gesehen. Viktor fand ihn gruselig. Aber dann hatte Oded ihm erzählt, dass Izzy sehr nett und talentiert und tot war, dann mochte Viktor die Lieder.
    Immanuel und Helena redeten über irgendwas Langweiliges, Hamid und Andala redeten über etwas, das noch langweiliger war, Gem saß eingequetscht zwischen den beiden, und Viktor konnte ihn gar nicht sehen, er konnte sich noch nicht einmal nach vorne beugen. Hala lugte über Viktors Schulter und versuchte, nach draußen zu schauen, konnte aber nicht viel sehen, weil Viktor größer war als sie. Also lehnte sich Viktor zurück und drückte sich in den Sitz, Hala lehnte sich ein wenig nach vorne, lächelte ihn dankbar an und schaute nach draußen.
    Viktor betrachtete Halas Gesicht. Sie hatte dieselbe goldenbraune Hautfarbe wie Maricel, Gem, Donna und Andala. Vermutlich hatten alle Leute auf den Philippinen solch eine Haut. Viktor hatte im Kinderlexikon die Philippinen nachgeschlagen und war entsetzt gewesen, als er las, dass es ein kaputtes Land war. Es war total kaputt, ganz zerbrochen und zerfleddert. Es gab einen großen Teil oben, einen kleinen Teil unten und in der Mitte war es auseinandergebrochen und bestand aus ganz vielen kleinen Scherben. Er lief dann schnell ins Wohnzimmer, holte den Atlas und schaute sich eine vergrößerte Karte an. Er wusste, dass die philippinischen Mitarbeiter aus Quezon City kamen, und er fand die Stadt auf der Karte. Wie es aussah, schien Quezon City auf einem Teil des Landes zu liegen, der auch bald abbrechen würde. Kein Wunder, dass alle Mitarbeiter die Philippinen verließen und nach Hedera Helix kamen. Viktor hatte sich dann auch Bahrain angeschaut, um zu prüfen, ob dort alles in Ordnung war. Leider musste er feststellen, dass Bahrain eine Insel war, und Inseln fand Viktor gruselig. Inseln mit ihrem vielen Wasser waren eine suspekte Angelegenheit. Falls man mal weglaufen will, dann kann man nicht weglaufen, dann muss man ins Meer und ertrinkt dann, oder man wird von den Haien gefressen. Oder von Krokodilen. Bahrain schien auch an den Rändern zu zerfleddern und auseinanderzubrechen, und Viktor verstand dann, warum Hamid und Malek nach Hedera Helix gekommen waren. Viktor hatte dann noch einmal sicherheitshalber

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