Beuteschema: Thriller (German Edition)
Maggie sich wohlfühlte und ihr vertraute. Bring sie dazu, von sich zu erzählen.
» Wissen Sie, wir können uns noch ein wenig unterhalten, bevor ich wieder hineinmuss«, sagte sie. » Ich könnte eine Pause vertragen.« Claire lächelte Maggie an und bemerkte, dass Maggies Pferdeschwanz feucht und gekräuselt vom Regen war. » Was hat Sie dazu gebracht, Polizistin zu werden?«
» Ich wollte gerade einen Abschluss in Buchhaltung machen, als mich eine Freundin anstachelte, die Polizeiprüfung abzulegen. Ich bin hingegangen und habe mit Bravour bestanden, ohne auch nur dafür zu lernen«, sagte Maggie und zuckte mit den Schultern. » Da wurde mir klar, dass ich mein Leben nicht mit Zahlenkolonnen verbringen will.« Sie hielt inne. » Wie war das bei Ihnen?«, fragte sie dann. » Wann wussten Sie, dass Sie Psychiaterin werden wollen?«
» Ich wusste es immer schon«, sagte Claire. » Ich höre mir gern die Geschichten von Menschen an und helfe ihnen, daraus schlau zu werden.«
» Ich auch«, sagte Maggie. » Wir haben vermutlich einiges gemeinsam– allerdings helfe ich den Opfern und Sie den Tätern.«
» Nicht immer«, erinnerte Claire. » Staatsanwälte setzen ebenfalls Psychiater ein.«
Es gab ein kurzes, verlegenes Schweigen zwischen ihnen, interpunktiert vom Prasseln des Regens.
» Kann ich Ihnen etwas wie ein Abendessen bringen?«, fragte Maggie.
» Es ist schon schlimm genug, dass Sie mich bewachen müssen«, sagte Claire. » Ich werde Sie nicht auch noch zu meinem Laufmädchen machen. Abgesehen davon bin ich zu müde, um zu essen.«
» Ich bin am Verhungern«, sagte Maggie. » Ich hole mir rasch eine Pizza in dem Laden um die Ecke und bin gleich wieder da.«
Maggie und Nick waren zu dem Schluss gekommen, dass Todd Quimby viel zu schlau war, um sich noch einmal im Manhattan City Hospital blicken zu lassen, und selbst wenn er es täte, würde er durch den Haupteingang kommen müssen. Claire war froh, dass sie es mit der Bewachung nicht übertrieben. Vor allem heute Abend.
» Es wird spät werden«, sagte sie.
» Ich lasse den Taxameter laufen«, witzelte Maggie. » Rufen Sie mich auf dem Handy an, wenn Sie so weit sind.«
» Danke«, sagte Claire, stieg aus dem Wagen und spannte ihren Schirm auf. Sie lief zurück ins Krankenhaus und blieb unmittelbar hinter dem Eingang stehen. Sie schüttelte das Wasser von ihrem Schirm, während sie Maggie losfahren und um die Ecke verschwinden sah.
Dann verließ sie das Krankenhaus wieder und rannte zu einem Taxi, aus dem gerade ein Mann ausstieg.
Sie nahm auf dem Rücksitz Platz, ehe er die Tür schließen konnte, und das Taxi fuhr davon.
15
Nick schreckte hoch, seine Augenlider waren offen, aber er sah nichts. Für einen kurzen Moment überfiel ihn Entsetzen, bis er sich erinnerte, dass er sich in dem fensterlosen Raum im Revier befand, wo er sich ein paar Stunden dringend benötigten Schlaf gegönnt hatte.
Er tastete nach dem Knopf, der seine Uhr beleuchtete. Die Zahlen auf dem Ziffernblatt wurden langsam scharf. 21.17 Uhr. Verdammt. Er setzte sich ruckartig auf– und stieß mit dem Kopf prompt an die obere Etage des Stockbetts, in dem er lag.
Nick rieb sich den Kopf und schwang die Beine aus dem Bett. Er schüttelte die stetig zunehmende Steifheit der mittleren Jahre ab und verfluchte die Stadt New York, weil sie die besten Detectives der Welt zwang, ihr Nickerchen auf scheußlichen Pritschen zu halten, die sie ohne Frage mindestens ein Jahrzehnt vor Nicks Geburt in einem namenlosen Billigkaufhaus gekauft hatten. Er atmete die abgestandene Luft ein und spürte eine leise Panik in sich aufsteigen. Als er vor einem Jahr das letzte Mal hier gewesen war, hatte er die Umrisse der Betten in dem Licht erkannt, das unter der Tür durchfiel. Heute sah er nur Schwärze.
Er bewegte sich vorsichtig in dem dunklen Raum, der nicht größer als ein Schrank war. Tatsächlich glaubte Nick, dass es ein Schrank gewesen war, ehe man ihn zum » Ruheraum« des Reviers beförderte. Er streifte seine Trainingshose ab, zog Jeans, Unterhemd und Pullover an und schnürte seine schwarzen Turnschuhe. Sein üblicher Anzug war heute Nacht nicht nötig. Heute Nacht würde er auf die Jagd gehen.
In den achtundvierzig Stunden, seit man Tammy Sorensons Leiche auf dem Home Plate des De Witt Clinton Parks gefunden hatte, war Todd Quimby zum gefürchtetsten Verbrecher New Yorks seit David Berkowitz geworden, dem berüchtigten Serienmörder » Son of Sam«, der fünfunddreißig Jahre zuvor
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