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Beutewelt 03 - Organisierte Wut

Beutewelt 03 - Organisierte Wut

Titel: Beutewelt 03 - Organisierte Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Merow
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Demonstration nichts zu suchen. Ich habe der Polizei versprochen, dass alles friedlich verläuft und ihr solltet dafür dankbar sein!“, schärfte Tschistokjow seinen Mitstreitern an diesem Tage wieder und wieder ein.

    „Das war ein unfassbarer Erfolg, glaubt ihr nicht auch?“, rief Wilden freudestrahlend aus. Die Gruppe junger Männer, welche mit ihm an diesem sonnigen Tag über den Dorfplatz von Ivas schlenderte, stimmte ihm zu. Allerdings begriffen einige die ganze Tragweite der Sache noch nicht richtig. Doch wie immer dozierte das Oberhaupt der Dorfgemeinschaft munter drauf los und versuchte bei seinen Schilderungen der politischen Lage kein Detail auszulassen.
    „An Stelle eines blutigen Straßenkampfes haben die weißrussischen Polizisten mit uns kooperiert“, sagte Frank.
    „Das halte ich jetzt für übertrieben! Kooperiert? Naja, sie hatten halt auch keine Lust auf Mord und Totschlag – genau so wenig wie wir!“, schob Alf ein.
    „Jedenfalls zeigten einige von ihnen eine gewisse Sympathie mit uns“, warf Sven in die Runde.
    Kohlhaas blickte zu Wilden herüber. „Das System hat den Schwanz eingezogen. Es hat sich nicht auf einen Kampf eingelassen – und das in einer so großen und wichtigen Stadt wie Grodno. Das ist ohne Zweifel ein enormer Erfolg und zeigt, wie stark wir mittlerweile geworden sind!“
    „Frank hat Recht! Ich habe es mit Artur auch schon besprochen. Wir werden uns jetzt in den ländlichen Regionen festsetzen, Strukturen ausbauen und bewaffnete Trupps in jedem Dorf und jeder Kleinstadt rekrutieren. Dort werden sie uns so leicht nicht mehr aufhalten, wenn es soweit ist“, tönte der Dorfchef.
    „Wenn was soweit ist?“, fragte einer der Jüngeren.
    „Na, der große Tag! Wenn die Regierung in Minsk den Geist aufgibt“, erklärte ihm Frank mit Nachdruck.
    Die Gruppe setzte sich in das Cafe des Belgiers Steffen deVries, welchem bei so viel Kundschaft fast die Augen überquollen. Hastig eilte der korpulente Mann herbei und nahm die Bestellungen auf.
    „Cafehausrevoluzzer sind wir heute!“, scherzte Wilden. Einige der anderen warfen ihm fragende Blicke zu. Der ältere Herr lachte laut auf und winkte dann ab.
    „Schon gut, Leute! Kleiner Scherz!“, sprach er, rieb sich die Hände und labte sich an einem leckeren Milchshake. Der schmeckte bei Steffen deVries besonders gut.

    Die Medien im Verwaltungssektor „Europa-Ost“ berichteten fast überhaupt nicht von der gewaltigen Demonstration in Grodno. In einigen Nachrichtensendungen wurde der Protestmarsch nur in einem Nebensatz erwähnt. Im Fernsehen sprachen sie von „einigen hundert politischen Wirrköpfen“ und gingen nicht weiter auf die Sache ein.
    Derweil rollten in den folgenden Tagen bei der Polizei in Grodno die Köpfe. Der Einsatzleiter und sein gesamter Stab wurden wegen Befehlsverweigerung aus dem Staatsdienst entfernt und ihre Scanchips auf unbestimmte Zeit gesperrt. Den einen oder anderen gewöhnlichen Polizisten traf es auch, was bei vielen Beamten zu lautem Protest führte. Die GSA, welche sich bisher kaum um Weißrussland gekümmert hatte und an anderen Orten der Welt dafür unermüdlich im Einsatz war, schickte eine kleine Sondertruppe nach Minsk, welche das Verhalten der Polizei analysieren und überwachen sollte.
    Vermutlich rechneten die Mächtigen in absehbarer Zeit offenbar nicht mit ernsthaften Unruhen in dem kleinen osteuropäischen Land, dessen Einwohnerzahl kaum das Dutzend an Millionen voll machte. Weitere GCF-Besatzungstruppen wurden jedenfalls nicht nach Weißrussland verlegt, denn sie wurden an anderen Orten der Welt wesentlich dringender gebraucht.
    Sorgen bereiteten der GSA eher Russland und die Ukraine, wo sich Armut und Unmut ebenfalls wie eine Seuche ausbreiteten und irgendwann explosiv werden konnten.
    Während in Russland die kleinen, rebellischen Untergrundbewegungen keine nennenswerte Rolle spielten und hoffnungslos zersplittert waren, hatte Artur Tschistokjow sie in Weißrussland und Litauen mittlerweile zu einer schlagkräftigen Bewegung geformt. Scheinbar hielt man den rastlosen Rebellenführer jedoch für weniger gefährlich als er sich selbst. Aber vielleicht war gerade diese Tatsache sein großer Vorteil.

    Es war ein fantastischer Abend. Das Jahr 2035 zeigte sich, zumindest was das Wetter betraf, von seiner schönsten Seite. Frank und Alfred waren vor zwei Tagen wieder nach Ivas zurückgekehrt, nachdem sie sich mit Tschistokjow und weiteren Mitgliedern seiner Organisation in Slonim

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