Beutewelt 04 - Die Gegenrevolution
immer in seinen blonden Haaren.
Die beiden harten Kerle hatten wie die Kinder geweint, als sie ihn so sahen und kaum mehr ein Wort über die Lippen gebracht. Sie strichen ihm ein letztes Mal über den Kopf und dankten ihm für die vielen frohen Stunden, die er ihnen geschenkt hatte. Eine gute Fahrt zur anderen Seite, wo die Ahnen auf ihn warteten, wünschten sie ihm noch. Dann war der Sarg geschlossen geworden.
Thorsten Wilden hielt die Trauerrede vor der versammelten Dorfgemeinschaft, seltsam stockend und immer wieder von Tränen unterbrochen. So kannten ihn die meisten nicht.
Schweigend ging der endlose Zug der Trauernden durch die Straßen von Ivas und immer wieder unterbrach ein leises Weinen die grausame Stille. Frank und Alfred warfen eine Schaufel Erde auf den Sarg des guten Freundes, dann gingen sie heim. Mit gesenkten Häuptern, zu Tode betrübt.
„Ohne Sven wären wir beide in „Big Eye“ verreckt“, murmelte Frank und wandte seinen Blick Alf zu.
Der Hüne nickte lediglich und versuchte seine Tränen vor seinem Freund zu verbergen. Schweigend lief er voraus und Kohlhaas trottete ihm langsam hinterher.
Julia gab ihr Bestes, um Frank und Alfred zu beruhigen. Die beiden sprachen seit Tagen von nichts anderem mehr als von blutiger Vergeltung.
„Das bringt uns Sven auch nicht zurück!“, sagte sie immer wieder, doch die Geister der zwei Rebellen waren mittlerweile von der Gier nach Rache besessen.
Gelegenheiten zum Blutvergießen sollten die zwei allerdings noch reichlich bekommen und besonders weise waren ihre ständigen Anfälle von Trauer und Wut auch nicht, aber das war nun einmal ihre Art, mit dem Tod ihres besten Freundes fertig zu werden.
„Sein Opfer darf nicht umsonst gewesen sein!“, hämmerte sich Kohlhaas immer wieder ein, doch diese Phrase konnte seine Verzweiflung kaum lindern.
Mitte November kehrten die Rebellen nach Weißrussland zurück. Julia Wilden reiste mit und verbrachte zusammen mit ihnen einige Tage in Minsk.
Frank bat sie mehrfach, endlich auch in die Hauptstadt Weißrusslands zu ziehen und die junge Frau versprach ihm, es sich zu überlegen. Er wünschte sich ihre Nähe so sehr, doch Julias Sorgen um ihn waren berechtigt und Kohlhaas wusste tief in seinem Inneren auch, dass sie mit vielen ihrer bösen Vorahnungen richtig lag.
Indes wartete der politische Kampf in Russland und der Gegner rückte immer weiter vor. General Kohlhaas zog erneut seine Uniform an, biss die Zähne zusammen und machte weiter.
Etwa 8.000 Anhänger Tschistokjows zogen in den folgenden Tagen durch die Straßen von Kursk und demonstrierten ihre Macht. Es gab zwar wieder einige Auseinandersetzungen mit den dortigen Kollektivisten, aber insgesamt konnten die Rus nicht von ihren Kundgebungen abgehalten werden.
Wenig später kamen Frank und Alfred mit den Warägern in die Großstadt und verhafteten in einer Blitzaktion einige kollektivistische Agitatoren, die sie nach Weißrussland in ein Gefängnis brachten.
Anschließend kehrten sie zurück und beschützten ihre Mitstreiter bei den Werbeaktionen im Norden der Ukraine. In der Nähe von Cernihiv kam es zu einem kurzen Schusswechsel mit einer Gruppe KKG-Männer, ansonsten verlief alles ruhig.
Die Weltregierung hatte mittlerweile so gut wie alle GCF-Verbände aus Russland abgezogen und vor allem in den Nahen Osten, den Iran und andere Regionen verlegt. Die Kollektivisten hatten nun vollkommen freie Hand. Ihre KKG-Trupps ersetzten die entwaffnete russische Polizei in den von der KVSG kontrollierten Regionen und Uljanins bewaffnete Anhänger setzten ihre neue Ordnung mit allen Mitteln durch.
Eine umfassende Liquidierungswelle, der Tausende von missliebigen Personen zum Opfer fielen, erschütterte zuerst den Osten Russlands und es kam zu Zwangsenteignungen in großem Stil.
„Aller Besitz wird in die Hände des Volkes überführt!“, tönte Vitali Uljanin. Das bedeutete allerdings in Wirklichkeit, die Überführung allen Vermögens in die Hände der neuen Machthaber.
Die Großbanken selbst wurden von den Kollektivisten in Ruhe gelassen und nur auf dem Papier verstaatlicht. Die alten Besitzer, die selbst Mitglieder der Logen waren, verblieben in ihren Positionen. Der Führer der kollektivistischen Bewegung offenbarte derweil immer mehr seine großen und zerstörerischen Pläne für Russland. Unter anderem galt es, die Reste der alten Kultur des Landes vollständig zu vernichten und so begannen seine Anhänger auch gegen historische Bauwerke und
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