Beutewelt 05 - Bürgerkrieg 2038
verweigern?“, schrie der KVSG-Chef und schob seine Augenbrauen drohend nach unten.
„Nein, natürlich nicht, Herr Kollektivgenosse!“, stockte der schwarz-rote Offizier, angestrengt nach Luft ringend.
„Dann tun Sie, was ich Ihnen sage!“, donnerte Uljanin, während der General wie ein erschrockenes Kaninchen zusammenzuckte. „Morgen um 12.00 Uhr mittags beginnt unser Atomschlag!“
„Jawohl!“, stotterte der General. Uljanin schüttelte den Kopf und ließ seinen Untergebenen einfach auf dem Gang stehen.
Bis in die frühen Morgenstunden des 03. Mai 2041 tobten die Kämpfe zwischen den Grunts und den Wachsoldaten der kollektivistischen Armee um den Atomraketenstützpunkt Orjol in Sibirien. Dann war der Widerstand durch die Elitesoldaten der GCF endlich gebrochen und der Stützpunkt eingenommen worden.
Die gepanzerten Soldaten des Weltverbundes hatten ihren Auftrag erfüllt und alles Leben auf der Basis ausgelöscht. Hunderte von Zwangsarbeitern, die das Pech gehabt hatten, noch am Ausbau Orjols mitarbeiten zu müssen, waren von den Grunts in ihren Schlafbaracken überfallen und abgeschlachtet worden. Das Gleiche hatte für die vollkommen überraschten Wachtrupps der schwarz-roten Armee gegolten, welche sich verzweifelt gegen den überlegenen Gegner zur Wehr gesetzt hatten und bis auf den letzten Mann gefallen waren.
Als Vitali Uljanin persönlich den Befehl zum Abschuss der furchtbaren Massenvernichtungswaffen geben wollte, musste er feststellen, dass der Kontakt nach Orjol abgebrochen war. Vollkommen verwirrt und überfordert sank der Kopf der schwarz-roten Revolution in seinen Schreibtischsessel zurück. Er wusste nicht, wie er auf das unvorhergesehene Ereignis reagieren sollte. Nach einigen Minuten kam er jedoch wieder halbwegs zur Besinnung und begann mit wilden Spekulationen bezüglich der Ursache dieses enormen Rückschlages.
Hatten die Rus den Stützpunkt zerstört? Oder gar die Japaner, die noch immer einige Truppen im Süden Sibiriens stationiert hatten?
Schließlich dämmerte es dem spitzbärtigen Mann, dass es auch noch eine dritte Möglichkeit geben konnte, nämlich jene, dass die Logenbrüder selbst seine atomaren Pläne vereitelt hatten.
Und damit lag Vitali Uljanin richtig. Jetzt hatten sie ihn endgültig fallen lassen und ihn auf die schlimmstmögliche Weise für seine Eigensinnigkeit und den ständigen Ungehorsam bestraft. Seine wichtigste Trumpfkarte hatte sich auf einen Schlag wie eine zerplatzte Seifenblase aufgelöst.
„Ich hätte den Rat der 13 nicht herausfordern sollen!“, stöhnte Uljanin und spürte, wie ihm die Luft wegblieb. Doch es war zu spät. Das oberste Gremium der weltweiten Logenorganisation hatte ihn als Ketzer gebrandmarkt und verstoßen. Nun ließen die Weisen ihren abtrünnigen Bruder allein.
Frank war derweil nach Ivas zurückgekehrt und hatte für eine Woche die Führung über die Warägergarde an seinen Stellvertreter abgegeben. Erschöpft erreichte er sein Heimatdorf in Litauen und musste mit Wehmut feststellen, dass sein Sohn Friedrich in seiner Abwesenheit bereits Sprechen gelernt hatte. Auch Julia erschien ihm fremd und er hatte Mühe, seinen Kopf in dieser spärlichen Erholungszeit von den schrecklichen Fronterlebnissen frei zu bekommen. Als ihn der kleine Friedrich mit „Hallo, Frank!“ begrüßte, schossen ihm die Tränen in die Augen und er dankte Gott einmal mehr für dieses großartige Geschenk in seinem ansonsten so harten und freudlosen Leben.
Derweil eroberte die Volksarmee die wichtige Industriestadt Charkow in der Ukraine, da zahlreiche kollektivistische Soldaten der schwarz-roten Fahne untreu geworden waren und nun sogar zu den Rus überliefen. Schließlich gelang es Tschistokjows erschöpften und stark dezimierten Truppen auch, Voronezh einzunehmen und den Gegner weiter zu schwächen.
Uljanins Macht zerbröckelte inzwischen mit jedem Tag ein wenig mehr und in der ersten Maiwoche des Jahres 2041 erschütterten erneut Hungeraufstände Moskau und Rjazan, welche die KKG trotz brutaler Mittel kaum noch unter Kontrolle bringen konnte.
Dass Minsk, St. Petersburg und viele andere Städte in Russland und dem Baltikum um Haaresbreite der Vernichtung entgangen waren, wussten Artur Tschistokjow und sein Kabinett bisher noch nicht.
Auf sarkastische Weise hatten es die Rus der Machtgier der obersten Logenbrüder zu verdanken, dass die nukleare Katastrophe lediglich ein Plan im Kopfe Uljanins geblieben und nicht zur schrecklichen Realität
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