Beutewelt 05 - Bürgerkrieg 2038
werden wir diesen Krieg für uns entscheiden!“, dröhnte Artur Tschistokjows Stimme aus riesigen Lautsprechern über die weite Ebene.
Zehntausende Volksarmisten und Waräger hatten sich in Reih und Glied formiert und lauschten gebannt den Worten ihres Anführers. Der blonde Rebell aus Weißrussland redete sich in Rage, gestikulierte, versuchte mit aller Kraft den Kampfgeist seiner Soldaten zu stärken. Er rief ihnen Mut zu und versprach, dass die alles entscheidende Offensive gegen Moskau Uljanin zu Fall bringen und Russland endlich frei machen würde.
Viele seiner Soldaten hatten Mühe, sich still und diszipliniert zu verhalten. Sie wirkten eher wie junge Fohlen vor einem großen Rennen. Tschistokjows Stimme, seine die Emotionen aufwühlende Predigt von einem neuen, besseren Morgen, durchfuhr ihre Körper und Seelen und ließ ihr Blut in Wallung geraten. Hier, auf einer großen Ebene östlich der Stadt Tula, hatte sich eine gewaltige Masse von grau uniformierten Kriegern unter der brennenden Mittagssonne versammelt. Die in großen, eckigen Formationen aufgestellten Truppen bildeten ein beeindruckendes Bild der Stärke und bedeckten das weite Feld bis zum Horizont wie ein gigantisches Schachbrettmuster.
Artur Tschistokjow schien bei seiner Rede fast in Ekstase zu verfallen und seine Augen strahlten wie der helle Sommerhimmel selbst, als er wieder und wieder den nahenden Sieg verkündete.
Vorgestern hatte er Weißrussland verlassen und war selbst an die Front gekommen, um sich seinen jubelnden Soldaten zu zeigen. Heute war er mehr denn je ein Heerführer, ein gefeierter Feldherr, vor seinen heißblütigen Kriegern, die endlich auf eine Entscheidung in diesem zermürbenden Bürgerkrieg drängten.
„Morgen beginnt der Anfang vom Ende unserer Feinde und die Geburtswehen der russischen Freiheit werden einsetzen! Seid noch einmal tapfer, meine Soldaten, denn jetzt gilt es, das Nest des Gegners auszuräuchern! Blutet noch ein letztes Mal für die Errettung unseres Volkes, auf dass unser Vaterland wieder auferstehen und leben kann und Frau und Kind eine Zukunft haben!“, schrie Tschistokjow, die Arme weit ausbreitend. Ein schallender Kriegsruf aus ungezählten Kehlen brauste dem sonnendurchfluteten Himmel als Antwort entgegen.
„Tod dem Kollektivismus! Tod den Propheten der Lüge! Tod den Feinden Russlands! Tod den Vergiftern unseres Volkes!“
Abertausende Soldaten wiederholten seine Worte und der gewaltige Chor ihrer Stimmen ließ die Erde wie der Hammerschlag eines wütenden Donnergottes erbeben. Artur Tschistokjow riss seine Fäuste in die Höhe und sah stolz auf sein riesiges Heer hinab.
„Russland! Russland! Russland! Russland!“, brüllte er so laut er konnte.
Jetzt gab es für seine Soldaten kein Halten mehr. Tausende von Fäusten fuhren ebenfalls fast synchron in die Höhe, Drachenkopf- und Russlandfahnen wurden geschwenkt und Salutschüsse ratterten dazwischen durch das kolossale Menschenmeer. Bäumer klopfte Frank mit einem kampfeslustigen Lächeln auf die Schulter.
„Noch ein letztes Mal bluten! Ich glaube das zwar nicht, aber was soll’s! Wir werden Uljanin jedenfalls in den Arsch treten“, knurrte Kohlhaas und grinste zurück.
„Sie kommen tatsächlich …“, brummte Uljanin und tippte sich durch die neuesten E-Mails, welche ihm fast im Minutentakt neue Berichte von der Front überbrachten.
Der Kollektivistenführer war in den letzten Tagen immer gereizter und misstrauischer geworden, obwohl er sich noch immer nicht vorstellen konnte, dass die Rus es wirklich wagen würden, Moskau zu belagern.
Die riesige Metropole war voll mit schwarz-roten Soldaten, die sich in gut befestigten Stellungen befanden und der Volksarmee einen blutigen Empfang bereiten würden. Allerdings fehlte es auch hier mittlerweile an notwendigem Kriegsmaterial, etwa Panzern oder Flugzeugen. Zu groß waren die Ausfälle in den letzten Monaten gewesen und da keine neuen Tanks und Bomber mehr von der GCF zur Verfügung gestellt wurden, hatte das kollektivistische Oberkommando kaum eine andere Wahl, als Massen von Soldaten an ihre Stelle treten zu lassen.
„Diese verdammten Schweine!“, zeterte der KVSG-Chef und meinte damit weniger die Rus, sondern seine eigenen Logenbrüder, die ihm die Unterstützung entzogen hatten.
Uljanin kochte wie ein brodelnder Teekessel, je mehr er über diese Tatsache nachdachte. Die hohen Herren des Rates hatten den Großen Plan verraten, indem sie die stärkste Waffe zur Vernichtung der
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