Beutewelt 06 - Friedensdämmerung
wie es Frank widerfahren war.
Nachdem Ludwig Orthmann seine entbehrungsreiche Haftzeit hinter sich gelassen hatte und ihm eine Holozellenumerziehung erspart geblieben war, hatte er einige Monate lang versucht, wieder ein „normaler Bürger“ des Weltstaates zu werden.
Doch als ehemaliger Häftling mit zahllosen Negativeinträgen in seinem Scanchipregister hatte er keine Arbeit mehr gefunden. So hatte der Geächtete auf Kosten seiner völlig verarmten Eltern leben müssen. Schließlich war es ihm im verschneiten Januar des Jahres 2045 jedoch gelungen, aus dem Sektor Europa-Mitte nach Weißrussland zu fliehen. Orthmann war einer von vielen in dieser Zeit und sein Schicksal zeigte, dass das enge Netz aus Bespitzelung und Überwachung jeden politischen Widerstand in Europa-Mitte nach wie vor unmöglich erscheinen ließ.
„Hoffentlich klappt das alles…“, murmelte Bäumer leise und sah zu Frank herüber.
„Was meinst du denn jetzt?“, fragte dieser.
„Na, das mit dem Baby. Svetlana hat einen kleinen Bauch bekommen.“
„He, he! Und ich dachte, dass du die neuen Rüstungen meinst, die heute ausgeliefert werden.“
„Ja, das auch. Meinst du, dass das alles klappt?“
„Alf, ich denke schon, aber ich bin doch kein Frauenarzt.“
„Ich wäre so gerne Papa.“
„Das wird schon, alter Junge!“
Plötzlich kam ein Feldwebel über den Kasernenhof gerannt, er machte vor General Kohlhaas Meldung.
„Die Lastwagen sind mit Hunderten von Ferroplastinrüstungen eingetroffen. Ich schicke die Männer jetzt los, damit sie beim Entladen helfen können!“, rief der Russe.
„Gut! Tun sie das! In zwei Stunden möchte ich ein paar Züge in voller Ausrüstung hier stehen sehen!“, befahl Kohlhaas. Der Offizier schlug die Hacken zusammen.
„Zu Befehl, General!“, antwortete er und lief wieder davon.
Nun konnte sich Frank noch eine Weile Alfs Schwangerschaftssorgen anhören, während sie durch das riesige Militärlager schlenderten. Er war wirklich gespannt, wie seine Elitekrieger in den neuen Körperpanzern ausschauten. Zwei Stunden später war es soweit und fünf Züge der Warägergarde hatten sich in Reih und Glied auf dem Kasernenhof versammelt. Ihre neuen Rüstungen glänzten matt in der Sonne. Viele der Soldaten schenkten Frank ein stolzes Lächeln, als er sich ihnen näherte.
„Die erinnern mich an die Starship Troopers. Dich auch?“, meinte Kohlhaas.
„Starship Troopers? Was sind denn das wieder für Sachen?“ Alf stutzte.
„Das ist ein Roman des Science-Fiction-Autors Robert Heinlein; das Buch ist schon etwas älter. Und dieser Roman wurde im letzten Jahrhundert verfilmt. Die Soldaten sahen jedenfalls fast so aus wie unsere Waräger in ihren Ferroplastinrüstungen.“
„Wenn du das sagst, Frank“, murmelte Bäumer, der sich für solche Dinge kaum interessierte.
Jetzt stellte sich der General vor seine Soldaten und brüllte: „Gut seht ihr aus, Männer!“
„Danke, General Kohlhaas!“
„Ich bin heute extra hier raus gekommen, um euch bezüglich eurer neuen Kleidchen ein paar Komplimente zu machen! Ist das nicht nett?“
„Ja, General Kohlhaas!“, riefen die Waräger im Chor.
Der Anführer der Elitegrade begutachtete seine Soldaten noch eine Weile und ließ sie dann wieder wegtreten. Anschließend machte er Alf den Vorschlag, einen Blick auf einige neu errichtete Gebäude zu werfen, die ganz in der Nähe waren. Artur Tschistokjow hatte am Stadtrand von St. Petersburg kürzlich einen neuen Platz für Massenveranstaltungen bauen lassen. Die beiden waren gespannt, was sie erwartete.
Am nächsten Tag machten sich Frank und Alf auf den Weg, um sich den neu errichteten „Platz der Rus“ anzusehen. Als sie schließlich auf ihm standen, kamen sie aus dem Staunen nicht mehr heraus. Zahllose Drachenkopffahnen hingen an gewaltigen, korinthischen Säulen, die weit hinauf in die Höhe ragten. Sie rundeten das imposante Bild des Aufmarschgeländes im Westen von St. Petersburg perfekt ab. Die breiten Zufahrtsstraßen waren von steinernen Monumenten und Statuen aus weißem Marmor gesäumt, die auf die großen Persönlichkeiten der russischen und europäischen Geschichte hinwiesen oder an wichtige historische Ereignisse erinnerten.
Einige Kilometer weiter war ein prunkvolles Gebäude im Stil eines altgriechischen Tempels, das Artur Tschistokjow „Halle der Rus“ hatte taufen lassen, noch in Arbeit. Doch trotz der zahllosen Gerüste und der überall verteilten Berge von Baumaterial, konnte man
Weitere Kostenlose Bücher