Beutewelt 06 - Friedensdämmerung
lahm, ihr Schnecken! Das muss schneller gehen!“, hörten sie einen Ausbildungsoffizier vom Übungsplatz dazwischen brüllen.
Pjotr Balkov wandte sich Kohlhaas zu. Er kratzte sich am Kopf. „50 neue Divisionen?“
„Wurde mir jedenfalls berichtet“, antwortete dieser.
„Aber warum das denn?“
Frank zuckte mit den Achseln. „Weiß ich auch nicht! Aber das soll erst der Anfang sein. Ich habe außerdem gehört, dass die russische Schwerindustrie angefangen haben soll, massenhaft Waffen und Kriegsgerät herzustellen.“
„Tatsächlich?“
„Irgendetwas ist da im Busch…“
„Und die GCF rüstet ebenfalls massiv auf. Habe ich im Internet gelesen, Herr General.“
„So, so!“, murmelte Frank.
„Glauben Sie, dass es irgendwann Krieg geben wird, Herr General?“
„Das kann ich auch nicht sagen, denn Artur Tschistokjow äußert sich zu derartigen Dingen mir gegenüber seit Monaten nicht mehr und ist ansonsten auch absolut verschlossen. Wer weiß schon noch, was mittlerweile in seinem Kopf vorgeht?“
„Das klingt in der Tat beunruhigend, Herr General“, meinte Pjotr.
„Du sollst mich übrigens Frank nennen“, gab Kohlhaas mit einem Lächeln zurück.
„In Ordnung, Frank!“, erwiderte der Russe.
Jetzt kam einer der Ausbildungsoffiziere angerannt, stellte sich vor Kohlhaas und schlug die Hacken zusammen. „Wir sind mit der Übung fertig! Was sollen die Rekruten als nächstes machen, Herr General?“
Dieser überlegte kurz und erwiderte dann: „Fahren Sie mit den Schießübungen fort. Die Rekruten müssen die neuen Pika Sturmgewehre noch besser beherrschen lernen!“, ordnete Frank an.
„Jawohl, Herr General!“, rief der Ausbildungsoffizier und machte wieder auf dem Absatz kehrt. Dann ließ er die jungen Soldaten antreten und zum Schießplatz marschieren.
„ Was halten Sie von den neuen Waffen aus russischer Produktion, Herr General?“, wollte Balkov wissen.
„Frank, Pjotr! Frank!“
„Ja, meine ich doch.“
„Sehr viel! Sie sind den Reaper Sturmgewehren der GCF keineswegs unterlegen und haben eine sehr hohe Feuerrate“, antwortete Kohlhaas.
„Irgendetwas Seltsames geht hier in den letzten Wochen vor sich. Wir bekommen ständig neue Ausrüstung und neue Waffen. Immer mehr Rekruten strömen in die Kasernen. Vielleicht gibt es bald sogar eine Generalmobilmachung“, sinnierte der junge Russe.
„Wie kommst du denn darauf?“, wunderte sich Frank. „Hast du diesbezüglich etwas gehört?“
„Nein, aber irgendwie ahne ich, dass bald unser halbes Volk zu den Waffen gerufen wird.“
Frank stutzte. „Nein, das kann ich mir nicht vorstellen. Artur Tschistokjow investiert seine Milliarden sicherlich nicht in derartige Projekte. Er redet doch nur noch vom wirtschaftlichen Aufbau Russlands und man sollte auch nicht alle Gerüchte ernst nehmen.“
Doch an den Gerüchten war mehr dran, als es sich Frank zunächst vorstellen konnte, denn Anfang des Jahres 2049 gab der russische Staatschef offiziell den Befehl zu einer Aufrüstung im großen Stil. Ganze Industriekomplexe stellten bald nur noch Waffen, Panzer oder Flugzeuge her und viele von Tschistokjows Beratern und Getreuen wunderten sich, woher dieser auf einmal die finanziellen Mittel dafür hatte. Gegenüber seinen Anhängern schlug der Anführer der Rus nun auch einen äußerst aggressiven Ton an und begann wieder von Revolution und Krieg zu sprechen.
Schließlich begann er eine erneute Tournee durch das ganze Land und füllte die Plätze und Arenen der russischen Städte mit Zehntausenden von Menschen, denen er seine politischen Forderungen mit einer Radikalität einhämmerte, die sogar Wilden verwunderte.
In Moskau sprach er am 15. Februar vor unzähligen seiner Anhänger davon, dass alles, was bisher erreicht worden war, in Zukunft mit Schweiß und Blut erhalten werden müsse. Weiterhin griff er die Weltregierung mit heftigen Vorwürfen an und forderte sie auf, sämtliche Truppen aus Westeuropa abzuziehen, um den Nationenbund nicht weiter zu provozieren.
Schließlich kam der „Tag der russischen Einheit“ in Tula, wo sich nach einer riesigen Werbekampagne in diesem Jahr fast 2,5 Millionen Besucher einfanden. Artur Tschistokjow lief zu alter, revolutionärer Höchstform auf. Seine dreistündige Rede rechnete in auffällig harter Form mit der Politik der Weltregierung ab und die Logenbrüder wurden als „Sklaventreiber“ und „Blutsauger“ betitelt.
Unzählige Rus hatten sich diesmal zu riesigen Drachenkopfsymbolen
Weitere Kostenlose Bücher