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Beutewelt 06 - Friedensdämmerung

Beutewelt 06 - Friedensdämmerung

Titel: Beutewelt 06 - Friedensdämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Merow
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formiert, als wollten sie vor dem Himmel selbst ein Zeugnis ihrer Stärke ablegen. Begleitet vom Lichtschein gewaltiger Scheinwerfer, die die Szenerie erleuchteten, zogen sie in endlosen Kolonnen an Tschistokjow und den hohen Säulen voller Fahnen vorbei, während ihnen ihr Anführer von einem neuen Zeitalter der Herrlichkeit predigte. Doch dessen Geburt würde Opfer verlangen, sprach er. Und die zahllosen Menschen schienen bereit zu sein, ihm bis ans Ende der Welt zu folgen, treu ergeben und gläubig, als hätte ihnen Gott den Erlöser gesandt.
    „Eines Tages“, so gelobte Tschistokjow, „wird unsere Revolution auch in den anderen Ländern Europas das Ende der Völkervergifter einleiten und dann werden wir mit ihnen abrechnen!“
    Derartige Aussagen hatten seine Getreuen nunmehr seit langer Zeit nicht mehr gehört und viele wirkten verstört, als sie ihren Anführer derartige Dinge sagen hörten.
    Und so ging es den ganzen Sommer hindurch weiter. Wo der Anführer der Rus auftauchte, da hallte seine donnernde Stimme von den Rednerbühnen hinab und manchmal verfiel er bei seinen Ansprachen regelrecht in Ekstase.
    Anfang August kehrte Frank nach Minsk zurück, wo er einige Tage mit seiner Familie verbrachte. Auch Alf und Svetlana waren mit ihrer Tochter zu Besuch und schließlich kam auch Ludwig Orthmann noch einmal vorbei und erzählte, dass die DSDR inzwischen mehrere Hundert neue Mitglieder im ganzen Land hatte gewinnen können.
    Wenig später mussten Kohlhaas und Bäumer wieder zurück nach Russland, um in Voronezh bei der Ausbildung neuer Warägergardisten zu helfen.
    Inzwischen hatte Frank auf eigene Faust etwas wenig mehr über Tschistokjows Rüstungsvorbereitungen herausgefunden, doch er konnte sich noch immer nicht vorstellen, was das russische Staatsoberhaupt, das sich seinen Kabinettsmitgliedern gegenüber weiterhin ausschwieg, genau vorhatte. Die von den Rus kontrollierten Medien berichteten hingegen mit keinem Wort von den Neurekrutierungen von Soldaten und der ständig anwachsenden Waffenproduktion des Nationenbundes. Bei ihnen ging es nach wie vor hauptsächlich um die Zuschaustellung der wirtschaftlichen Errungenschaften der Freiheitsbewegung und um die Einschwörung des Volkes auf Tschistokjows politische Grundsätze. Die ununterbrochene Propaganda ging nach einer Weile selbst Frank und Alfred auf die Nerven und immer häufiger schalteten sie den Fernseher ab.
    Währenddessen waren auch die Armeen der Weltregierung weiter angewachsen, allerdings außerhalb Europas. Die Kriegsflotten der Logenbrüder waren durch einige neuartige Flugzeugträger und Transportschiffe, die Tausende von Soldaten aufnehmen konnten, ergänzt worden. Nach außen hin sprach die Weltregierung ihrerseits auch nicht von den gigantischen Aufrüstungen, die im Hintergrund liefen, und versorgte die übrige Menschheit mit leichter Unterhaltung, Spielshows und Friedensbeteuerungen.

    „Wenn wir durch die Lande zieh`n,
    töten wir den Feind und seine Herrn!
    Hört ihr ihn, den Siegesschrei?
    Die neue Zeit erwartet uns!
    Wir fürchten selbst den Teufel nicht,
    drum komm` unsern Pikas nicht zu nah`!
    Töten für Russland ist der Befehl,
    denn wir sind vom Warägertrupp!“

    Julia und Friedrich betrachteten eine Hundertschaft Rekruten der Warägergarde, die das russische Lied unter lautem Schnaufen sangen und in Formation hinter ihrem Leutnant hertrabten. Dann gingen sie weiter und kamen zu einer großen Wiese, wo junge Soldaten auf Zielscheiben feuerten, während zwischendurch ein Ausbildungsoffizier herumbrüllte und den Männern gelegentlich Tritte verpasste oder sie mit einer Rute schlug. Franks Freundin war von dem herzlosen Drill um sie herum wenig begeistert und hoffte, dass sie Kohlhaas endlich auf dem riesigen Kasernenareal ausfindig machen konnte.
    „Wo ist denn Papa?“, wollte Friedrich wissen.
    „Irgendwo hier auf dem Gelände“, antwortete Julia.
    „Glaubst du, es gibt Krieg, Mama? Oder warum sind so viele Soldaten hier?“, fragte der kleine Junge.
    „Nein! Das hat nichts zu bedeuten“, kam von seiner Mutter. Sie streichelte Friedrichs Kopf.
    „Komm jetzt!“, sagte sie und die beiden gingen in einen anderen Teil des gewaltigen Kasernengeländes.
    An jeder Ecke wurden Soldaten gedrillt oder marschierten in Formation umher. Schüsse hallten von den Übungsplätzen zu ihnen herüber, Kommandos wurden zwischen den grauen Baracken gebrüllt.
    Nach einer Weile hatten sie Frank endlich gefunden. Dieser stand neben

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