Beutewelt 06 - Friedensdämmerung
Sie werden von der See aus kommen, durch die Lüfte, von allen Seiten.
Mögen unsere Sklaven sterben, wenn wir es wünschen. Mögen sie das Menschenfleisch sein, dass der Schlund unseres Sieges als Opfer verlangt. Wenn wir unsere Feinde in den Staub getreten haben, dann wird unser Stern aufgehen und wie eine Sonne unser Weltimperium beleuchten. Niemand hat uns je trotzen können! Und auch Tschistokjows und Matsumotos Totenglocke hat nun zu läuten begonnen! Ihr Ende ist nah! Zieht in den Krieg, meine Brüder, und schwingt eure tödlichen Waffen! Erstickt unsere Feinde unter den Lawinen eures Geldes, lasst eure Lügen sie erwürgen!“
Die versammelten Kinder der Logen verfielen völlig in einen unheimlichen Taumel aus teuflischer Begeisterung für den kommenden Weltkrieg. Sie warfen die Arme in die Höhe, kreischten wie von Sinnen und flehten ihren finsteren Gott an, dass er ihnen den Sieg in diesem finalen Kampf schenken möge.
Am 12. Dezember 2049 kam der Weltpräsident wieder nach St. Petersburg, um den mit Artur Tschistokjow vereinbarten Friedensvertrag zu unterzeichnen. Es war erneut ein gewaltiges Medienspektakel und ganze Legionen von Reportern und Journalisten überschwemmten die russische Hauptstadt. Grinsend zeigten sich die beiden Politikern vor den Linsen der zahllosen Kameras, ihre freundlich lächelnden Gesichter in das Blitzlichtgewitter der Fotografen haltend. Diesmal sollte die Unterredung, auf Tschistokjows ausdrücklichen Wunsch, noch einmal unter Ausschluss weiterer Teilnehmer stattfinden und so fanden sich der Weltpräsident und er in einem großen Konferenzraum ein, wo sie ganz unter vier Augen waren.
„Wie ich sehe, geht es mit dem Nationenbund weiter und weiter bergauf“, erklärte der Vorsitzende des Weltverbundes und blickte seinen Verhandlungspartner mit einem merkwürdig kalten Blick an.
„Ja, ich bin zufrieden, Herr Weltpräsident!“, entgegnete Tschistokjow.
„Und ich bin froh, wenn wir heute endlich offiziell den Friedenswunsch unser Mächte schwarz auf weiß festhalten können, Herr Tschistokjow“, bemerkte der prominente Gast kühl.
„Ein wahrhaft historischer Tag!“, sagte der russische Staatschef leise.
Der Weltpräsident zögerte für einige Sekunden. Dann schloss er die Augen, räusperte sich.
„Aber es gibt da noch eine Sache, die Sie mir erklären sollten, Herr Tschistokjow…“
„Was meinen Sie?“
„Nun, wir haben seltsame Berichte über angebliche Aufrüstungsvorbereitungen des Nationenbundes gehört. Angeblich sollen Sie neue Truppen aufstellen und massenhaft Kriegsgerät erzeugen lassen. Ist das wahr?“
Tschistokjow räusperte sich ebenfalls und versuchte auf diesen Vorstoß zu reagieren. „Was verstehen Sie unter massiver Aufrüstung?“
„Darunter verstehe ich, dass sich die Zahl Ihrer unter Waffen gestellten Männer immer weiter erhöht. Es gibt sogar Gerüchte von einer geplanten Generalmobilmachung, Herr Tschistokjow.“
„Das ist lediglich Geschwätz sensationsgeiler Medienvertreter. Russland rüstet nicht auf. Von einer Generalmobilmachung kann keine Rede sein.“
„Dann sind das nur Gerüchte?“
„Ja, natürlich! Ich bekomme auch ständig Berichte, dass der Weltverbund angeblich aufrüstet, und gebe nichts auf irgendwelche Mutmaßungen.“
„Wir rüsten sicherlich nicht gegen Russland auf. Wenn es eine Neuaufstellung von Truppen gibt, dann dient sie keinesfalls dazu, einen feindlichen Akt gegen den Nationenbund der Rus vorzubereiten, sondern lediglich, um in Asien weiterhin die Ordnung aufrecht zu erhalten. Zudem entwickelt sich der Iran wieder einmal zu einem Krisenherd und deshalb müssen dort ebenfalls zusätzliche GCF-Verbände stationiert werden.“
Artur Tschistokjow zögerte für einen Augenblick. Er sah den Weltpräsidenten mit einem milden Lächeln an.
„Wussten Sie, dass es mittlerweile zwischen uns und den Japanern einige sehr große Meinungsverschiedenheiten gibt?“
Der Gast aus New York zuckte verwundert zurück. „Nein, das ist mir neu.“
„Präsident Matsumoto beansprucht das östliche Sibirien und hat offenbar vor, seinen Einfluss auf Innerasien auszudehnen.“
„Wie kommen Sie zu dieser Annahme, Herr Tschistokjow?“
„Das sind interne Dinge zwischen uns und den Japanern. Der Nationenbund hat jedenfalls langsam das Vertrauen in Präsident Matsumoto verloren und ich möchte mit diesem Friedensvertrag auch unser Verhältnis weiter intensivieren, Herr Weltpräsident. Manchmal bin ich mir nicht mehr so
Weitere Kostenlose Bücher