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Bevor Alles Verschwindet

Bevor Alles Verschwindet

Titel: Bevor Alles Verschwindet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annika Scheffel
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Zeit häufig: »Projektgruppe«. Oder einfach nur: »Mein Projekt«. Aus Papas Stück ist irgendwann in den letzten Wochen ein »Projekt« geworden. Den Unterschied versteht Marie nicht, aber Projekt hört sich größer an als Stück, Projekt klingt erwachsen und nach etwas, das eine unbestimmte Anzahl von Menschen betrifft, nicht nur einen, nicht nur Robert, Maries Papa.
    »Klar könnt ihr das aufnehmen«, sagt Robert. »Das gehört doch dazu. Das werden sie verstehen. Wenn ihr wollt, kann ich vorher mit Eleni sprechen, ob das in Ordnung ist.«
    »Das wäre nett«, sagt der Reporter. Er heißt Heiko oder Micha oder so. »Das ist ja eine ganz heikle Sache.«
    »Was heißt heikel?«, fragt Marie. Nach einer Weile antwortet der Tonmann:
    »Heikel heißt schwierig.« Marie schaut skeptisch in die Runde. Sie muss rausfinden, ob er sich das nur ausgedacht hat, weil heikel etwas ist, das Marie noch nicht wissen darf. So was wie Tod, wie Weight Watchers, wie Krieg. Aber sie glaubt ihm, der lügt nicht.
    »Heikel«, sagt Marie und dann: »Filmt ihr auch, wenn sie unser Haus abreißen?« Dann nimmt sie den Schädel, das Dinosauriermodell, sie weiß, was sich gehört, und dann verabschiedet sie sich bis später, bis zur Probe. Heute liegt etwas in der Luft, heute ist einer dieser Tage, an denen etwas passieren muss.
     
    David hat den Auftrag bekommen, die restlichen Salamanders zu fragen, ob sie ins Rathaus ziehen möchten. Es ist noch genug Platz, im Notfall können er und Wacho alle Übriggebliebenen unterbringen. Vorausgesetzt, die Verantwortlichen entscheiden sich nicht doch noch, das Rathaus vor dem Jahrhundertfest dem Erdboden gleichmachen zu lassen. David geht die Treppe hinunter, er achtet heute nicht auf Milo. David atmet tief ein, seit sie Anfang des Monats das Tore abgerissen haben, gibt es nur noch selten Gründe für Wacho, David nach draußen zu lassen. Der Wirt war sehr fair, er hat David zum Abschied einen Umschlag überreicht, darin war Davids Lohn für den ausgefallenen Monat, Vollzeit und mit Trinkgeld. »Mach damit, was du willst«, hat der Wirt gesagt und vage mit dem Kopf in Richtung Bushaltestelle gedeutet. David hat genickt und der Wirt hat das vermutlich als Versprechen verstanden. Beruhigt ist er weggefahren, mit seiner Zapfanlage auf dem Rücksitz und ein paar übriggebliebenen Krügen, und David hat das Geld in die Haushaltskasse gelegt. Bis zum Ende wird es reichen, David hat nicht viel Appetit und Wacho noch etwas zu Trinken im Keller.
    Vor dem Salamanderhaus stehen die Bagger, steht ein Umzugswagen, vier unbekannte Helfer sind dabei, die restlichen Möbel hinauszuschaffen. Sie wirbeln Staubwolken auf, die niemanden zu stören scheinen. Eleni delegiert unentschlossen, von den Zwillingen ist nichts zu sehen bis auf Julas orangefarbenen Schaukelstuhl, den tragen sie gerade vor die Tür.
    »Wir sollten eigentlich schon längst fertig sein«, sagt Eleni. »Aber jetzt ist es doch noch so viel. In einer Stunde soll der Abriss beginnen und der ganze Keller steht voll mit Jeremias' Zeug. Vielleicht sollte ich den Kram einfach wegwerfen, genügend Container haben sie ja.«
    »Soll ich dir helfen?«
    »Wenn du Zeit hast.«
    »Was soll ich tun?«
    »Einfach den Keller leerräumen, das wäre toll.«
    David verschwindet aus der Maisonne in den klammen Keller der Salamanders. Das Gebäude ist ziemlich alt, aber das fällt nicht auf. Irgendwann in den Sechzigern oder Siebzigern hat hier jemand renoviert, vermutlich Elenis Vater, er hat das Haus damit unwissentlich dem Untergang geweiht. Während David sich an den Kisten vorbei in die hinterste Ecke schiebt, stellt er sich vor, wie der ganze Ort auf Transporter geladen und fort aus dem Tal gebracht wird. Der alte Ort als neuer Ort, alles ein Museum und sie mittendrin, vielleicht im Kostüm. Sie würden Eintritt verlangen und für Fotos posieren, wie für die Fotografin neulich, nur lächelnd. Für ein wenig Geld würden sie ein Lächeln anbieten.
    David ist beeindruckt von so viel Kram. Dagegen ist das Rathaus ein Puppenhaus, nur das Nötigste findet sich dort, ein Tisch, ein Stuhl, ein Bett, ein Schrank. Die Salamanders müssen alles doppelt haben, da stehen ein Trampolin, eine Ritterburg aus Holz, sechs selbstgebaute Drachen mit bester Laune und eine Kinderwiege in der Zwillings-Doppelausführung.
David stößt sich sein Bein an einer alten Gartenbank, er verkneift sich einen Schrei, das kann er gut.
    Unter einem alten Zelt entdeckt er stapelweise

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