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Bevor der Abend kommt

Titel: Bevor der Abend kommt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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Küche ins Wohnzimmer zuckte. »Entschuldigen Sie das Chaos.«
    »Ich versuche, ein bisschen aufzuräumen.«
    »Oh nein, bitte. Das müssen Sie nicht.«
    »Kein Problem. Dann habe ich etwas zu tun.«
    Vor dem Haus hupte ein Auto.
    »Ich muss los.«

    »Nur zu.«
    »Sehe ich okay aus?«
    »Sie sehen großartig aus.«
    »Ist ein sehr wichtiger Kunde, sonst würde ich mich vertreten lassen.«
    »Zeigen Sie’s denen.«
    »Sie sind ein Geschenk des Himmels, Cindy. Ich weiß nicht, wie ich Ihnen danken soll.«
    Sie können mein kleines Mädchen finden, dachte sie. »Ihre Fahrerin wartet«, sagte sie.
    Ryan öffnete die Haustür. »Ich habe meine Handynummer auf den Küchentresen gelegt, falls es Probleme gibt.«
    »Bestimmt nicht.«
    »Ich rufe Sie an, sobald ich mich zwei Minuten freimachen kann.«
    »Machen Sie sich keine Sorgen, wenn’s geht.«
    Ryan rannte die Treppe hinunter zum Wagen, blieb, die Hand schon am Türgriff, jedoch noch einmal stehen. »Gibt es irgendwelche Neuigkeiten?«, rief er, weil es ihm offensichtlich gerade erst eingefallen war.
    Cindy schüttelte den Kopf. »Fahren Sie vorsichtig«, ermahnte sie die ungeduldige junge Frau hinterm Steuer.
    »Ich rufe an.«
    Die Frau setzte rückwärts aus der Einfahrt und fuhr Richtung Poplar Plains Road. Cindy winkte ihnen nach und beneidete sie nicht um die Fahrt. Hamilton war beinahe nah genug, um noch als Vorstadt von Toronto zu gelten, aber im Berufsverkehr würde die normalerweise einstündige Fahrt mindestens zwanzig Minuten länger dauern. Vorausgesetzt, es gab auf der Strecke keine Unfälle.
    (Ein typischer Streit: »Es war ein Missgeschick, Herrgott noch mal!« Julia, die ihre Mutter mit dreizehn bereits überragt, starrt ohne Reue auf die Scherben einer Lalique-Vase, die sie aus Achtlosigkeit vom Kaminsims gefegt hat.

    »Ich weiß, dass es ein Missgeschick war«, sagt Cindy ruhig. »Ich habe bloß gesagt, du sollst demnächst vorsichtiger sein.«
    »Es war bloß eine verdammte Vase. Ich weiß nicht, weshalb du deshalb so aus der Haut fährst.«
    »Es war ein Geburtstagsgeschenk von Meg. Und nicht dieser Umgangston, bitte.«
    »Was habe ich denn gesagt? Verdammt? Das nennst du Umgangston?«
    »Julia …«
    »Ich habe dich schon viel schlimmere Sachen sagen hören.«
    »Das bedeutet nicht …«
    »Es bedeutet, dass du eine Heuchlerin bist.«
    »Julia …«
    »Mutter …«
    Patt.)
    Cindy schloss die Haustür, lehnte den Kopf dagegen und versuchte, das Echo von Julias Vorwürfen zu verdrängen, die jahrelang an ihr genagt hatten. Ich muss damit aufhören, dachte sie. Ich muss damit aufhören, Julia in jedes Szenario zu projizieren, ihren Tonfall in jeder beiläufigen Äußerung zu hören.
    Aber wie mache ich das, fragte sie sich und löste sich von der Tür. Wie höre ich auf, an meine Tochter zu denken? Wie gewöhne ich mich daran, ohne sie zu leben?
    Als sie ins Wohnzimmer ging und das Chaos sah, verflog die Hoffnung, die sie noch kurz zuvor verspürt hatte, rasch. Sofakissen lagen verstreut auf dem Parkett. Überall standen Kaffeetassen herum. Irgendetwas klebte unter ihren Schuhsohlen. Ein Teller mit den Resten eines Kentucky Fried Chicken stand auf dem von Wasserflecken übersäten Couchtisch. Cindy trug den Teller in die Küche, kippte die Essensreste in den Mülleimer unter dem Waschbecken, in dem sich schmutziges Geschirr türmte. »Was für ein Saustall.« Sie räumte das Geschirr in die Spülmaschine und spülte ein halbes Dutzend Weingläser auf der Anrichte von Hand.

    Trank Faith? Oder war es Ryan?
    Trinkt ihre Tochter, hatte Detective Gill gefragt.
    Nein, sagte Cindy.
    Gelegentlich, verbesserte Tom sie.
    »Hör auf«, sagte Cindy laut. Es geht nicht immer um Julia.
    Julias Spiegelbild zwinkerte ihr aus dem großen Fenster zum Garten zu. »Aber selbstverständlich tut es das«, sagte sie, als oben ein Baby zu schreien anfing.

27
     
     
    Cindy eilte die Treppe hinauf ins Kinderzimmer, warf einen kurzen Blick auf die geschlossene Tür des Elternschlafzimmers, schlich auf Zehenspitzen weiter und hoffte, dass das Schreien des Babys Faith nicht stören würde. »Alles ist gut, alles ist gut«, gurrte sie auf den schreienden Säugling ein, dessen Gesicht aussah wie ein festes Knäuel leuchtend pinkfarbenes Garn. Sie hob das Baby aus dem Gitterbett und drückte es sanft an ihre Brust, während sie seine weiche, süß riechende Stirn küsste und es sanft hin und her wiegte. »Es ist okay, Baby. Nicht weinen. Nicht weinen.«
    Erstaunlicherweise

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