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Bevor der Abend kommt

Titel: Bevor der Abend kommt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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diskret einen Schritt zurück machte. »Hallo?«
    »Mrs. Carver, hier ist Detective Bartolli.«
    »Ist irgendwas passiert?«
    »Alles in Ordnung mit Ihnen?«
    »Ja. Natürlich. Haben Sie Julia gefunden?«
    »Nein.« Nach einer Pause fragte er: »Ist Ryan Sellick bei Ihnen im Zimmer?«
    Cindy spürte, wie ihr Puls sich beschleunigte. Sie warf einen verstohlenen Blick zu Ryan, der am Fenster stand und so tat, als wäre er in den Anblick des Nachmittagshimmels versunken. »Ja.«
    »Okay. Ich möchte, dass Sie mir gut zuhören und nichts Unüberlegtes tun. Haben Sie verstanden?«
    »Ja, aber …«
    »Kein Aber. Ich möchte, dass Sie sich unter irgendeinem Vorwand verabschieden und das Haus so schnell wie möglich verlassen. Wir sind unterwegs.«
    »Wovon reden Sie überhaupt?«
    »Tun Sie einfach, was ich sage.«
    »Ich verstehe nicht.«
    »Wir haben die belästigenden Anrufe überprüft, die Sie bekommen haben. Mehrere kamen vom Anschluss der Sellicks.«
    »Was?«
    »Sie haben gehört, was ich gesagt habe.«
    »Was hat das zu bedeuten?«
    »Das wissen wir nicht, aber wir haben vor, es herauszufinden. Und jetzt sehen Sie zu, dass Sie aus dem Haus kommen, und lassen Sie uns die Sache klären.«
    Cindy beendete das Gespräch, und Ryan drehte sich um.

    »Probleme?«, fragte er.
    »Ich muss gehen.«
    »War das die Polizei?«
    Nichts sagen, ermahnte Cindy sich. Nichts Unüberlegtes tun. Sie sollte einfach auf Detective Bartolli hören und zusehen, dass sie hier rauskam. Sollte die Polizei die Sache klären.
    »Cindy?«
    Cindy ließ die Rosen fallen. »Was haben Sie mit meiner Tochter gemacht?«, fragte sie und schleuderte das Telefon in Richtung von Ryans Kopf. »Was haben Sie mit Julia gemacht?«

29
     
     
    Das Telefon schoss an Ryans Kopf vorbei wie eine Kugel, verfehlte seinen Schädel nur um Zentimeter und krachte gegen den Flügel, wo es einen halbmondförmigen Splitter aus dem Ebenholz riss, bevor es zu Boden fiel. Dort blieb es auf dem Rücken liegen, die Unterseite entblößt und verwundbar wie eine tote Schildkröte.
    »Cindy – mein Gott – was zum Teufel machen Sie?« Ryan trat schwankend von einem Fuß auf den anderen, als wüsste er nicht, ob er aus der Tür rennen oder sie zu Boden ringen sollte.
    Cindy traf die Entscheidung für ihn, indem sie sich gegen seine Brust warf, seine dunkelblaue Krawatte packte und daran zerrte wie an einer Schlinge. »Wo ist sie? Was haben Sie mit ihr gemacht?«
    Ryan versuchte, sich ihrem Griff zu entwinden, doch Cindy ließ nicht locker. Seine Gesichtsfarbe verdunkelte sich von rosa zu einem wütenden Rot, während er mit der rechten Hand nach ihrer Kehle packte und mit der linken versuchte, ihre Ohrfeigen abzuwehren.
    Plötzlich schoss ein stechender Schmerz durch Cindys Arm wie ein Stromschlag. Ryan war es endlich gelungen, ihr Handgelenk zu packen und hinter ihren Rücken zu verdrehen. Cindy reagierte mit einem heftigen Tritt gegen sein Schienbein.
    »Cindy, was zum Teufel …?«
    »Wo ist Julia? Wo ist sie?«
    »Ich weiß es nicht«
    Cindy holte aus und schlug Ryan hart ins Gesicht.
    »Scheiße!«, schrie er, während sich auf seiner Wange ein weißer
Abdruck von Cindys Hand abzeichnete. Doch die Ohrfeige schien ihn aus seiner Benommenheit gerissen zu haben, denn auf einmal setzte er all seine männliche Kraft ein, bis er die unkontrolliert um sich schlagende und tretende Cindy überwältigt und gebändigt hatte.
    Sie schrie laut auf, als sie seine Schuhspitze in ihrer Kniekehle spürte, und musste dann hilflos miterleben, wie ihr Körper durch die Luft gewirbelt wurde, bevor er plump auf dem Boden landete. Ihr Ellbogen schlug gegen das Klavier, sie fluchte laut, während Ryan sich auf sie stürzte und ihre Arme fest auf den Boden drückte. »Scheiße! Verdammte!«, stammelte sie zunehmend schwächer, und auch ihre Worte hatten ihre schützende Macht verloren. Ihr Widerstand war zwecklos, und nach kurzem, eher theatralischem Gezappel gab sie auf und lag still.
    »Okay«, begann Ryan, und seine Stimme klang trotz ihrer Kurzatmigkeit wie die eines Eroberers.
    Cindy starrte zu dem Mann hoch, der auf ihr lag, und dachte, dass die Schwerkraft die feinen Züge seines attraktiven Gesichts verzerrte wie einen Seidenpullover, der zu lange auf dem Bügel gehangen hatte. Ryan war verschwitzt und gezeichnet, seine dunklen Haare fielen in seine Stirn wie grob zerschreddertes Kohlepapier. Die Wut ließ seine Augen noch schwärzer funkeln, aber Verwirrung milderte seinen finsteren

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