Bevor der Morgen graut
am Himmel stand, wurde es kühler, und sie fröstelten leicht. Die einheimischen Beamten hatten im Streifenwagen auf sie gewartet, und Birkir und Gunnar setzten sich zu ihnen ins Auto.
»Wisst ihr sonst noch etwas über diesen Rechtsanwalt?«, fragte Gunnar.
Der Bezirksamtmann antwortete: »Er war wohl gut situiert und sehr für sportliche Aktivitäten im Freien, wurde mir gesagt. Soweit ich weiß, wollte er sich hier ein Ferienhaus bauen, sobald die alten Häuser abgerissen worden wären.«
Der Polizist fügte hinzu: »Ich habe gehört, dass er eine Planierraupe auf die Häuser hier ansetzen wollte, sobald der Pächter abgerückt wäre. Ich fand eigentlich nicht, dass es jetzt, wo der Winter ins Haus steht, besondere Eile damit hatte.«
Gunnar hakte nach: »Was kannst du uns über diese Zwangsversteigerung des Besitzes sagen?«
Der Bezirksamtmann erwiderte: »Eine wirklich traurige Angelegenheit. Der alte Guðjón ist Witwer, hat aber eine Tochter und einen Enkel, der bei ihm lebt, und der Junge geht hier mit den anderen Kindern aus der Gemeinde zur Schule. Die Tochter wohnt in Reykjavík, und sie hat schon so einiges mitgemacht. Sie war noch keine zwanzig, als sie einen Amerikaner geheiratet hat, und mit ihm bekam sie diesen Jungen. Sie habenwohl an verschiedenen Orten in den USA gelebt, dann ließen sie sich scheiden, und sie kehrte wieder nach Island zurück. Mit ihrem nächsten Freund hat sie einen Kiosk in Reykjavík gekauft, und soweit ich weiß, lief der zunächst sehr gut. Der alte Guðjón hat zu dieser Zeit wohl seinen Namen unter ein paar Hypotheken gesetzt. Das wäre ja auch nicht weiter schlimm gewesen, wenn nicht dieser Kerl, mit dem sie zusammenlebte, auf einmal angefangen hätte zu trinken, und zum Schluss machte er sich einfach aus dem Staub.«
Der Bezirksamtmann schüttelte den Kopf und senkte die Stimme: »Da hatte er aber bereits eine beträchtliche Summe auf den Kopf gehauen, die für Abzahlungen, Steuern und dergleichen bestimmt war. Danach brach die Unglückslawine vollends herein. Die Frau konnte ihren Verpflichtungen nicht mehr nachkommen, und die Gläubiger waren unerbittlich. Sie verlor alles, und dann ging es natürlich um Bürgschaftsleistungen. Der alte Guðjón hatte kein Geld mehr, um die Schulden zu bezahlen, und deswegen kam es zur Pfändung.«
»Konnte man denn nicht einen Vergleich anstreben?«, wollte Gunnar wissen.
Der Bezirksamtmann entgegnete: »Ein jüngerer Mensch hätte wahrscheinlich eine Möglichkeit gefunden, einen Zwangsvergleich zu erwirken, aber Guðjón hat sich einfach überhaupt nicht darum gekümmert. Es hatte fast den Anschein, als ginge er davon aus, die Sache würde sich von selbst erledigen.«
»Und hat niemand ihm helfen wollen oder können?«
»Ich habe alles versucht, was in meiner Macht stand, ich habe ihm sogar einen Rechtsanwalt besorgt, aber der Alte ließ ihn nicht einmal zur Tür herein.«
»Und was passierte dann?«, fragte Gunnar.
»Dann wurde mit der Zwangsvollstreckung gedroht. Ich habe diese Maßnahme ein paar Mal hinauszögern können, damit Guðjón seine Angelegenheiten in Ordnung bringen konnte,aber das half auch nichts. Zum Schluss fand die Versteigerung statt. Auch sein Besitz war mit einigen Hypotheken belastet, wie das bei Landwirten so gang und gäbe ist. Die Juristen von diesen Darlehensinstituten waren ebenfalls zur Stelle und haben gegen Ólafur geboten, der wiederum die Gläubiger vertrat. Sie ließen es aber dabei bewenden, die Interessen derjenigen Auftraggeber zu wahren, die ganz oben in der Grundbucheintragung standen. Zum Schluss wurde Ólafur das Land zugeschlagen, und zwar für einen ganz geringen Preis. Für den alten Mann blieb nichts übrig.«
»Hatte denn hier in der Gemeinde niemand Interesse an dem Land?«, fragte Gunnar.
Jetzt antwortete wieder der Polizist: »Nein, das Land gibt nicht viel her. Die Heuwiesen sind klein und mühsam zu bewirtschaften, man kann kaum die modernen Maschinen einsetzen. Und andere Erträge bietet das Land nicht. Die Stallungen sind baufällig, und der Hof liegt sehr abgeschieden. Er ist höchstens attraktiv für Sportangler und Jäger aus der Stadt, aber nach Meinung vieler war die Anfahrt ein bisschen zu lang.«
»Was wird aus dem alten Mann, wenn er seinen Besitz verlassen muss?«, fragte Gunnar.
Diesmal antwortete der Bezirksamtmann: »Die Kommunalverwaltung befasst sich mit der Angelegenheit. Wahrscheinlich dürfte es möglich sein, ihm einen Platz im Altersheim
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