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Bevor der Morgen graut

Bevor der Morgen graut

Titel: Bevor der Morgen graut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Arnar Ingolfsson
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Schauspiel von Eugene O’Neill verwendet, es heißt The Long Voyage Home. Hast du eine Ahnung, welches Buch das ist?«
    Jóhann klang verwundert: »Wieso fragst du danach?«
    »Ich hab das neulich irgendwo gehört.«
    »Ganz einfach«, erklärte Jóhann. »Der Roman heißt Ten plus one, kam zuerst 1963 heraus.«
    »Wieso ist das denn eine einfache Frage?«
    »Das ist das einzige Buch von McBain, das ins Isländische übersetzt wurde, es heißt Der Heckenschütze. Gehört zu meinen Lieblingsbüchern.«
    »Warum?«
    »Ich hab einen Fehler darin gefunden, es macht mir besonderen Spaß beim Lesen, Denkfehler zu finden.«
    »Und was war das für ein Fehler?«
    »An irgendeinem Punkt bittet jemand den Mörder, mit nach draußen zu gehen und eine Zigarette zu rauchen, aber er lehnt ab, weil er nicht raucht. Ein paar Seiten später steckt er sichaber ’ne Fluppe an. Da gibt’s viele, die nach solchen Fehlern in Romanen suchen, und es gibt sogar schon einige Webseiten darüber. Stephen King ist da besonders gut drin.«
    »Worum geht’s in diesem Buch von Ed McBain?«
    »In Ten plus one geht es um einen Serienmörder, der fast alle umbringt, die jemals in diesem Stück von O’Neill mitgewirkt haben. Auf Isländisch heißt es, glaube ich, Der lange Weg nach Hause. So kommt dieses Theaterstück da vor, mit dem Inhalt hat es nichts zu tun.«
    Birkir dachte über diese Antwort nach. »Heißt das Stück nicht auf Isländisch Eines langen Tages Reise in die Nacht ?«, fragte er schließlich.
    »Nein, Eines langen Tages Reise in die Nacht ist ein ganz anderes Stück und heißt auf Englisch A Long Days Journey into the Night. Die werden manchmal verwechselt.«
    »Woher weißt du das so genau?«
    »Ich hab mir erst vor kurzem die Verfilmung angesehen, mit Katherine Hepburn. Ich hab Spaß an solchen alten Filmen, das war noch richtiges Kino. Und dann knie ich mich auch immer ein bisschen in die Geschichte drumherum rein.«
    Birkir griff zum Handy und rief Gunnar an. »Ich habe die Antwort auf Frage fünf«, sagte er. Nach einem kurzen Gespräch mit Gunnar wandte er sich wieder Jóhann zu.
    »Hast du diese Namensliste?«
    »Ja.« Jóhann ging in die Küche und kam mit einem Blatt Papier zurück.
    »Entschuldige, dass es handgeschrieben ist. Mein Drucker ist kaputt.«
    Birkir warf einen Blick auf das Blatt. Die Schrift war nicht schön, aber leserlich.
    »Kannst du das entziffern?«, fragte Jóhann.
    »Doch, ich glaube schon«, antwortete Birkir.
    »Ich vermeide es möglichst, mit der Hand zu schreiben. AlsLeifur, Hjördís und ich in Spanien waren, hat sie immer die Postkarten für uns geschrieben. Sie konnte unsere Schriften nachmachen, die waren bei ihr immer viel schöner als bei uns. Sie zeichnet ja auch so gut.«
    »Ach so.«
    Jóhann deutete auf die Namensliste. »Ich habe sie alle aufgezählt«, sagte er, »Typen, mit denen wir zusammen Ski gelaufen sind, gejagt oder Reisen unternommen haben. Auch unsere Ex-Freundinnen und natürlich die Familie. Ich hab’s für mich und für Leifur aufgeschrieben, so gut ich konnte.«
    »Triffst du Hjördís noch manchmal?«, fragte Birkir.
    »Nein, jetzt nicht mehr.«
    »Warum?«
    »Zwischen uns ist etwas vorgefallen, aber darüber möchte ich nicht reden.«
    »Ging dadurch die Freundschaft in die Brüche?«
    »Eigentlich ja.«
    »Passierte das, nachdem Leifur verschwunden war?«
    »Nein, vorher.«
    »Bist du sicher, dass du das nicht näher erklären willst?«
    »Off the record?«
    »So was gibt’s nur bei Psychologen, Ärzten und Journalisten, aber nicht bei der Polizei.«
    »Dann kann ich nichts sagen.«
    »Wie du willst«, sagte Birkir. »Ich kann dich nicht zwingen, etwas zu sagen, was du nicht sagen willst. Aber manchmal tut es gut, über etwas zu reden, was einem auf dem Herzen liegt.«
    Obwohl Birkir sich keinen Hoffnungen hingab, dass seine Worte Erfolg haben würden, schienen sie etwas in Jóhann anzurühren. Er schwieg lange und dachte nach. Er fühlte sich ganz offensichtlich nicht wohl in seiner Haut. Endlich erklärte er: »Ich werde dir etwas sagen, was ich nie wieder jemandem erzählenwerde, und ich werde auch niemals zugeben, dass ich es gesagt habe. Hast du ein Aufnahmegerät dabei?«
    Jóhann ging zu Birkir und befühlte die Taschen seines Jacketts.
    »Nein, ich habe kein Aufnahmegerät dabei«, sagte Birkir.
    »Stell dein Handy ab«, sagte Jóhann.
    Birkir nahm das Handy aus der Tasche, schaltete es aus und zeigte es Jóhann.
    »Du möchtest wissen, weswegen die

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