Bevor der Tod euch scheidet (German Edition)
überlegte, was Hart wohl in diesem Moment durch den Kopf ging. Sie beschloss, angesichts der fortgeschrittenen Stunde auf das Korsett zu verzichten. Ihr zerrissenes Unterkleid streifte sie trotzdem über. Hart war so schweigsam wie immer, wenn er sie geliebt hatte, dennoch musterte sie ihn aufmerksam. Da sein Blick nicht erkennen ließ, was er im Moment dachte, lächelte sie ihn an. „Du hast mein wunderschönes Unterkleid ruiniert, Hart!“
„Ich werde dir ein neues kaufen“, erwiderte er und lächelte ebenfalls.
Sie hob das Kleid auf und war zufrieden, dass sie ihm diese Reaktion hatte entlocken können. „Ich glaube, diese Antwort habe ich schon mal irgendwo gehört.“
„Ja, da dürftest du recht haben. Ich bin dir einige Kleidungsstücke schuldig.“ Plötzlich kniff er die Lippen zusammen und stand auf. Francesca zog das Kleid hoch und drehte ihm den Rücken zu, während sie ihre wallenden Haare zur Seite nahm, damit er ihr Kleid zuknöpfen konnte. Sie wusste gar nicht mehr, bei wie vielen Gelegenheiten sie das schon gemacht hatten. Doch anstatt ihr wie üblich einen Kuss auf den Nacken zu geben, ging er einfach weg.
Verdutzt sah Francesca ihm nach. Waren sie denn nicht auf dem Weg zur Versöhnung? Aus welchem anderen Grund sollten sie sich dann geliebt haben?
„Du bist eine unmögliche Verführerin, aber das weißt du ja sicher.“ Seine Stimme klang irritierend ernst.
„Sei nicht albern! Ich bin eine altmodische Intellektuelle, die es irgendwie geschafft hat, dich zu umgarnen.“
Während er seine Hose anzog, wiederholte er: „Eine unmögliche Verführerin … und eine miserable Lügnerin.“
„Lass uns Alfred rufen“, sagte sie nur, um dem Thema aus dem Weg zu gehen, von dem sie fürchtete, dass er es anschneiden wollte.
Bevor sie an ihm vorbei zur Tür gehen konnte, fasste Hart sie am Arm und drehte sie zu sich um. Sein Blick war erschreckend ernst. „Ich will dir nichts vormachen, Francesca.“
„Warum sagst du das?“, entgegnete sie nervös.
„Deine Schwester hat dich offenbar dazu angestachelt, mich zu manipulieren, nicht wahr? Lass mich raten. Sie hat dir empfohlen, mir nicht nachzulaufen, und sie hat dir auch geraten, meinen Ring nicht länger zu tragen.“
Voller Unbehagen sah sie ihn an. „Es gefällt mir nicht, dir gegenüber nicht absolut ehrlich zu sein“, erklärte sie schließlich.
Er berührte ihr Gesicht. „Ich kann dir gar nicht sagen, wie viele Frauen mir bereits nachgelaufen sind, sowohl vor als auch nach einer Affäre. Doch du bist keine von diesen Frauen.“
„Worauf willst du hinaus?“, fragte sie, obwohl sie das ungute Gefühl hatte, die Antwort eigentlich gar nicht hören zu wollen.
„Ich will damit sagen, dass ich an dir deine offene und ehrliehe Art schätze, deine unmöglich ungestüme Art. Ich schätze die Frau, die du wirklich bist. Aber ich hasse es, wenn du auf die gleichen Spielchen verfällst, mit denen andere Frauen glauben, zum Ziel kommen zu können. Du hast absolut nichts Berechnendes an dir, Francesca.“
Sie biss sich auf die Lippe. In Wahrheit hatte es ihr ja auch gar nicht gefallen, ein solches Theater zu spielen, erst recht nicht, wenn sich das gegen Hart richtete. „Ich glaube nicht, dass es eine nützliche Taktik war, zu weinen und dich anzuflehen, damit du mich zurücknimmst.“
„Aber du willst mich zurückhaben.“
Was erwartete er nun wieder von ihr? „Können wir nicht einfach zu dem zurückkehren, was war?“
Sein Blick verfinsterte sich. „Ich weiß, du würdest dich nicht von mir lieben lassen, wenn wir nur Freunde wären. Du lässt dich von der Logik leiten, wenn du ermittelst, Francesca, doch wenn es um die Liebe geht, lässt du die Leidenschaft bestimmen.“
„Was willst du damit sagen?“, wollte sie nach kurzem Zögern wissen. „Ich vertraue dir, Calder, mit meinem Herzen und mit meinem Leben. Und du hast recht: Ich wäre heute Abend zu nichts von alledem bereit gewesen, wenn meine Gefühle für dich nicht so stark wären.“
„Ich mag dich wirklich sehr, doch nichts hat sich geändert.“
„Was soll denn das heißen?“, rief sie bestürzt. Unwillkürlich musste sie an seine grausame Seite denken, die er ihr am Samstagabend präsentiert hatte. Aber sie glaubte kein Wort von dem, was er sagte. Natürlich liebte er sie! Sonst hätte es die letzten zwei Stunden doch nicht gegeben! „Du magst mich? Was um alles in der Welt soll ich darunter verstehen?“
„Dass ich dich eben mag“, erwiderte er,
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