Bevor der Tod euch scheidet (German Edition)
zielstrebig auf ihn zu. „Francesca muss in Schwierigkeiten stecken.“
„Tatsächlich?“, fragte er und zog die Augenbrauen hoch. „Wie kommst du denn auf diese Idee? Du hast sie schließlich heute Morgen angefleht, die Hochzeit zu verschieben.“
Rick riss die Augen auf. „Willst du mir etwa die Schuld daran geben?“
„Wohl kaum“, schnaubte Hart. „Aber tu wenigstens nicht so, als wärst du besorgt, wenn du in Wahrheit froh bist, dass Francesca es sich doch noch anders überlegt hat.“
„Ich bin keineswegs froh, Calder“, gab sein Bruder ernst zurück. „Ich sehe, dass es dich verletzt. Allerdings mache ich mir Sorgen um Francesca.“
Er klatschte in die Hände. „Natürlich machst du das! Sag mal, wartet draußen schon dein weißes Ross auf dich?“
„Hast du eigentlich ein Wort von dem mitbekommen, was Lady Montrose gesagt hat? Francesca wollte hier sein, aber sie hatte eine wichtige Nachricht erhalten.“
Sie hatte am Tag ihrer Heirat eine wichtige Nachricht erhalten. Ein abweisendes Lachen kam über seine Lippen, es fühlte sich gut an. „Du täuschst dich, wenn du glaubst, ich wäre verletzt, Rick. In Wahrheit bin ich erleichtert, weil ich dadurch zur Vernunft gekommen bin. Was habe ich mir bloß dabei gedacht? Ich bin nicht der Typ Mann, der heiratet.“
Alle sahen sie ihn an, und Julia schien jeden Augenblick ohnmächtig zu werden. Am liebsten hätte er diese ganze Truppe verflucht, aber von denen hatte ihm keiner etwas angetan. Das traf nur auf Francesca zu.
Bedächtig schüttelte Rick den Kopf. „Von mir aus kannst du dir einreden, was du willst. Ich möchte nur wissen, ob meine Hilfe erwünscht ist.“
„Nein.“ Über dieses Angebot musste Hart gar nicht erst nachdenken.
„So etwas hätte sie niemals mit Absicht getan“, schluchzte Julia und schwankte leicht. Rathe legte rasch einen Arm um sie und stützte sie. „Ich muss mich hinsetzen!“
„Komm, Mama“, sagte Connie leise und griff sanft Julias Arm, „lass uns nach Hause gehen.“ Dabei warf sie Hart einen ungläubigen und wütenden Blick zu. „Vater ist unten bei den Gästen, Evan. Ich glaube, er könnte deine Hilfe gut gebrauchen, um die Leute zu beruhigen und um zu verhindern, dass sich das zu einem ausgewachsenen Skandal entwickelt.“
„Ja, natürlich“, sagte Evan und kam zu ihr, damit sie gemeinsam ihre Mutter durch den Flur begleiten konnten.
Kaum hatte sich Francescas Familie zurückgezogen, wusste Hart, was als Nächstes kommen würde. Entsprechend unterkühlt lächelte er Rick an.
Dessen bernsteinfarbene Augen verfinsterten sich. „Was soll ich sagen? Ich bin froh, dass es so gekommen ist. Wir wissen doch beide, dass diese Ehe in einer Katastrophe geendet hätte. Francesca verdient viel mehr, als du ihr geben kannst. Vielleicht hat sie ja tatsächlich Vernunft angenommen. Sie war heute Morgen sehr nervös.“
Er bebte vor Wut, sprach aber ruhig und beherrscht: „Und was wirst du ihr geben können, Rick, nachdem du jetzt wieder so glücklich mit deiner reizenden Frau vereint bist? Deine unsterbliche Freundschaft? Unerwiderte Liebe? Oder eine heimliche Affäre?“
„Ich bin ihr Freund“, gab Rick schroff zurück. „Natürlich erwarte ich nicht, dass du die Bedeutung dieses Wortes kennst.“
Der Schmerz kam unerwartet und jagte durch seine Brust. Francesca war seine erste echte Freundin gewesen. Wie hatte sie ihm so etwas antun können?
Er verdrängte den qualvollen Schmerz. „Du hast ja so recht“, sagte er kühl. „Ich habe keine Ahnung davon, was Freundschaft bedeutet, und ich will es auch gar nicht wissen. Ich wünsche dir viel Spaß mit deiner Freundschaft, Rick.“ Er nickte ihm zu und ging an ihm vorbei.
Rourke schloss sich ihm auf dem Weg durch den Korridor an. „Was soll denn das werden?“, fragte Hart ihn mürrisch.
„Ich leiste dir Gesellschaft. Du hast einen Schock erlitten“, antwortete Rourke ruhig.
„Ganz sicher nicht. Und ich brauche bestimmt kein Kindermädchen.“ Zügig ging er die Treppe hinunter, jedoch war Rourke einen Deut schneller und ihm immer einen Schritt voraus.
„Dann wirst du eben von einem Freund begleitet, ob du willst oder nicht.“
Hart beschloss, Rourke einfach zu ignorieren. Zu spät wurde ihm klar, dass er auf eine gut dreihundertköpfige Hochzeitsgesellschaft zusteuerte, die voller Ungeduld auf Neuigkeiten über den Verbleib der Braut wartete. Er wurde langsamer und zögerte.
Die Damen trugen große Roben, die Männer elegante Smokings.
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