Bevor du stirbst: Roman (German Edition)
und starrten einen wütenden jungen Mann in einem glänzenden Anzug an, der einen korpulenten älteren Mann mit kurzärmligem Hemd und Gabardinehose anpöbelte. Der ältere Mann zeigte wütend auf seine eingedrückte Stoßstange. Stefan und Ulrik beobachteten den Verlauf der Dinge voller Interesse von einer Bank im Observatorielunden-Park aus.
»Super Unterhaltung.«
Ulrik zog eine kleine Packung Marlboro hervor, schüttelte eine Zigarette heraus und warf die Schachtel dann Stefan zu.
»Ich halte zu dem Porsche, das ist doch klar. Der Volvo hätte nicht vor der Ampel stehen bleiben dürfen. Gelb bedeutet fahren, das wissen doch alle.«
»Mm. Aber rein objektiv gesehen ist wohl der Porsche schuld. An sich ist immer der Wagen schuld, der in einen anderen fährt, glaube ich.«
Stefan kniff die Augen zusammen und versuchte, sich an die Theoriestunden in der Fahrschule zu erinnern.
»Du weißt, was Nietzsche sagen würde. Dass die Wahrheit relativ ist, dass es nur Interpretationen gibt.«
Ulrik grinste und hustete dann.
»Welcher Nietzsche, der richtige oder unser eigener Philosoph?«
»Beide.«
Sie kicherten, dann schwiegen sie und rauchten. Ulrik versuchte es mit einigen Rauchringen, musste sich aber mit zwei Wolken begnügen, die langsam zu dem grauen Himmel aufstiegen. Stefan schaute zum Sveaväg hinüber.
»Glaubst du, die kriegen den, der Palme erschossen hat?«
Ulrik überlegte eine Weile, zog zweimal an der Zigarette und schüttelte den Kopf.
»Ich kapier ja nicht, wieso sie die Kurden wieder freigelassen haben. Sie hatten doch alles auf Band, sie haben über eine ›Hochzeit‹ und ein ›Lamm, das geschlachtet werden soll‹ geredet und was die sonst in diesen primitiven Scheißbergkäffern so machen. Sonnenklare Codes. Klar waren das die Kurden.«
»Und was gestern im Expressen stand, dass dieser Ebbe Carlsson eine Art Geheimagent war?«
»Dann stecken wir wirklich im Dreck, wenn wir keine besseren Sicherheitsexperten haben als diesen kleinen Trottel«, murmelte Ulrik. »Ein Buchverleger als Geheimagent? Soll das ein Witz sein, oder was? Was macht er denn, wenn es brenzlig wird? Droht er, das Manuskript zurückzuschicken?« Er ließ sich auf der Bank zurücksinken, blinzelte. Die Sonne schien in sein blasses Gesicht, tilgte fast die dunklen Ringe unter seinen Augen.
»Willst du heute Abend zu Arvidsson? Seine Mutter fährt auf Betriebsausflug nach Åland, also hat er sturmfreie Bude.« Stefan fuhr sich mit der Hand über den Pony, überprüfte automatisch, dass seine Haare richtig lagen.
»Aha, Mama Arvidsson will eine Runde vögeln. Na, ich würde lieber mit ihr nach Åland fahren, als mit euch rumzuhängen, wenn ich die Wahl hätte.« Ulrik grinste und leckte sich die Lippen. »Sie sieht so verdammt gut aus, Mickes Mütterlein. Als ich Micke zuletzt besucht habe, lag sie gerade im Garten und sonnte sich oben ohne. Supertitten, aber es war einfach … zu viel. Und Micke war das natürlich wahnsinnig peinlich. Der Junge kann uns eigentlich leidtun. Ist bestimmt nicht leicht, eine Mutter zu haben, die sich wie eine Nutte aufführt.«
Stefan wusste nicht, was er sagen sollte. Er mochte Mickes Mutter. Die war in Ordnung, bot immer Limo oder Kaffee an, fragte, wie es in der Schule so lief und welche Zukunftspläne er hätte. Und zugleich wusste er auch, was Ulrik meinte. Agneta Arvidsson flirtete gern, trug tief ausgeschnittene Blusen und benutzte niemals einen BH. Selbst im Haus hatte sie immer hochhackige Schuhe an und schwenkte die Hüften, wenn sie über den Parkettboden trippelte. Als wisse sie, dass er sie die ganze Zeit anstarrte, und wolle sich einen Jux mit ihm machen. Aber Ulrik urteilte hart. Zu hart. Angefeuert von einer Wut und Verbitterung, die Stefan nicht begriff. Er registrierte nur, dass Ulrik offenbar immer kritischer, negativer und härter wurde. Und dass Micke aus irgendeinem unerfindlichen Grund zur Zielscheibe dieser Wut geworden war.
Er beschloss, Ulriks Kommentar zu ignorieren.
»Scheiß auf das Mütterlein. Komm einfach mit. Wir wollen Bier trinken und Backgammon spielen. Vielleicht fahren wir danach noch ins Pipeline, das kommt darauf an. Es kann doch nett sein, es einfach nur ruhig laufen zu lassen, nicht immer mit allen Abiturienten zusammen zu sein.«
Ulrik zuckte mit den Schultern und sah wieder die beiden Männer an, die einander noch immer anschrien.
»Sieh mal, jetzt kommt dein Freund und Helfer. Typisch.«
Ein Streifenwagen fuhr neben den beiden
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