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Bevor du stirbst: Roman (German Edition)

Bevor du stirbst: Roman (German Edition)

Titel: Bevor du stirbst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Grebe , Åsa Träff
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vernommen worden. Das muss nichts zu bedeuten haben. Ihr Mann braucht nicht unter Verdacht gestanden zu haben. Wann fand diese Vernehmung statt?«
    »Gleich nach dem Verschwinden, 1988.«
    »Ich war selbst auf dem Norra Real und bin nicht sicher, ob ich weiß, wer Ihr Mann war. Ich bin 1987 abgegangen, da hätte ich ihn wohl kennen müssen.«
    Ich beuge mich vor und ziehe das Schuljahrbuch aus der Tasche. Lege es aufgeschlagen vor sie hin und zeige auf Stefan. Sie mustert das Bild und kichert kurz.
    »Ach so, Steffe. Doch, ich weiß, wer das war. Hing immer mit Nietzsche, Arvidsson und Ulrik Lundin zusammen. Sie waren nicht gerade sympathisch. Tut mir leid, das sagen zu müssen, aber sie waren eingebildete, herablassende Drecks bengel. Angeblich verkauften sie Drogen, und Stefan und Nietzsche hat man nachgesagt, kleine Mädels zu verführen. Date Rape, den Ausdruck gab es damals noch nicht, aber das war es wohl so mehr oder weniger. Mädchen vollschütten und sie ins Bett zerren, ob mit oder gegen deren Willen, ganz egal.«
    »Nietzsche?«
    »Der da. Ich weiß nicht mehr, wie er richtig hieß.« Sie zeigt mit einem gepflegten Fingernagel auf Anders’ sommersprossiges Gesicht. »Der hat dauernd irgendwelche Philosophen zitiert, vor allem eben Nietzsche. Da lag der Spitzname doch auf der Hand, und ich glaube, das hat ihm gefallen. Er wollte gern tiefsinnig und intellektuell sein, aber in meiner Erinnerung war er einfach nur ziemlich oberflächlich und kindisch. Aber natürlich. Er war ja jünger als ich. Ich hatte einen Freund und nichts mit ihnen zu tun. Wir sind übrigens verheiratet, haben drei Kinder.« Ein Lächeln auf ihren Lippen, für eine Sekunde oder zwei. Ich nicke und murmele etwas, während ich versuche, Ordnung in meine Gedanken zu bringen.
    »Er ist tot. Anders Holmberg, meine ich. Er wurde erschossen.« Ich schaue zu Gabriella Swan hoch, begegne diesen seltsam hellblauen Augen. »Das müssen Sie doch noch wissen. Der Karlaplanmord.«
    Sie schweigt, sieht aus, als müsse sie Informationen aus einer inneren Datenbank abrufen.
    »Ja, das weiß ich noch. Ich habe zu der Zeit nicht in Stockholm gewohnt. Wir waren einige Jahre in Karlstad, und damals wurde er ermordet, sicher weiß ich das noch. Ich habe nur nie eine Verbindung gesehen.« Sie sieht sich das Foto noch einmal an. »Das war 2005, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »In dem Jahr, in dem Ihr Mann gestorben ist?«
    Ich nicke nur. Registriere, wie schnell sie denkt. Dass sie innerhalb von wenigen Sekunden die Tatsachen analysiert, die ich ihr gebe.
    »Und Ulrik Lundin? Arvidsson?«
    »Ulrik Lundin wohnt in Saltsjöbaden, hat Frau und Kinder. Geld. Gute Stellung. Mikael Arvidsson wohnt bei seiner Mutter auf Lidingö. Forscht, aber nicht besonders viel, glaube ich. Er hat Alkoholprobleme.«
    »Sie haben also zwei Männer, die kurz nacheinander gestorben sind. Ein Mord und ein Selbstmord. Und jetzt suchen Sie ein mögliches Motiv?«
    Gabriella Swan schaut zu mir auf, scheint auf mehr zu warten. Sicher findet sie, dass meine Geschichte hinkt, dass sie zu dünn ist. »Etwas ist damals passiert. Nach dem Abitur hatten sie keinen Kontakt mehr. Sie haben sich seit 1988 nie wieder getroffen. Nur Stefan und Anders. Ich glaube, die hatten Kontakt. Und Anders hat sich vor seinem Tod seltsam verhalten.« Ich erzähle von dem Unfall und seinem veränderten Benehmen, und Gabriella hört zu und nickt. Stellt Fragen und macht sich Notizen auf einem Block, den sie von ihrem Schreibtisch geholt hat. Vielleicht ist sie noch immer skeptisch, aber ihr Interesse ist geweckt.
    Als ich alles erzählt habe, schaut sie schweigend vor sich hin. Dann greift sie zu dem Jahrbuch und blättert darin. Schlägt eine andere Seite auf. Sie zeigt auf ein weiteres Klassenfoto. Ich erkenne ihn an seinen hellen Haaren. Nicklas.
    »Nach Nicklas’ Verschwinden hat sich alles geändert. Eine neue Zeitrechnung setzte ein. Es gibt vor Nicklas’ Verschwinden und nach Nicklas’ Verschwinden, ganz einfach. Wir waren eine ganz normale Familie. Mutter, Vater, zwei Kinder. Wir waren wie die meisten anderen. Meine Eltern blieben zusammen, waren wohl weder besonders glücklich noch unglücklich. Und Nicklas und ich, wir hatten uns gern und haben uns gestritten. Nicklas konnte unglaublich nervig sein und holte sich immer wieder meine Sachen. Aber er war auch lieb und wirklich musikalisch begabt. Er war mein kleiner Bruder, ganz einfach.« Sie sieht das Bild ihres verschwundenen Bruders an, blinzelt rasch

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