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Bevor ich verbrenne

Bevor ich verbrenne

Titel: Bevor ich verbrenne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaute Heivoll
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sie legten einige Scheite mehr in den Ofen und verfolgten die Scheinwerfer des Busses, wenn er sich über die Ebene näherte. Und wenn der Junge schließlich zur Tür hereinkam, hatte er rote Wangen, Schneeflocken in den hellen Haaren und die Augen waren voll von all den Erlebnissen und Eindrücken des Tages. Er hängte seine Jacke an den Haken im Flur und wusch sich die Hände, während Alma die Kartoffeln abgoss; dann konnten sie sich alle zu Tisch setzen.
    Er spürte, wie gut es war, nach Hause zu kommen.
    Er wollte nicht mehr der unangefochtene Klassenbeste sein und nahm sich ein bisschen zurück. Das heißt, er bekam noch immer gute Noten, hin und wieder sogar hervorragende, aber er war nicht mehr der Beste. Er stand nicht mehr ganz oben. Und wie es aussah, gelang es ihm ausgezeichnet. Trotzdem lernten auch die neuen Klassenkameraden in der Stadt, ihn in Ruhe zu lassen, wenn sie ihre Prüfungen oder andere Klassenarbeiten zurückbekamen. Auch sie sahen die eiskalten Augen und das merkwürdig starre Gesicht. Und auch sie hatten nur den Wunsch, dass er wieder so wurde, wie sie ihn kannten. Alle wollten doch nur, dass er sich normal verhielt.
    Es funktionierte ausgezeichnet, solange er in Ruhe gelassen wurde.
    Er wurde Abiturient. Im Frühjahr 1976. Die Birken schlugen aus, eine Explosion in Grün. In der Abiturzeitung stand: Abgesehen von der Schule und dem Schießen interessiert er sich für das örtliche Feuerwehrwesen. Gebranntes Kind scheut das Feuer, aber dies gilt nicht für Dag. Im Laufe der Jahre hat er große Werte aus den Flammen gerettet, aber das liegt vermutlich vor allem daran, dass er so gern mit dem Löschfahrzeug fährt.
    Es stimmte. Dag liebte die Fahrten mit dem Feuerwehrwagen, aber leider kam es nur sehr selten zu Einsätzen.
    Ende Mai absolvierte er die schriftliche Prüfung in Norwegisch. Eine der Aufgaben lautete: Was heißt es, nach den Regeln, die in unserer Gesellschaft gelten, erwachsen zu werden? Liefere eine Einschätzung dieser Regeln. Was zeichnet einen erwachsenen Menschen aus? Überschrift: Erwachsen.
    Er entschied sich für diese Aufgabe. Er schrieb darüber, was einen erwachsenen Menschen kennzeichnet, und bekam die Note ›Sehr gut‹. Er hatte die Prüfungen bestanden, und zwar glänzend. Überwiegend: ›Gut‹. Alles war gut gegangen. Keine Spitzennoten, aber dennoch. Er hatte das Abitur. Niemand aus der Familie hatte so etwas bisher geschafft. Alma war stolz, Ingemann pfiff in der Werkstatt vor sich hin. Und das Leben ging weiter. Dag war ein erwachsener Mann, er war außerordentlich liebenswürdig, er hatte das Leben und die Zukunft vor sich, und er hatte gelernt, dass er ganz oben nicht allein sein musste.
    Im Laufe des Sommers bekam er den Einberufungsbefehl zum Militär. Er hatte die Infanterie gewählt und wurde in der Kaserne von Porsanger stationiert. Es war eine Reise von über zweitausend Kilometern. Dag war nie weiter von zu Hause fort gewesen als in Hirtshals im Norden Dänemarks.
    Bevor er aufbrach, lief Alma die Treppe hinunter, über den Hof. Sie hatte vergessen, ihm etwas zu geben, einen kleinen Umschlag; er musste versprechen, ihn erst zu öffnen, wenn er im Zug zum Flughafen Fornebu saß. Sie umarmte ihn, und plötzlich fühlte es sich merkwürdig und unnatürlich an. Er drückte ihren mageren Körper gegen seinen, wobei er über die Ebene nach Breivoll sah und spürte, dass er überhaupt nicht gehen wollte. Dann ging Alma wieder ins Haus, die Hände hatte sie in den Taschen ihrer Schürze zu Fäusten geballt. Ingemann begleitete ihn zum Laden an der Kreuzung und half ihm mit dem Koffer in den Bus. Es saßen Leute im Bus, deshalb kam es lediglich zu einem kurzen, gewöhnlichen Abschied zwischen Vater und Sohn; doch als der Bus losfuhr, stand Ingemann allein an der Kreuzung, ohne zu wissen, wohin er gehen sollte.
    Dag war auf dem Weg, die lange Reise hatte begonnen. Er brach das Versprechen und öffnete den kleinen Umschlag seiner Mutter bereits, als der Bus an Kaddebergs Laden vorbeifuhr. In dem Umschlag lagen fünfhundert Kronen, und auf die Klappe hatte sie geschrieben: Wer hätte das gedacht, nun zieht unser Junge hinaus in die große Welt. Vergiss Mama und Papa nicht.

II
    Jeden Tag schreibe ich ein paar Stunden. Von Südwesten schiebt sich der Herbst heran. Der Himmel öffnet sich und Regen prasselte auf den Livannet. Nach einer Nacht mit peitschenden Böen sind alle Blätter von den Bäumen gerissen. Nun werden es wieder lange, stille Tage. Es wird

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