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Bevor ich verbrenne

Bevor ich verbrenne

Titel: Bevor ich verbrenne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaute Heivoll
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Gruppen vor ihren Autos, aber er konnte niemanden erkennen. Im Herrenhaus brannte ebenfalls Licht, mehrere Polizeiwagen parkten davor, und in dem alten hochherrschaftlichen Saal sah er mehrere lange Schatten. Er umklammerte das Lenkrad des blauen Datsuns fester und fuhr weiter, durch die Kurve in Fossan zur Fjeldsgårdsletta, wo der Nebel in großen Schwaden einige Meter über dem Boden hing. Dort wurde er von der Polizei angehalten. Er kurbelte das Fenster herunter, und ein Beamter leuchtete ihm brutal ins Gesicht, dann ließ er den Lichtkegel über den Rücksitz schweifen, Vater musste seinen Namen nennen, sagen, woher er kam und wohin er wollte, sein Name und seine Autonummer wurden notiert, dann durfte er weiterfahren. Als er durch die Kurve kurz vor dem Livannet fuhr, sah er das Licht der beiden Brände. Obwohl hier dichterer Nebel herrschte, konnte er das wogende Meer am Himmel deutlich erkennen. Es war das Feuermeer, das mir später so viele beschrieben habe n – es schien unwirklich, aber gleichzeitig merkwürdig real zu sein. Er fuhr an Kaddebergs Laden vorbei den Hügel hinauf, aus dem Nebel heraus. Dann sah er den schwarzen Rauch, der aufstieg und wie Tinte über den Himmel trieb. Schließlich war er dort. Er stellte den Motor ab, stieg aus dem Auto, ließ die Wagentür offenstehen und näherte sich langsam dem Brand. Ein paar Leute hatten sich versammelt, aber alles war merkwürdig ruhig, nur das laute Knistern der Flammen und das dumpfe Hämmern der Wasserpumpen waren zu hören. Hin und wieder vernahm man ein leises Stöhnen, wenn irgendetwas nicht mehr standhielt und irgendwo in den Flammen zusammenstürzte.
    Er sah, wie das Haus von Olav und Johanna langsam von den Flammen verschluckt wurde, und vielleicht dachte er an den munteren und unbeschwerten Kåre, mit dem er vor über zwanzig Jahren im Herbst konfirmiert worden war? Gleichzeitig sah er das Licht in Knutsens Haus, das nur wenige hundert Meter weiter an der Straße nach Mæsel in Brand stand. Zwei Häuser brannten gleichzeitig, nur wenige hundert Meter von einander entfernt. Es war unglaublich. Aber tatsächlich wahr. Die Polizei war erschienen, ebenso eine Reihe von Journalisten. Ein Fotograf trat einige Schritte in den Garten, hockte sich im hohen Gras auf die Knie und schoss ein Foto. Das Bild wurde am folgenden Tag auf der Titelseite von Sørlandet gedruckt, das Haus schien von einem Glorienschein umrahmt zu werden. Einige Minuten später kam ein weiterer Streifenwagen. Er war ein wenig größer als die anderen und hielt direkt an der Scheune, die vor den Flammen gerettet werden konnte. Die Heckklappe wurde geöffnet, und er sah den schwarzen Schatten, der heraussprang. Ein Schäferhund. Zuerst sprang der Hund allen Anwesenden zwischen den Beinen herum. Schnupperte an den Schuhen und schnüffelte an den Hosenbeinen, dann lief er zur nächsten Person. Der Hund blieb bei meinem Vater stehen, hob den Kopf und roch an seinen Händen. Der Hund starrte ihn an. Der Brand leuchtete in den kleinen Augen des Tieres. Als würden sie alles sehen und alles wissen und wären dennoch eingeschlossen in ihrer durch und durch wissenden Dunkelheit. Dann lief er weiter, von einem zum anderen. Huschte hierhin und dorthin, zwischen Schuhe, Stiefel und Hosenbeine, bis der Polizeibeamte pfiff. Sofort verschwand der Hund auf der Straße nach Mæsel. Nach einer Weile hieß es, dass jeder, der die Möglichkeit hätte, in der Gegend nach weiteren Bränden Ausschau halten sollte. Denn nach allem, was vorgefallen war, sei es denkbar, dass in diesem Moment noch weitere Häuser der Gemeinde brannten; Brände, die noch nicht gemeldet waren und die man um jeden Preis frühzeitig entdecken musste, um sie eventuell noch löschen zu können. Niemand hatte die Übersicht. Niemand wusste etwas. Alle sollten aufbrechen, jeder in seine Umgebung, aber es musste rasch geschehen. Vater setzte sich ins Auto, ungefähr gleichzeitig wurde im Halbdunkel ein Motorrad angelassen. Zwei junge Burschen stiegen auf und sausten davon. Vater fuhr langsam die Anhöhe nach Kilen hinunter, während er in die Dunkelheit über dem Livannet blickte. Er fuhr an dem grünen Haus von Konrad vorbei, der im Keller den Honig seiner Bienenstöcke schleuderte, er fuhr am Postamt und an Kaddebergs leuchtendem Ladenfenster vorbe i – auch auf die Regale fiel ein warmes, gelbliches Licht. Vor dem Gemeindehaus ließen sich zwei, drei reglose Gestalten erkennen, die Wache hielten. Ebenso vor der Shell-Tankstelle,

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