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Bevor mir der Tod die Augen schließt (Ein-Linnea-Kirkegaard-Krimi) (German Edition)

Bevor mir der Tod die Augen schließt (Ein-Linnea-Kirkegaard-Krimi) (German Edition)

Titel: Bevor mir der Tod die Augen schließt (Ein-Linnea-Kirkegaard-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Vad Bruun , Benni Bødker
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ziemlich zerschlissen ausgesehen hätten, aber die einzige Beleuchtung in diesem Etablissement war rot und blau. Über der Bühne hing eine große Diskokugel, und zwei Mädchen erfreuten das Publikum in den ersten Reihen mit einer trägen Runde Stangentanz. Für einen Montagabend waren erstaunlich viele Menschen da, von japanischen Geschäftsmännern bis hin zu verkaterten jungen Männern. Hinzu kamen mindestens dreimal so viele asiatische, osteuropäische und afrikanische Prostituierte. Die Tänzerinnen auf der Bühne sahen verlebt aus, doch an der langen Bar, die mit siebzehn verschiedenen Sorten Champagner warb, konnte man sich kaum retten vor attraktiven Mädchen in aufreizend vulgärer Kleidung.
    »Zahlst du mit Karte?«
    »Klar.«
    Das Bier stand schon vor ihm auf dem kleinen Tisch, und eine blondierte Kellnerin mit Grübchen und einem erstaunlich engen Top warf Thor einen abwartenden Blick zu. Er hielt ihr seine Dienstmarke vor die Nase, und sie verzog wütend das Gesicht.
    »Ist alles okay?«
    Die Blondine richtete sich an das Mädchen namens Chantal und versuchte die Musik zu übertönen, doch Thor kam ihr zuvor.
    »Wir unterhalten uns gerade ganz nett.«
    Und dann wandte er sich wieder Chantal zu. Sie blickte zur Bühne hinter ihnen, die jetzt in Kunstnebel eingehüllt und ins Scheinwerferlicht getaucht war, bereit für die nächste Tanznummer. Thor zog das Foto aus seiner Tasche und legte es vor sie hin.
    »Kennst du die?«
    Das Mädchen beachtete das Foto kaum und nahm stattdessen wieder seine Hand.
    »Wollen wir nicht lieber ein bisschen Champagner trinken? Ich würde so gerne!«
    »Sie heißt Anisa«, fuhr Thor fort. »Kennst du sie?«
    Jetzt hielt er Chantal das Foto direkt vors Gesicht. Sie versuchte zu protestieren, aber Thor blieb beharrlich, bis sie endlich mit den Schultern zuckte.
    »Mizzy«, sagte sie dann. »Aber die solltest du dir aus dem Kopf schlagen, sie hat einen speziellen Freund.«
    »Bist du dir sicher?«
    »Ich habe sie schon lange nicht mehr gesehen.«
    »Aber du bist dir sicher, dass sie es ist?«
    Diesmal antwortete sie nicht, bis er sie zwang, das Foto erneut zu betrachten.
    Die Fahndung nach Anisa schien aussichtslos. Sie beschatteten ihre Wohnung, hörten ihr Telefon ab und nutzten alle Kontakte, doch sie war wie vom Erdboden verschluckt. Es bedurfte einiges, einfach so zu verschwinden, und vor allem bedurfte es Hilfe. Die Grübeleien plagten Thor und erinnerten ihn ständig daran, dass er sie hatte flüchten lassen. Es war seine Schuld, wenn sie demnächst tot aufgefunden wurde. Oder wenn sie eine Mörderin war, die im Verborgenen auf ihr nächstes Opfer wartete.
    Mit einem Mal fiel ihm auf, dass Chantal und er nicht mehr allein waren.
    »Wenn Sie mir bitte folgen würden?«
    Thor sah auf und direkt in die Visage des obligatorischen Türstehers mit kahlrasiertem Schädel und billigem Anzug. Diese Kerle sahen in allen Nachtclubs gleich aus, und Thor zeigte noch einmal seinen Dienstausweis.
    »Glauben Sie, Sie wären der erste besoffene Bulle, den ich vor die Tür setze?«, meinte der Türsteher. »Also seien Sie doch bitte so freundlich und folgen mir.«
    Er packte Thors Oberarm, und dieser gehorchte brav.
    »Einen Moment noch«, sagte Thor dann und hob den Arm, um zu signalisieren, dass er gleich brav gehorchen würde. Er betrachtete erst Chantal und dann den Rausschmeißer, die beide gelangweilt wirkten von dieser Prozedur, die sie schon allzu oft mit angesehen hatten. Doch im nächsten Moment hieb Thor mit aller Kraft seine Faust in die Nieren des Türstehers, und dieser sackte mit schmerzerfüllten Augen vornüber.

23
    I n den Kisten lag das gesamte Leben ihres Vaters: Schulhefte aus der Mittelstufe am Internat von Bagsværd, ein feierlicher Brief, der den Herrn Botschafter zum Ritter des Dannebrog-Ordens ernannte, goldumrahmte Einladungen für die Feier zu seinem 50 . Geburtstag. Urlaubsfotos, Postkarten und sogar ein paar von Linneas Kinderzeichnungen. Die Mutter hatte nicht nur aussortiert – sie hatte gnadenlos entrümpelt. In Linnea keimte der Verdacht, dass die mysteriöse Adèle der Grund dafür war. Und irgendwo musste es in diesem Durcheinander eine Spur von ihr geben.
    Drei Stunden und eineinhalb Flaschen Brunello später war sie nicht viel klüger, dafür aber ziemlich benebelt und kurz davor, zum Handy zu greifen und Thor anzurufen. Nach einiger Zeit hatte er es aufgegeben, sie zu erreichen, und eigentlich passte ihr das auch gut, denn insgeheim wusste sie

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