Bewahre meinen Traum
beiden damals schon klar gewesen war. Dennoch hatte es sie nicht interessiert. Sie war so verrückt gewesen, so durcheinander von der Scheidung und von der Unsicherheit, was sie mit sich anfangen sollte. Ihre Mom hatte gerade angekündigt, nach Den Haag zu ziehen. Daisy hatte einen epischen Streit mit ihr gehabt und war dann zu dem Wochenendhaus von Logan aufgebrochen. Sie hatte nicht nachgedacht. Sie war ein einziger großer Ball aus Schmerzen gewesen, und sie hatte festgestellt, dass mit Logan zusammen betrunken und high zu sein dafür sorgte, dass sie alles vergessen konnte.
Sie räusperte sich und zwang sich, ihn anzusehen. „Ich, äh, ich dachte, es wäre besser, wenn wir uns nicht wiedersehen.“
„Besser für wen?“, fragte er. „Ich habe dir an dem Wochenende gesagt, dass ich dich liebe. Ich hab gesagt, dass ich es schön fände, wenn wir zusammenbleiben, aufs gleiche College gehen, und du hast gesagt …“
„Ich weiß, was ich gesagt habe.“ An dem Wochenende war reichlich Alkohol getrunken und gefeiert worden. „Hör zu, ich glaube nicht an langfristige Beziehungen. Meine Eltern haben meinetwegen geheiratet. Ich bin sicher, dass sie die besten Absichten hatten, aber schließlich ist die Familie auseinandergebrochen.“ Sie wusste, dass sie das zu einfach darstellte. Ihre Familie war lange Zeit glücklich gewesen. Der schleichende Prozess bis zur Scheidung war keine jahrelange Tortur gewesen.
„Und dennoch hast du dich dazu entschlossen, das Baby zu bekommen“, sagte er. „Das nenne ich ziemlich langfristig.“
„Das ist was anderes.“
„Oh. Inwiefern?“ Er steckte die Daumen in die hinteren Hosentaschen und ging angespannt auf und ab. „Ich habe Monate gebraucht, um über dich hinwegzukommen“, sagte er. „Und ich habe es nie ganz geschafft, aber wenigstens habe ich aufgehört, jede einzelne Minute eines jeden verdammten Tages an dich zu denken. Ich tue es jetzt nur noch jede zweite Minute. Aber trotzdem – sogar jetzt wache ich noch jeden Morgen auf und erinnere mich an jede verdammte Einzelheit von dir. Wie es klingt, wenn du lachst, wie du deine Kamera hältst, wie sich dein Haar anfühlt, dein Gesichtsausdruck, wenn im Radio ein Lied gespielt wird, das du magst. Und dann haust du mir das hier um die Ohren.“ Er zeigte wütend auf den Umschlag mit den notariell beglaubigten Papieren. „Ich werde mich übrigens nicht raushalten“, fügte er hinzu.
Daisys Mund wurde auf einmal ganz trocken. „Das musst du aber.“
Er lachte bitter. „Ja, klar.“
„Ich meine, das ist nur fair. Ich habe dir gesagt, dass du weder mir noch dem Baby oder sonst wem irgendwas schuldest. Du hast keinerlei Verpflichtungen …“
„Tja, ich schätze, ich möchte aber welche haben“, sagte er. „Wir sprechen hier über ein Baby. Einen Menschen. Jemanden, der total unschuldig ist. Was wolltest du dem Kind erzählen – tut mir leid, dass du keinen Vater hast?“ Bevor sie etwas erwidern konnte, fuhr er fort: „Weiß du was? Damit bin ich nicht einverstanden.“
Sie fragte sich, worauf er eigentlich hinaus wollte. „Was willst du, Logan? Willst du dieses Baby mit mir zusammen haben?“
Es so geradeheraus auszusprechen schien zu helfen. Sein Gesichtsausdruck verriet ihr alles, was sie wissen wollte. „Ja, das dachte ich mir“, sagte sie. „Geh nach Hause, Logan. Fahr zurück in die Stadt. Du willst nicht hier bei mir sein und so tun, als würde es dich interessieren.“
Er schaute sie wütend an. „Sag mir nicht, was ich will oder nicht will. Es geht hier um ein Kind, das wir zusammen gemacht haben und für das wir beide verantwortlich sind.“
„Für den“, entfuhr es ihr versehentlich. „Es wird ein Junge.“
Ein leichtes Lächeln zuckte um seine Mundwinkel. „Echt?“
Sie nickte. „Ich möchte ihn gerne Emile nennen.“
„Nach dem Buch von Rousseau“, sagte er. „Das wir im Französischunterricht gelesen haben.“
Sie hielt den Atem an. „Ich kann nicht glauben, dass du dich daran erinnerst.“
„Du wärst überrascht, was ich noch alles weiß“, erwiderte er. In seiner Stimme klang jedoch keinerlei Weichheit oder Gefühl mit, sondern nur Wut – und vielleicht ein wenig Schmerz. „Ich erinnere mich daran, meinen gesamten Kursplan so organisiert zu haben, dass wir im gleichen Französischkurs waren und gemeinsam Mittagspause hatten. Ich erinnere mich daran, die ganze Nacht lang für Tickets zum Rolling-Stones-Konzert angestanden zu haben. Ich erinnere mich
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