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Beweislast

Beweislast

Titel: Beweislast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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lange dieses Gerichtsverfahren nicht abgeschlossen ist. Und das kann noch lange dauern. Wenn in Ulm ein Urteil gesprochen ist, geht das mit Sicherheit weiter. Revision und was weiß ich welche Rechtsmittel dann noch eingelegt werden können.«
    »Und was haben wir damit zu tun?« Ihre polnische Herkunft war am harten Akzent deutlich zu hören.
    »Nichts, natürlich nichts, aber sag das mal denen, die uns vielleicht einen Strick drehen wollen. Erklär es ihnen.«
    »Aber ich denke, die Ermittlungen in diesem Mordfall sind abgeschlossen. Sonst würden sie doch in Ulm keinen Prozess machen.« Ihre Stimme klang naiv. Manchmal überlegte er sich, ob Marie nur so tat, oder ob sie tatsächlich manches nicht überblickte.
    »Die haben einen ganzen Hasenstall voll Zeugen geladen«, erklärte Eckert, »ich weiß zwar nicht, wen alles, aber es sind annähernd 30 Personen. Das halbe Tal ist als Zeuge benannt. Und diese verdammte Bande da hinten …« Er überlegte. »Diese einfältigen Bauern werden viel dummes Zeug daherlabern. Darauf kannst du Gift nehmen.«
    »Gift nehmen?«
    »Ja, ist so eine Redewendung, vergiss es«, sagte Eckert unwirsch und versuchte, sich nicht von diesen verdammt kurzen Shorts ablenken zu lassen.
    »Und wie stellst du dir das vor … dieses Aufhören? Wie willst du das erklären?«
    »Darüber zerbrech ich mir seit Wochen den Kopf. Ich hätt längst handeln sollen, verstehst du?«
    »Hast du mit Hudelmaier gesprochen?«, fragte Marie schnell.
    Eckert schüttelte den Kopf. »Nein – aber ich soll dich von ihm grüßen. Hab ich ganz vergessen, dir auszurichten.«
    »Weißt du inzwischen, ob er mit dem Ermordeten Kontakt gehabt hat?«
    »Hat er nicht«, gab sich Eckert selbstbewusst, »aber dass dieser Mensch vom Arbeitsamt sein Auto ausgerechnet vor Hudelmaiers Hof abgestellt hat, geht mir nicht aus dem Kopf. Und dass die Bullen in meinem Computer rumgeschnüffelt haben.«
    »Aber seither hast du doch nichts mehr von ihnen gehört?«
    »Natürlich nicht. Ich bin aber trotzdem verunsichert. Denk doch an die Sache mit meinem Bürocontainer.«
    »Du hast doch gesagt, dass auch die Polizei davon ausgeht, dass das nichts mit dem Mord zu tun hat.«
    Eckert drehte sich wieder um. Ein kleines Geschäftsflugzeug war gerade gestartet.
    »Oder verschweigst du mir etwas?«, hörte er Maries Stimme.
    Er erwiderte nichts.

52
     
    Er war fix und fertig. Nassgeschwitzt. Hämmernde Kopfschmerzen. Migräne. Der Magen rebellierte, der Darm auch. Ketschmar hatte kurz nach 17 Uhr, nachdem der Prozess auf morgen vertagt worden war, nur noch ein paar wenige Worte mit Manuel gewechselt und sich dann in die Untersuchungshaft abführen lassen. Kein einziges Mal hatte er an diesem ersten Verhandlungstag in die Zuschauerreihen geblickt, und auch jetzt beim Hinausgehen sah er niemanden an. Von dort aus brachten ihn die Vollzugsbeamten in seine Zelle zurück, die er seit einigen Tagen nur noch mit dem Tankstellenräuber und dem Drogenbubi teilen musste. Der verurteilte Türke war ›verschubt‹ worden, wie es im schönsten Knastologendeutsch hieß: Man hatte ihn in irgendein Gefängnis gebracht, in dem die Langzeitstrafen vollstreckt werden. Möglicherweise Heimsheim.
    »Und? Haben sie dich klein gekriegt?«, höhnte der Räuber, der auf dem oberen Etagenbett saß und die Beine baumeln ließ.
    »Schon verknackt?«, fragte der Drogentäter, der auf der Liege daneben kauerte, während die Tür von außen verschlossen wurde.
    Ketschmar lehnte sich an die kalte Wand, hielt seinen zusammengerollten Schnellhefter in der Hand und atmete zuerst einmal durch. »Lasst mich in Ruhe, bitte.«
    Der Räuber verschränkte die Arme. »Auf eine anständige Frage erwart ich eine anständige Antwort.« Er machte eine Fußbewegung, als wolle er Ketschmar ins Gesicht treten.
    »Ich erzähl es euch später.«
    »Hab ich mich nicht deutlich genug ausgedrückt?«
    »Sie glauben mir nicht. Morgen geht es weiter.«
    »Show, nichts als Show«, meinte der Drogenbubi, »das Urteil steht doch schon fest, mach dir nichts vor. Die müssen eine Show drumrum machen. Lebenslänglich gibts nicht sofort. Es muss so aussehn, als hätten sie sich unheimlich viel Mühe gegeben. Aber das Urteil ist schon geschrieben, wetten?«
    Ketschmar überlegte, wer eine solche Wette überprü­fen könnte. Doch kurz danach war ihm dies schon wieder egal. Er dachte an seine Familie, deren Nähe er den ganzen Tag über gespürt hatte. Manchmal war er der Verhandlung gar nicht mehr

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