Beweislast
privaten Unterlagen erhalten hat.«
Friesenmeiler machte sich Notizen. Er wollte möglichst rasch die Kripo mit diesen Fragen konfrontieren. Die Schwurgerichtskammer war seit einigen Monaten schon für ihre peniblen Nachermittlungsaufträge bekannt und berüchtigt.
Dann wandte sich Muckenhans an die beiden Schöffen, die der Diskussion wortlos, allenfalls aber mit ablehnendem Kopfschütteln oder zustimmendem Nicken gefolgt waren: »Wie ist der Eindruck der Schöffen?« Er zündete sich eine neue Zigarette an, während Friesenmeiler den Raum verließ, um die Kripo anzurufen.
Die Schöffin sah zu ihrem Kollegen, der sich räusperte und angesichts der unerwarteten Frage verlegen wurde. »Der Verteidiger versucht meiner Ansicht nach etwas ins Spiel zu bringen, das mit dem eigentlichen Fall nichts zu tun hat. Rein gefühlsmäßig würd ich sagen, dass der Staatsanwalt recht hat.«
Muckenhans blickte die Schöffin an, deren Gesicht rot angelaufen war. »Man kann sich ja noch anhören, was es mit dieser Schwarzarbeit auf sich hat«, meinte sie, »aber ich versteh nicht so recht, was das mit Herrn Ketschmar zu tun hat.«
Der Vorsitzende war zufrieden. Das Meinungsbild, das er sich verschafft hatte, würde auf jeden Fall für eine Verurteilung ausreichen. Ein langes Gerangel mit den Schöffen war nicht zu befürchten.
61
Manuel Traknow wollte in Ruhe mit seinem Schwiegervater reden. Der hatte die vierstündige Verhandlung an diesem Freitagvormittag erstaunlich gut überstanden, zumindest äußerlich betrachtet. Jetzt aber saß er zusammengesunken auf dem Holzstuhl des Besucherraums und schloss die Augen. »Die glauben mir nicht«, stellte er verbittert fest, »alles, was wir sagen, tun sie als unbedeutend ab.«
»Da bin ich mir keinesfalls so sicher«, beruhigte ihn Manuel, doch Ketschmar schlug plötzlich mit der Faust auf die Tischplatte: »Du hast doch bemerkt, wie genüsslich sie das dumme Geschwätz von diesem Schmorbach aufgenommen haben. Natürlich hab ich dem Milchbubi die Meinung gesagt. Wird man deshalb gleich zum Mörder? Und wart es ab, was die aus der alten Geschichte machen, als ich den Architekten vom Baugerüst gestoßen hab. Klar, wird der Psychiater sagen, klar, ein jähzorniger Mensch, neigt zu Aggressionen … lies doch nach, steht doch da drin.«
»Beruhig dich, bitte!«
»Entschuldige«, bat Ketschmar, »aber ich sag dir, das Urteil steht fest. Die lassen mich nicht mehr raus. Das darf gar nicht sein, verstehst du? Denn wenn ich es nicht war, muss es jemand anderes gewesen sein – und den werden sie nicht finden. Stell dir vor, die Ermittlungen müssten nochmal von vorne losgehen. Nein, Manuel, ich bin der Täter. Ich. Jawoll …« Er brüllte so laut er nur konnte: »Ich muss es gewesen sein. Nur ich.«
»Bitte lass uns in Ruhe reden – über einen Punkt, der mir Bauchschmerzen bereitet.«
»Du glaubst mir jetzt also auch nicht mehr?«
»Doch, ich hab nie Zweifel gehabt«, versicherte Manuel und entnahm seinem schwarzen Aktenkoffer einen Schnellhefter. »Es geht um diesen Brandanschlag …«
»Was soll das heißen?«
»Dieses Zündholzheftchen … du weißt, es stammt von dem Wohnmobilhändler …«
»Ja – und?«
»In der Tat«, erklärte Manuel vorsichtig und ruhig, »es wird in dieser Gegend hier nicht allzu viele Personen geben, die mit solchen Streichhölzern rumlaufen – und dann auch noch einen Bürocontainer anzünden wollen.«
Ketschmar holte tief Luft.
»Wenn es dazu etwas zu sagen gäbe …«, sagte Manuel und nickte kaum merklich, aber auffordernd mit dem Kopf, »… dann sollten wir es tun.« Er wartete auf eine Reaktion, die aber nicht kam, weshalb er hinzufügte: »Spätestens am Montag.«
62
Endlich ein frühlingshafter Tag – dazu noch ein Samstag. Häberle hätte jetzt liebend gerne mit Ehefrau Susanne zusammen den Vorgarten hergerichtet. Doch wie so oft hatte ihm der Beruf einen Strich durch diese Planung gemacht. Was die Schwurgerichtskammer wollte, und dies möglichst bis Montag, war am Wochenende kaum nachzuermitteln. Beim Hauptzollamt in Ulm hatte Linkohr wenigstens noch am Freitagnachmittag jemanden erreicht, der nach längerem Suchen in Akten und Computern allerdings lediglich bestätigen konnte, dass die Firma Pottstett-Bau im Spätsommer in den Verdacht geraten sei, Schwarzarbeiter aus dem Osten zu beschäftigen. Es fand sich demnach eine Aktennotiz des später tödlich verunglückten Ulrich Blüchers, wonach Überprüfungen eingeleitet
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