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Beweislast

Beweislast

Titel: Beweislast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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und Hof offen, damit nachts dieser Depp von da drüben einsteign kann? Der schleicht Tag und Nacht rum. Und wenn er jetzt weg isch oder tot isch, dann isch mir das scheißegal.«
    Häberle sah ihm fest in die wässrigen Augen: »Nur wenn er vielleicht tot in Ihrem Kartoffelkeller liegt, wird Ihnen das nicht egal sein können.«
     
    Das Gericht hatte sich auf Montag vertagt. Das Verschwinden des erwarteten Zeugen Eugen Blücher war von den Prozessbeteiligten mit gewisser Verwunderung aufgenommen worden. Staatsanwalt Franz Bändele hatte allerdings nicht auf dessen Vernehmung bestanden, weil seiner Meinung nach die Hintergründe des sogenannten Bauernkrieges im vorliegenden Fall keine Rolle spielten. Hingegen war Manuel energisch für die Vernehmung des Zeugen eingetreten, weil damit die feindselige Situation in dem Tal des Rehgebirges beleuchtet werden könnte. Vorsitzender Muckenhans hoffte, »bis Montag Klarheit über den Aufenthaltsort des Herrn Blücher« zu haben, um dann abschließend über das weitere Vorgehen im Umgang mit dem Zeugen beraten zu können.
    Die Richter wollten ihren Terminplan einhalten: am Montag die letzten Zeugen, am Dienstag die Plädoyers und am Mittwoch das Urteil.
    »Die Sache nimmt langsam seltsame Züge an«, meinte Muckenhans, als die Tür des Beratungszimmers hinter den Richtern und den beiden Schöffen geschlossen war. »Vielleicht sollten wir mal über das weitere Procedere nachdenken.« Mit einer einladenden Geste bat er die vier anderen, am Tisch Platz zu nehmen. Berichterstatter Elmar Friesenmeiler sah nervös auf die Armbanduhr. Eigentlich wollte er drüben in der Platzgasse noch ein Häppchen essen gehen, aber wenn Muckenhans jetzt eine Beratung einlegte, wurde es knapp.
    »Der Traknow wird auf dieser Schwarzarbeiter-Geschichte rumhacken«, begann der Vorsitzende. »Die Akten geben dazu wenig her, weil natürlich jeder gesagt hat, die DNA-Spur sei eindeutig.«
    »Ist sie doch auch«, warf die junge Richterin ein und ließ damit durchblicken, dass für sie der Fall gelaufen war. Die beiden Schöffen hörten interessiert zu.
    »Ich bin trotzdem der Meinung, wir sollten, um alle Revisionsgründe auszuschließen, diese angebliche Nebentä­tigkeit von diesem Grauer noch genauer beleuchten lassen«, meinte Muckenhans und steckte sich eine Zigarette an.
    Friesenmeiler sah ihn nachdenklich von der Seite an und kratzte sich im dünn gewordenen blonden Haar. »Ich bin über eine Stelle in den Akten gestolpert, die offenbar auch nicht genügend ernst genommen wurde.«
    »Und das wäre?«, zeigte sich Muckenhans interessiert und inhalierte den Rauch so tief er nur konnte.
    »Ich hab mir das gekennzeichnet«, Friesenmeiler griff zu einem der Aktenordner, den er vom Saal mit hereingebracht hatte, und schlug die entsprechende Seite auf, »es ist dieser rote Lacksplitter an Grauers Hose.«
    Die beiden Schöffen, die die Akten nicht kannten, runzelten die Stirn.
    »Da heißt es«, nahm sich Friesenmeiler des Textes an, »der Lacksplitter sei nur knapp einen Millimeter groß und müsse nicht zwangsläufig von dem Unfall herrühren. Wenn man davon ausgehe, dass sich Herr Grauer häufig auf Baustellen aufgehalten habe, könne er allein schon beim Vorbeistreifen an alten Fahrzeugen einen solchen Splitter eingefangen haben. Im Übrigen sei die Hose offenbar seit Längerem nicht mehr gewaschen worden.«
    Die junge Richterin grinste. »Ein Junggeselle eben. Wahrscheinlich würden sich an der Hose auch Spuren von anderen Materialien finden, wenn man gezielt danach suchen würde.«
    Die Schöffen nickten.
    Friesenmeiler lehnte sich zurück. »Wir können ja die Kripo nochmal drauf ansetzen.«
    »Wenn wir nachermitteln lassen, dann muss das schnell geschehen. Das Wochenende steht vor der Tür – und unser Terminplan …« Muckenhans ließ seine zeitlichen Bedenken im Raum stehen.
    »Dann könnten wir auch diesen …« – Friesenmeiler suchte auf seinen Notizen nach dem Namen – »… Ulrich Blücher nochmal durchleuchten lassen, inwieweit er von Grauers angeblicher Schwarzarbeiter-Schnüffelei gewusst hat.«
    Die Richterin blickte skeptisch auf ihre beiden Kollegen. »Das wird im Endeffekt zwar keine große Rolle spielen …«
    Muckenhans unterbrach sie: »Aber was spricht dagegen, wenn die Kripo nochmal nachhakt, ob es vielleicht im privaten Nachlass des Herrn Ulrich Blücher irgendetwas gibt, das auf seine berufliche Tätigkeit hindeutet? Es muss ja jemanden geben, der nach seinem Tod seine

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