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Beweislast

Beweislast

Titel: Beweislast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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und ihm mehr Kontrast zu verleihen. »Das ist das letzte Bild – aufgenommen um 16.14 Uhr gestern. So jedenfalls hats die Kamera registriert. Wobei man wissen muss, dass es sich um eine Uhrzeit handelt, die nicht mit der wirklichen übereinstimmen muss.« Der Beamte drehte sich um. »Die Uhrzeit muss manuell programmiert werden«, erklärte er und brachte damit zum Ausdruck, dass er allergrößten Wert auf genaue Recherche legte, »wir hatten schon Fälle, da ist nie eine aktuelle Uhrzeit eingestellt worden – und deshalb hat die Kamera irgendeine fiktive Zeit angezeigt, sodass …«
    »Schon gut, aber du sagst doch, es sei gestern aufgenommen worden, dann dürfte zumindest das stimmen, oder?«
    Der Kollege zuckte mit den Schultern. »Wenn nicht eine etwaige fiktive Zeit zufällig mit unserer Zeit zusammengefallen ist.«
    Specki holte tief Luft. »Okay. Und was sagt uns dieses Bild hier?«
    »Woher soll ich das wissen? Ich wills dir ja nur zeigen. Eine Landschaft halt. Bei schlechtem Wetter. Ich habs ganz schön aufhellen und kontrastieren müssen.« Er deutete auf die weite Wiesenlandschaft.
    Specki rückte näher heran. »Das ist doch dieses Tal«, überlegte er.
    »Dieses Tal«, wiederholte der Kollege, »welch erschöpfende Auskunft!«
    »Hier«, Specki deutete mit dem Kugelschreiber auf eine Hofstelle, die sich aber nur schemenhaft aus der vernebelten Landschaft hervorhob. »Das ist der Eulengreuthof und dies …« Er klopfte mit dem Kugelschreiber am rechten oberen Rand des Monitors auf eine andere Gebäudeansammlung. »Dies ist der Steinberghof.«
    »Sehr aufschlussreich. Wer hätte das gedacht?«
    Specki ließ sich nicht irritieren und deutete nun auf die untere Bildmitte. »Und hier, genau hier, liegt unser Tatort.«
    Der Kollege lächelte. »Na, prima. Dann hat er doch den Tatort fotografiert.« Er schaute seinen Kollegen von der Seite an. »Wir brauchen jetzt nur die restlichen dreiundfünfzig Bilder durchzugehen und werden irgendwo das erhoffte Täterporträt finden – oder?«
     
    »Der Bauernkrieg vom Eulengreuthof«, kommentierte Hä­berle, als er zusammen mit Linkohr nach Göppingen zur Direktion zurückfuhr, wo inzwischen ein Dutzend Kollegen die technischen Voraussetzungen für eine Sonderkommission geschaffen hatten: Tische waren in lange Reihen gerückt und Computer entsprechend verkabelt worden.
    An der Stirnseite standen zwei dieser großen Halterungen, auf denen weißes Papier darauf wartete, mit Filzstiften beschrieben zu werden. Sogenannte Flipcharts.
    Die Beamten, die aus ihrer Wochenendruhe gerufen worden waren, wussten, was in solchen Fällen zu tun war. Wortlos richteten sie die Arbeitsplätze ein, an denen in den nächsten Stunden und Tagen die Ermittlungsfäden zusammenlaufen würden. Nur Bruhns Stimme war zu hören, wenn er auf Eile drängte. Seine Laune hatte einen gefährlichen Tiefpunkt erreicht, worauf seine schweißnass glänzende Glatze schließen ließ. Seine Ungeduld eskalierte vollends, nachdem er vergeblich versuchte, ein mehrpoliges Kabel in die Rückseite eines Computers zu stecken. Er war drauf und dran, die dünnen Kontaktstifte gewaltsam in die Buchse zu drücken, als Häberle und Linkohr auftauchten. Zu seinem Leidwesen rapportierten die beiden Kriminalisten nicht sofort, sondern schüttelten freundschaftlich den Kollegen die Hände.
    »Sie kommen von draußen?«, polterte Bruhn sofort los und warf das kurze Kabel mit zorniger Miene in die Ecke.
    Häberle drehte sich langsam zu ihm um, während die anderen Kriminalisten nichts zu sagen wagten. »Ja, wir haben uns mal bei den Bewohnern umgehört«, erklärte der Chefermittler, der mit seiner Körperfülle alle anderen bei weitem übertraf, »die meisten von uns werden wissen, was da draußen abgeht. Das ländliche Idyll steht im krassen Widerspruch zu den menschlichen Spannungen …« Er grinste. »Oder nennen wir es Krieg, der zwischen den Eulengreut- und Steinberghöflern tobt.«
    In diesem Augenblick war Specki an der offenen Tür erschienen, um Häberles Satz zu vollenden: »Und mittendrin liegt unser Tatort.«
    Die Köpfe drehten sich zu ihm. Der Kollege erklärte, was er auf den Fotos aus Grauers Kamera gesehen hatte: »Fünfmal hat er gestern Nachmittag kurz vor seinem Tod die Szenerie rund um den Tatort fotografiert. Ohne erkennbaren Grund. Zweimal hat er diese Schweinestallbaustelle etwas stärker angezoomt.« Der Kriminalist wartete vergeblich auf eine Nachfrage. Bruhn schien Luft zu holen, sich dann aber

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