Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Beweislast

Beweislast

Titel: Beweislast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
Vom Netzwerk:
Hornungs Mund huschte ein ironisches Lächeln.
    »Mit zunehmender Tendenz, denke ich.«
    »Ja, natürlich«, bestätigte Hornung. »Klar, Hartz IV und so. Den Leuten wird erst jetzt so langsam klar, was dies bedeutet.«
    »Lässt sich denn feststellen, welche, ja, sagen wir mal, welche Problemfälle Herr Grauer gehabt hat, seit der erste Drohbrief eingegangen ist?«
    Hornung überlegte kurz. »Problemfälle? Das ist nicht einfach. Wir haben an so was damals bereits gedacht. Natürlich gibt es die aufbrausenden Typen, die Jähzornigen, klar. Aber nicht jeder, dem mal die Hutschnur reißt, muss doch gleich einen Drohbrief schreiben. Oft sind es doch gerade die Stillen, die ihrem Ärger mit Schriftsätzen Luft verschaffen.«
    Specki musste sich insgeheim eingestehen, dass Hornung vermutlich gar nicht mal so falsch lag. »Trotzdem wären wir Ihnen dankbar, wenn Sie uns Grauers Kundschaft benennen könnten.«
    »Alle? Oder wie meinen Sie das?«
    »Alle, ja – alle des letzten halben Jahres.«
    »Das dürfte eine ganze Menge sein.«
    »Uns reicht ein Computerausdruck mit den Adressen – falls es so etwas gibt«, bat der Kriminalist und fügte gleich hinzu: »Bis wann ist das möglich? Auch heute am Sonntag?«
    Hornung schüttelte den Kopf. »So einfach geht das nicht. Dazu brauchen wir seine Mitarbeiter.« Er lächelte gequält.
    »Ich bin als Teamleiter damit nicht vertraut, müssen Sie wissen.«
    »Montagfrüh dann erst?«, hakte Specki leicht genervt nach und sein Gegenüber nickte.
    »Okay, was wissen Sie über sein Privatleben?«
    »Privatleben?« Hornung runzelte die Stirn und richtete sich in seinem Sessel auf, »um ehrlich zu sein, so gut wie nichts. Ein in Ehren ergrauter Eigenbrötler, würd ich sagen, ja. Junggeselle – aber fragen Sie mich nicht nach Frauen. In diesem Alter spricht man nicht drüber …« Er grinste. »Herren in diesem Alter sind diskret und verschwiegen. Nein, über Herrn Grauer gab es keinen Klatsch und Tratsch.«
    »Er hat allein gewohnt?«
    »Soweit ich das weiß, ja. Manchmal haben wir uns gewundert, wie er das macht. Er war – das müssen Sie wissen – eher ein Schreibtischmensch. Als Hausmann konnte sich den niemand vorstellen.«
    Specki besah sich die Aquarelle, die an der weißen Raufasertapete hingen. Alles Motive aus der näheren Umgebung.
    »Dann ist da noch etwas«, wechselte er erneut das Thema, »seine Freizeit. Was hat Herr Grauer in seiner Freizeit getan?«
    Hornungs Gesicht nahm ernste Züge an. »Freizeit?« Er überlegte. »Ich sagte doch schon – wir wissen wenig von ihm. Sehr wenig.«
    »Es scheint so, als habe Herr Grauer gerne fotografiert«, machte Specki vorsichtig und eher belanglos weiter.
    »Fotografiert?« Hornung gab sich ratlos. »Keine Ahnung, wirklich nicht.«
    »Seine Vorliebe waren Baustellen.«
    »Baustellen? Wie darf ich das verstehen?«
    »Baustellen«, sagte Specki noch einmal, »so, wie ichs sage. Er hat Baustellen fotografiert.
    Haben Sie eine Erklärung dafür?« Hornung schüttelte den Kopf.
     
    Der Mann war gerade erst aufgestanden. Sein Haar ungekämmt, den Oberkörper in ein viel zu enges Freizeithemd gezwängt. Er war über den frühen Besuch an diesem Sonntag sichtlich ungehalten. Seine Laune besserte sich auch nicht, als sich Häberle und Linkohr vorgestellt hatten. Dass am Freitagabend an seiner Baustelle ein Verbrechen verübt worden war, schien Simon Eckert nicht sonderlich zu erschüttern. Die beiden Kriminalisten hatten ihn im dritten Stock einer Wohnanlage in Echterdingen ausfindig gemacht. Eckert blieb unter der Tür stehen und schien nicht gewillt zu sein, die beiden Besucher hereinzubitten. »Hätten wir das nicht am Telefon erledigen können?«, fragte er unwirsch und strich sich das Haar aus der zerfurchten Stirn. »Sie holen mich aus dem Bett – wenn ich das so sagen darf.«
    »Das tut uns sehr leid«, erwiderte Häberle ernst und dämpfte seine Stimme, damit sie nicht durchs hellhörige Treppenhaus schallte, »aber außergewöhnliche Vorkommnisse erfordern außergewöhnliches Vorgehen.«
    »Was hab ich denn damit zu tun? Was soll mich das überhaupt angehen?«
    »Können wir nicht einen Moment reinkommen?«
    Eckert überlegte, blickte von Häberle zu Linkohr und erkannte, dass es wohl am besten war, der Bitte nachzugeben. Er machte eine Kopfbewegung, trat zur Seite und ließ die beiden Kriminalisten in die großzügig gestaltete Diele. Während er voraus in Richtung Wohnzimmer eilte, zog er eine Tür zu, die einen Spalt weit

Weitere Kostenlose Bücher