Beweislast
möchte hinter dem Container Spuren verwischen?«
Speckinger blieb freundlich. »Sie werden verstehen, dass wir nichts unversucht lassen dürfen und alles überprüfen müssen. Was war denn hinter dem Container gelagert?«
»Nichts Besonderes«, antwortete der Bauleiter, der jetzt mit dem Standort des Lastwagens zufrieden war. »Ein paar Drainagerohre – das sind diese Plastikdinger, ein paar Dielen und Holz für die Schalarbeiten … ja, einige Metallpfosten, um die Baustelle abschranken zu können.« Er ging unaufgefordert zu dem Bürocontainer hinüber. Die Rückseite war größtenteils verrußt und angesengt, Plastikteile zerschmolzen. »Was hätt da brennen können?«, fragte Speckinger, »das ist doch Metall, oder nicht?« Irgendetwas am aufgeweichten Boden erregte seine Aufmerksamkeit.
»Nicht alles«, entgegnete der Bauleiter, »viel Kunststoff, dazwischen Isoliermaterial. Ich denk, wenn die Hitze groß genug ist, fängt da einiges zu brennen und zu schmelzen an.«
»Dann hat da hinten jemand ein größeres Feuer gelegt«, stellte Speckinger fest und deutete auf eine längliche schwarze Stelle im Erdreich.
»Sieht so aus, ja. Vielleicht ein paar Liter Sprit ausgeleert und ein Streichholz reingeworfen – das geht ruckzuck.« Eckert eilte wieder davon. Er schien den Brandanschlag bereits abgehakt zu haben.
Der Kriminalist ging noch ein paar Schritte hinter den Container. Was dort seine Aufmerksamkeit erregt hatte, war ein Streichholzheftchen. Er bückte sich und griff nach dem völlig durchnässten, gefalteten Stückchen Karton, auf dessen einer Seite sich eine Hochglanzfotografie befand. Der Kriminalist nahm das Heftchen vorsichtig in die Hand. Offenbar waren alle Streichhölzer herausgebrochen. Das Foto auf der Vorderseite zeigte ein Wohnmobil. Am unteren Rand war die Adresse eines Caravanhändlers aus dem Remstal zu lesen. Speckinger nahm das Beweismittel mit. Er würde nachher auch noch die Spurensicherung schicken, um die Art und Weise des Brandbeschleunigers analysieren zu lassen. Man konnte ja nie wissen.
»Sie können mich jederzeit anrufen, wenn Sie noch was wissen wollen«, rief ihm Eckert zu, der ihn misstrauisch beäugt hatte, bevor er nun hinter dem Lkw verschwand und den Kriminalisten zurückließ.
35
Ketschmar ließ sich widerstandslos festnehmen. Er saß zusammengesunken im Esszimmer, als Chrissi die Kriminalisten hereinführte. Ihre Mutter blieb sitzen und weinte hemmungslos. Häberle legte dem Mann vorsichtig eine Hand auf die Schulter. »Wir müssen Sie leider bitten, mit uns zu kommen.« Der Angesprochene rührte sich nicht. Sein Blick war starr auf die Tischdecke gerichtet. Chrissi war kreidebleich geworden. Sie sah Hilfe suchend von einem Beamten zum anderen.
»Es gibt Erkenntnisse, die einen dringenden Tatverdacht nahe legen«, erklärte der Chefermittler.
»Sie wollen Vati mitnehmen?« Die junge Frau schien erst jetzt zu begreifen, was um sie herum vorging. In ihrem Gesicht stand das blanke Entsetzen.
Häberle nickte zaghaft, während seine Kollegen die Situation gespannt verfolgten.
Für ein paar Sekunden herrschte bleiernes Schweigen. Ketschmars Frau schluchzte. Er selbst saß noch immer regungslos. Häberle überlegte, wie er die peinliche Lage möglichst schnell in den Griff bekommen konnte.
»Herr Ketschmar«, sprach er ihn direkt an und klopfte ihm auf die Schulter, »bitte kommen Sie mit. Wir werden uns in aller Ruhe unterhalten. Und wenn Sie wollen, können Sie selbstverständlich Ihren Herrn Schwiegersohn hinzuziehen.«
Für Chrissi war dies offenbar eine Art Stichwort. Sie rannte aus dem Zimmer – vermutlich zum Telefonieren, dachte Häberle.
»Sie habens geschafft«, flüsterte Ketschmar resigniert, ohne aufzusehen. »Sie habens geschafft.«
»Ich werde mein Möglichstes für Sie tun«, versprach Häberle, »und Ihr Schwiegersohn sicher auch.«
Der Mann hob plötzlich ruckartig den Kopf und sah zu dem Kommissar auf: »Ich bin unschuldig.« Seine Stimme war schwach und leise. »Ich bin wirklich unschuldig.« Er schluckte. »Ich bin da in etwas hineingeraten.«
Häberle nickte verständnisvoll.
Ketschmar wurde lauter. »Ich bin wirklich unschuldig. Oder glauben Sie mir bloß nicht, weil ich arbeitslos bin? Weil ich keinen Job habe?« Er begann zu zittern. Schweiß bildete sich auf seiner Stirn. Die anderen Kriminalisten ließen ihn nicht aus den Augen. In solchen Fällen war mit plötzlichen Wutausbrüchen und Attacken zu rechnen. Ketschmar sprang auf,
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