Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Beweislast

Beweislast

Titel: Beweislast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
Vom Netzwerk:
sein wollten. Nichts deutete darauf hin, dass Ketschmar gewalttätig werden könnte oder gar flüchten würde. Er ließ sich auf einen Besucherstuhl sinken und spürte seine eiskalten, schweißnassen Hände.
    Häberle setzte sich hintern Schreibtisch, Linkohr an die abgerundete Kante.
    »Es hat sich etwas ergeben«, begann der Kommissar ruhig, »etwas, das den dringenden Tatverdacht nahe legt, dass Sie etwas mit dieser Sache an der Baustelle zu tun haben.«
    Ketschmar schloss die Augen und nickte, als ob er für diese Feststellung Verständnis zeige. »Ich kann bestimmt sagen, was ich will – Sie werden mir nicht glauben.« Seine Stimme war schwach und belegt.
    Häberle beruhigte und verschränkte die Arme: »Wir gehen Ihren Angaben genauso sorgfältig nach wie allen anderen Indizien.«
    Ketschmar hob den Kopf und sah die beiden Kriminalisten an. »Indizien – ja«, er holte tief Luft, »natürlich. Sie haben Indizien. Deshalb werden Sie mir nicht glauben.«
    »Ich sagte doch, dass wir allem nachgehen werden. Und zwar unvoreingenommen.«
    »Bevor ich etwas sage«, kam es schwach zurück, »möchte ich mit meinem Schwiegersohn sprechen.« Er fragte vorsichtig nach: »Ich hab doch das Recht, nur meinem Anwalt etwas zu sagen?«
    Häberle hob beschwichtigend die Arme und Linkohr stützte mit dem linken Arm den Kopf ab. »Selbstverständlich haben Sie dieses Recht. Ich hab nur gedacht, wir könnten uns schon mal vorab unterhalten, bis Ihr Schwiegersohn eintrifft.« Der Ermittler lächelte sanft. »Wir wollten Ihnen einfach ersparen, die Zeit bis dahin anderswo verbringen zu müssen.«
    Anderswo verbringen müssen, hallte es in Ketschmars Kopf nach. Anderswo verbringen. Wenn es bös für ihn endete, würde er die restlichen Tage seines Lebens anderswo verbringen. Vier mal vier Meter, hatte er mal irgendwo gelesen. Milchglasscheibe. Gitter. Tür ohne Klinke. Einmal monatlich Besuch.
    »Ich hab nichts getan«, flüsterte er, »ich schwörs.«
    Häberle dachte nach. »Wenn Sie gestatten, kann ich Ihnen auch ohne Gegenwart Ihres Anwalts vorhalten, was uns … ja, sagen wir es mal so, was uns doch erheblich stutzig gemacht hat.«
    Ketschmars Augen waren müde und rot unterlaufen. »Sagen Sies doch endlich«, erwiderte er, »sagen Sies … sagen Sie, dass Sie mich für den Mörder halten.« Er war plötzlich energischer geworden, um dann jedoch wieder in sich zusammenzusinken.
    »Ihnen sagt sicher der genetische Fingerabdruck etwas«, fuhr Häberle fort, »Erbgutanalyse und so. Um es deutlich zu sagen … wir haben an der Kleidung des Opfers DNA-Material von Ihnen gefunden.«
    Der Mann wurde noch blasser, als er es bereits war. Seine Augen hingen wie gebannt an Häberle. Es war ein Ausdruck des Entsetzens, der völligen Ratlosigkeit. Linkohr beobachtete die beiden Männer, deren Blicke sich sekundenlang trafen.
    Ketschmar schluckte, seine Stirn glänzte.
    »Wir haben am Pullover von diesem Friedbert Grauer Speichelspuren gefunden, die nur von Ihnen stammen können.«
    Ketschmar dachte, sein Körper sterbe ab. Er schloss die Augen und presste sie fest zusammen. Er wollte sterben. Jetzt, hier, sofort.
    »Aber es gibt noch einiges mehr …«, hörte er die Stimme des Kommissars wie aus weiter Ferne. Noch einiges mehr …
     
    Speckinger hatte sich beim Verlassen der Baustelle an etwas erinnert, das ihm heute früh beim Lesen der bisherigen Vernehmungs-und Ermittlungsprotokolle aufgefallen war. Zwischen diesem Eckert und dem Ermordeten hatte es eine Beziehung gegeben. Keine auffällige zwar, aber immerhin hatten sie einige Male miteinander zu tun gehabt. Eckert war wohl hin und wieder von diesem Arbeitsvermittler angerufen und gefragt worden, ob es Arbeitsplätze gebe.
    Obwohl der Kriminalist wusste, dass der Fall inzwischen so gut wie geklärt war, wollte er auf der Rückfahrt zur Direktion noch einmal diesen arroganten Hornung in der Agentur für Arbeit aufsuchen.
    In Ermangelung eines Parkplatzes stellte er den Dienstwagen ins eingeschränkte Halteverbot gegenüber der Feuerwache und ging die paar Schritte zum Prunkbau des Arbeitsamtes hinüber. Den Weg zu Hornungs Büro kannte er von seinem Besuch vom Montagvormittag. Er klopfte artig, wartete aber nicht ab, bis ihn jemand hereinbat, sondern trat ein. Hornung saß hinter seinem noch immer blitzblanken Schreibtisch und telefonierte. Er erkannte jedoch sofort, wer es gewagt hatte, ihn so unvermittelt zu stören. Mit einer Handbewegung forderte er den Beamten auf, an dem

Weitere Kostenlose Bücher