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Bewusstlos

Bewusstlos

Titel: Bewusstlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Thiesler
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heftigen Kampf an, und den hätte einer der Anwohner mitbekommen müssen«, bemerkte einer der anwesenden Polizisten.
    »Richtig«, erwiderte Richard bitter, »aber man fragt sich so manches Mal, ob die Einwohner alle taub und blind sind oder zwanzig Schlaftabletten genommen haben, denn sonst müssten sie viele fürchterliche Dinge mitkriegen, die genau vor ihren Fenstern passieren. Da erzähle ich euch allen sicher nichts Neues.«
    Niemand widersprach.
    »Wir müssen also wesentlich intensiver in die Tiefe gehen, als wir es bisher schon getan haben. Die ein oder andere Befragung werden wir wiederholen müssen, da wir jetzt Überschneidungen suchen. Schnittpunkte bei den Bekannten von Gerlinde Gruber und Natascha Baumann. Irgendeinen Zusammenhang muss es geben. Ich glaube in diesem Fall nicht an einen Triebtäter, der mal eben eine Frau ersticht und dann mal eben eine andere vergewaltigt. Einfach so, ohne Sinn und Verstand. Ein Triebtäter hat ein gewisses Beuteschema, eine sexuelle Fantasie, ein Ziel. Und nichts davon lässt sich in diesen beiden Fällen erkennen.«
    »Was ist mit dem Lebensgefährten von Frau Gruber?«, fragte Uwe Hartung, der eigentlich immer absolutes Desinteresse ausstrahlte, ständig aus dem Fenster sah oder imaginäre Fussel von seiner Hose zupfte. Aber offensichtlich war er diesmal bei der Sache.
    »Lars und ich haben mit ihm gesprochen«, antwortete Richard. »Für die Tatzeit des Mordes hat er kein Alibi. Im Hause Gruber haben während Gerlindes Abwesenheit alle geschlafen. Kein Kind hatte Husten, Fieber oder Albträume und ist an Viktor Webers Bett aufgetaucht, insofern wissen wir nicht, ob er wirklich zu Hause war. Aber er erscheint mir als ein Mensch, der ehrlich trauert, der die Frau seines Lebens verloren hat, und wenn er mit ihrem Tod zu tun haben sollte, verstehe ich die Welt nicht mehr. Außerdem sind seine Fingerabdrücke nicht auf der Tatwaffe gefunden worden. Nichtsdestotrotz solltest du, Uwe, ihn Natascha Baumann gegenüberstellen. Sie hat den Vergewaltiger zwar als wesentlich jünger beschrieben, aber man weiß ja nie. Ihre Aussage bringt uns dann hundertprozentige Gewissheit.«
    Uwe nickte. »Obwohl die nicht vorhandenen Fingerabdrücke ja auch schon einiges aussagen.«
    »Uwe, bitte.« Richard seufzte, denn ein bisschen mehr Fantasie setzte er bei seinen Mitarbeitern eigentlich voraus. »Der Mörder kann das Messer abgewischt haben, dann kommt ein Spinner vorbei, nimmt es gedankenlos in die Hand, und schon sind Fingerabdrücke eines Unbeteiligten, aber nicht die des Mörders auf der Tatwaffe.«
    »Wenn es so ist«, konterte Uwe, »warum nimmt der Mörder das Messer dann nicht mit, sondern poliert es und lässt es liegen? Das erscheint mir schwachsinnig.«
    »Sicher ist es schwachsinnig, aber dennoch möglich. Du weißt, wie es ist, selbst die allerunwahrscheinlichste Konstruktion reicht vor Gericht manchmal aus, um einen Angeklagten freizusprechen. Nicht alle Menschen handeln, wie man es vermuten würde. Aber es ist schon richtig. Es spricht viel für die Unschuld von Viktor Weber. Aber wir sollten dennoch auf Nummer sicher gehen.«
    Sein tiefes Durchatmen war Stöhnen und Seufzen zugleich.
    »Kollegen, wir starten jetzt das ganz große Programm«, fuhr er fort. »Ich weiß, wir sind nicht viele, aber wir müssen uns da durchwursteln. Ich möchte, dass Gerlinde Grubers Zeitungsroute abgegangen wird. Was lag alles auf ihrem Weg? Wer kannte sie? Wer hat schon mal mit ihr gesprochen? War in der Nacht ihres Todes irgendetwas anders als sonst? Ich möchte alles wissen. Ob ein Papierkorb schief hing, ein Baum seine Blätter verloren hat oder ein Eisbär über den Zebrastreifen ging. Ihr wisst, was ich meine.«
    Die meisten nickten und grinsten zugleich.
    »Ich möchte, dass außerdem jeder überprüft wird, der in den letzten fünf Jahren Kontakt mit Gerlinde Gruber hatte: Verwandte, Nachbarn, Freunde, Kollegen. Vielleicht gibt es irgendeinen Hanswurst aus dem siebzehnten Glied, der uns den Weg zu Natascha Baumann weist. Geht in den Stall und befragt Gäste und Angestellte. Was war das für ein Typ? Kam er öfter, hat er schon mal andere Kontakte geknüpft? Wenn ja, welche? Wer könnte ihn beschreiben? Wie benahm er sich? Auffälligkeiten et cetera pp. Und die zweite, noch wichtigere Frage: Was könnte das Motiv sein? Vielleicht irgendeine Geschichte aus vergangenen Zeiten, die es plötzlich plausibel machen könnte, warum Gerlinde erstochen worden ist.«
    Einige

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