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Bezaubernde Spionin

Bezaubernde Spionin

Titel: Bezaubernde Spionin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo MacDoherty
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drohte, wenn sie jetzt berührt wurde, auch wenn es nur eine Bürste in ihrem Haar war. »Was genau meint Ihr denn?« Sie bemühte sich um eine gelassene Haltung, zuckte aber zusammen, als sie bemerkte, dass sie ihre Fäuste immer noch geballt hatte.
    Nanette schien nichts davon bemerkt zu haben. »Nun, es war etwas in ihrem Gang und an ihrem Lächeln, Mylady«, meinte sie, hielt einen Moment inne, hob die Bürste an den Mund und tippte sich dann nachdenklich damit gegen die Wange. »Ihr Lächeln schien sich … zu verstärken, als sie zum Podest ging, »als wüsste sie etwas, was sonst keiner wusste. Und ihr Gang wurde … geschmeidiger, lasziver. Oh, und dieses Kleid …« Nanette schüttelte den Kopf. »Ich würde töten, um den Namen ihres Schneiders zu erfahren. Wie sittsam, schlicht und schicklich, und dennoch so ungeheuer verführerisch. Man sah eigentlich nichts und ahnte doch alles. Und als sie sich dann verbeugte …« Nanette schnalzte mit der Zunge. »Ich könnte schwören, dass sie dabei den Lordkämmerer angesehen hat. Jedenfalls hat sie ihren Kopf so geneigt, dass er einen ausgiebigen Blick auf ihren Hals und ihr Dekolleté werfen konnte. Hach!«
    Nanette lachte und fuhr mit der Bürste wie mit einem Fächer durch die Luft. »Ihr könnt Euch nicht vorstellen, wie sich der arme Sir Rupert gefühlt haben muss!«
    »Nein? Also wirklich, der Arme!«, knirschte Aylinn. »Wie …«, sie räusperte sich. »Wie hat er sich denn wohl gefühlt, was meint Ihr, hm?«
    »Nun, jedenfalls stand er plötzlich im Mittelpunkt des allgemeinen Interesses, und ich kann Euch verraten, dass die Blicke, die ihm die Anwesenden zugeworfen haben, alles andere als freundlich gewesen sind.« Sie lachte. »Natürlich nur die der Männer.« Sie lachte perlend. »Die Frauen waren viel zu sehr damit beschäftigt, diese Engländerin mit ihren Blicken zu erdolchen!«
    Aylinn presste die Lippen aufeinander und mahlte mit den Kiefern. Sir Rupert konnte wirklich von Glück sprechen, dass sie diese Szene nicht mitbekommen hatte. Sonst hätte sie ihn nicht nur mit ihren Blicken durchbohrt. Doch im nächsten Moment schüttelte sie den Kopf, was ihr ein tadelndes Zungenschnalzen von Nanette einbrachte, die gerade die Haarbürste angesetzt hatte, und musste sich zusammenreißen, um nicht vor Gereiztheit zu stöhnen.
    Was war nur mit ihr los? Wurde sie diesen Tumult von widerstreitenden Gefühlen, wenn es um Sir Rupert ging, denn gar nicht mehr los? Was hatte dieser Mann an sich, dass er sie so durcheinanderbrachte? In einem Moment glaubte sie, dass sie nichts mehr von ihm wollte, und im nächsten wurden ihr fast die Knie weich, wenn er sie nur ansah.
    Gewiss, sie hatten eine Liebesnacht verbracht, eine wundervolle, außergewöhnliche, unvergleichliche, einzigartige Liebesnacht, und sie hatte sich ihm vollkommen hingegeben, aber …
    Aylinn schloss die Augen.
    … es war mehr als das gewesen. Er hatte etwas in ihrem tiefsten Inneren berührt. Sie hatte sich nicht nur geliebt gefühlt, wirklich und leidenschaftlich geliebt, sondern auch verstanden und respektiert.
    Und dann hat er meinen Vater erschossen.
    Aylinn lauschte dem Gedanken einen Moment nach und wartete darauf, dass sich das schmerzverzerrte Antlitz ihres Vaters vor ihre Augen schob. Das Gesicht jedoch, das sie stattdessen sah, war keineswegs schmerzverzerrt, sondern eher verzückt, und Aylinn öffnete fast erschrocken die Augen. Erneut durchfuhr sie ein schmerzlicher Stich, aber diesmal hatte er nichts mit der Erinnerung an den Tod ihres Vaters zu tun. Aylinn weigerte sich zuzugeben, was sie da empfand, aber es wollte ihr nicht gelingen. Das hatte ihr gerade noch gefehlt!
    Dieser Mann hatte sie nicht nur entjungfert und ihren Vater getötet, hatte ihr nicht nur die schönste Nacht ihres Lebens und den schrecklichsten Tag beschert, war die eine Person, die zu vergessen sie sich seit einem Jahr vergeblich bemühte, weil jeder Gedanke an eine gemeinsame Zukunft aussichtslos war, nein, jetzt war sie auch noch eifersüchtig seinetwegen! Und das nur wegen der Blicke, die er auf eine andere Frau geworfen hatte. Aylinn schaffte es gerade noch, nicht vor Zorn mit den Zähnen zu knirschen.
    »Mylady?«
    Aylinn hob die Hand.
    »Einen Moment, Nanette.«
    »Mylady?«, wiederholte Nanette, deren Stimme jetzt besorgter klang. »Geht es Euch gut?«
    Aylinn öffnete die Augen, die sie unwillkürlich wieder geschlossen hatte, weil sie fürchtete, die Beherrschung zu verlieren, wenn sie sich im Spiegel

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