Beziehungsglueck
selbst« ermutigen wollen, von Ihrem Partner loszulassen und für sich zu gehen, so schmal ist aber auch der Grat – vor allem oft für die Männer –, dass das Grenzensetzen ins Schotten-Dichtmachen kippt. Dann wird aus sorgen für sich selbst flüchten und weglaufen.
Wie können Sie also den Unterschied erkennen? Wenn Sie Grenzen für sich setzen, ist das meist ein sehr bewusster und kraftvoller Akt. Wenn Sie dagegen die Schotten dichtmachen, dann steckt dahinter oft ein Gefühl von Ohnmacht, Widerstand und Verweigerung. Und manchmal ist es schlicht Trotz oder Bequemlichkeit: Wenn mein Partner nicht dieses oder jenes macht, dann zieh ich mich eben zurück.
Also seien Sie wachsam und beschummeln Sie sich nicht selbst. Wenn Sie merken, dass Sie bei Komplikationen schnell auf Tauchstation gehen, wenn Sie sich unbequemen Diskussionen und Auseinandersetzungen gern entziehen, sich gerade aus einer schwierigen Beziehungsdynamik herausschleichen, dann ist Ihre Aufgabe in Sachen »Liebe dich selbst« genau entgegengesetzt zu der vieler anderer, die erst mal das Nein-Sagen lernen müssen. Bei Ihnen geht es nämlich darum, sich wieder zu öffnen, einzulassen, zu bekennen, zu zeigen und vor allem anzuvertrauen. Und zwar aus einem Grund: Damit Sie frei werden. Damit Sie das Gefühl im Nacken verlieren, immer auf der Hut sein zu müssen, jeden Moment von den Ansprüchen Ihres Partners eingeengt, überrollt oder verschlungen zu werden.
»Liebe dich selbst« ganz praktisch
Zunächst eine kleine Übung: Spüren Sie einfach einmal nach, was diese Worte mit Ihnen machen: … sich einlassen … sich anvertrauen … sich öffnen …
Regt sich Widerstand? Ja? Dann braucht es im Moment nicht mehr von Ihnen, als diesen Widerstand einfach wahrzunehmen, vielleicht zum ersten Mal bewusst. Wenn Sie sich erlauben, Ihrer eigenen Abwehr einen Moment nachzugehen und dabei bewusst zu bleiben, dann treten vielleicht schon die Gefühle, um die es eigentlich geht, zutage. Vielleicht ist es ja so, dass Sie gar nicht wissen, wie Sie Ihrem Partner begegnen sollen. Oder dass Sie sehr verunsichert sind. Vielleicht wissen Sie nicht, was Sie sagen sollen. Vielleicht ist es Resignation.
In jedem Widerstand steckt auch Angst. Auch wenn Sie alle möglichen logischen Argumente anführen können – hinter Ihrem Widerstand warten Gefühle. Das Beste, was Sie für sich nun in Sachen »Liebe dich selbst« tun können: Gestehen Sie sich diese Gefühle ein und fassen Sie Mut, mit Ihrem Partner über sie zu reden.
Die große Übung hierzu ist eigentlich auch ganz klein: Sie müssen nicht perfekt sein. Sie brauchen sich nicht genau erklären zu können. Sie brauchen auch keine Lösung.
Der Akt, der schon für große Veränderungen sorgen kann, ist, dass Sie mit Ihren Gefühlen – mögen sie auch noch so diffus und unkonkret sein – einfach nur auf Ihren Partner zugehen. Aber auch hier gilt: Erwarten Sie von ihm nicht die perfekte Reaktion. Das ist genauso wie beim Nein-Sagen. Sie tun es für sich. Ihr Partner reagiert, wie er eben reagiert. Sie tun Ihren Schritt, gehen auf den anderen offen und ehrlich zu, um sich aus Ihrer inneren emotionalen Isolation zu befreien. Sie werden freier, je mehr Sie lernen, sich mit Ihren oft noch unklaren und verletzlichen Gefühlen zu zeigen. Indem Sie lernen, anderen unmittelbar zu begegnen, hilft Ihnen das zu mehr innerer Verbundenheit und Authentizität.
Dabei kann es durchaus sein, dass Ihr Partner nicht gleich auf Sie eingehen kann oder unvorsichtig reagiert. Lassen Sie sich nicht entmutigen und geben Sie Ihrem Partner eine Chance, sich auf Ihre Veränderung einzustellen. Sie haben Neuland betreten – und er muss sich nun erst einmal damit arrangieren.
Raus aus der gemütlichen Komfortzone!
V
ielleicht erwischen Sie sich immer öfter bei dem Gedanken, dass es bei anderen Paaren bestimmt spannender ist. Dass die neue Kollegin irgendwie lebendiger und geheimnisvoller wirkt als der gemeinsame Abend vor dem Fernseher, der Sie zu Hause erwartet. Oder dass der Mann, den Sie in der Ausstellung getroffen haben, sicher viel interessierter und tiefgründiger ist als der, der zu Hause ausnahmsweise mal auf die gemeinsamen Kinder aufpasst.
Wenn Sie gerade das Gefühl haben: Verdammt, aber ich brauche einfach einen Kick – dann brauchen Sie keinen Kick, sondern Mut. Den Mut, sich ein paar Fragen zu stellen: Was kann ich gegen den Trott in meinem Leben und in meiner Partnerschaft tun? Wo passe ich mich um der Sicherheit oder
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