Beziehungskiller: Kriminalroman (German Edition)
Biachl is die Firma!«
»Das
kann aber nicht Ihr Uropa gewesen sein, das ist über 370 Jahre her.«
»Sicher
net, aber so sagn ma alle. Uropa Goldzung und Uropa Ftacek. Anselm Ftacek war
Söldnerführer. A schlimme Rottn hat er angführt, sogar der Wallenstein hat
Angst vor ihm g’habt. Von Pommern bis nach Siebenbürgen hat ma sein Namen
kennt.«
»Im
Dreißigjährigen Krieg?«
»Sicher.
Was der Ftacek net glei zu Geld gmacht hat, hat er dem Chaim Goldzung
verkauft.«
»Mit
den Kakaobohnen hat dann Ihre Firma begonnen.«
»So
sagt ma, bei uns. Kakao, des braune Gold.« Wieder sprach er ganz eigentümlich
wienerisch das Wort mit weichen g’s und zusammengezogenem ao-Diphtong aus.
»Dieses
Buch beinhaltet also die ganze Geschichte der Firma Ihrer beiden Familien.«
»So
isses.«
»Die
Rezepte aber, so sagen Sie, kennen Sie alle.«
»Aus’n
Effeff.«
»Warum
sollte dann aber irgendwer ein Interesse an diesem Buch haben, das so weit
geht, dass jemand eine Entführung begehen würde?«
»Was
waß i?«, rief Ftacek aus, stand auf und ging unruhig um den Tisch herum.
Irgendetwas wollte er uns verheimlichen.
»Wenn
Sie uns nicht weiterhelfen, dann werden die Entführer Goldzung wahrscheinlich beseitigen«,
warf Laura ein.
Ftacek
zuckte nur mit den Achseln.
»Da
Goldzung halt was aus. Was manens, macht der mit mir, wenn i des Biachl
eintausch?« Rhetorische Frage, wir antworteten nicht.
»Des
Gleiche tät er machen, was i tatat! I schlagat eahm den Schädel ei!«
»Nur
aus Sentimentalität? Das sollen wir Ihnen glauben?«, bohrte Laura nach.
»Jeder
kann glaub’n, was er will«, stieß Ftacek zwischen den Zähnen hervor. Er war
sehr nervös geworden und fühlte sich sichtlich unwohl. Die Situation behagte
ihm überhaupt nicht.
»Laura,
ich glaub’, ich weiß, wo das Problem liegt.«
»Ja?«
»Die
Rezepte und die kleinen Familienanekdoten sind sicher kein Problem. Aber soweit
ich weiß, führt jeder gute Züchter ein Zuchtbuch.«
»In dem
alle Kreuzungen, Würfe und Eigenschaften vermerkt sind.«
»Genau.
Das ist der Wert des Buches der Firma Goldzung & Ftacek. Das ist nicht nur
ein Buch der Firma, sondern des gesamten Kakaoanbaus und -handels der letzten
300 Jahre. Hab ich recht, Herr Ftacek?«
Er
antwortete nicht.
»Darum
will er darüber auch nichts sagen. Das ist das Geheimnis.« Ich lächelte und
nahm einen Schluck von der Schokolade.
»Du
meinst«, spann Laura meinen Faden weiter, »dass der Wert darin besteht, dass
derjenige, der das Buch besitzt, weiß, wer welchen Kakao in welcher Qualität
anbaut, zu welchem Preis, in welchen Schwankungen, wer verkauft und kauft?«
»Ja,
aber vor allem denke ich, dass man dort alles nachlesen kann, die
Familiengeschichten, Vorlieben, Abneigungen, vielleicht auch dunkle Geheimnisse
all derer, die mit der Firma Goldzung & Ftacek gehandelt haben.«
Ftacek
war unter diesen Worten wieder an den Tisch getreten. Er stützte sich schwer
auf. Es fehlte nur mehr ein kleines bisschen und er würde reden. Laura gab den
Anstoß.
»Ganz
interessant, aber so groß kann doch der Vorteil nicht sein, den einem das Buch
verschafft, dass man dafür Menschen entführt. Das Risiko ist doch viel zu
groß!«
»Was
wissen Sie denn scho vom Kakao?«, rief Ftacek aus. »A guate Tschoklad kummt von
an guaten Kakao. Der Schmäh is, dass der teuerste Criollo von de gleichen
Pflanzen kummt wia da ordinärste Forastero.«
»Da
gibt es keine Unterschiede?«
»Botanisch
san des de selben Pflanzen. De Unterschiede san minimal. A Biolog kann
vielleicht an Unterschied finden, im Labor. Aber stelln S’ Ihna a Pflanzung vor
mit 4000 Bäumen! Da kann kaner alle untersuchen. Deswegen muaß ma’s wissen!«
»Wie
findet man dann den Unterschied heraus?«, fragte ich naiv.
»Nach’m
Rösten und Mahlen. Der Criollo is weich und intensiv, der Forastero neigt zu
Bitterkeit und Säure. Viele Bauern wissen gar net, was sie ernten. De ham 30
Forasteros und zwa Criollos, ernten alles zgleich und bringens aufn Markt.«
»Aber
wer das Buch hat, der weiß, welcher Bauer welche Pflanzen hat, kann also
gezielt einkaufen?«
»Genau.
Wenn die Bohnen einmal durcheinand san, zahlt sich’s nimmer aus, sie
auseinanderz’klauben. Auf de großn Kakaobörsen zahlt ma des Doppelte und kriagt
nur mehr die Reste. Jeder große Chocolatier kauft einzeln, klein, geheim.«
»Aber
in dem Buch steht sicher noch mehr.«
»Woraufst
wetten kannst. De afrikanischen Bohnen sand anders zum Rösten als die
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